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Augsburger Geschichte: Nach der Stunde Null: Wie die Augsburger im Jahr 1945 lebten

Augsburger Geschichte

Nach der Stunde Null: Wie die Augsburger im Jahr 1945 lebten

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    Der Perlachberg vom Metzgplatz aus gesehen macht das Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Nur ein großes Gebäude blieb erhalten.
    Der Perlachberg vom Metzgplatz aus gesehen macht das Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Nur ein großes Gebäude blieb erhalten. Foto: Sammlung Häußler

    Am Morgen des 28. April 1945 zogen die ersten amerikanischen Soldaten in Augsburg ein. Der Kampftruppe folgten Offiziere, die sofort eine Zivilverwaltung ohne deutsche NS-Belastete organisierten. Die US Army war gut auf die Machtübernahme vorbereitet. Bereits am Abend der militärischen Besetzung setzte sie in

    Für die Augsburger gab es eine Notstromversorgung

    Anfang Mai 1945 lebten 106.000 Menschen in Augsburg. Ihre Versorgung mit dem Lebensnotwendigen war bereits unter der NS-Herrschaft äußerst schwierig. Sie benötigten auch nach der Stunde null Strom, Wasser und Gas. Bei den Stadtwerken hatten Verantwortliche im Geheimen vorgesorgt: Ihnen war es zu verdanken, dass bereits am Nachmittag des 28. April eine Notstromversorgung anlief. Das intakte Stadtwerke-Kraftwerk am Wertachkanal in Pfersee sowie Generatoren der Papierfabrik Haindl und der Stadtbachspinnerei lieferten den Strom. Zwei Tage später kam von den Lech-Elektrizitätswerken über eine reparierte Leitung Strom aus dem Wasserkraftwerk Gersthofen. Das hieß nicht, dass überall das elektrische Licht anging. Das Stadtnetz wies eine Vielzahl Lücken auf.

    Die Straßenbahn war 1945 das einzige Verkehrsmittel, das auf der von Ruinen gesäumten Karolinenstraße unterwegs war.
    Die Straßenbahn war 1945 das einzige Verkehrsmittel, das auf der von Ruinen gesäumten Karolinenstraße unterwegs war. Foto: Sammlung Häußler

    Das Gaswerk in Oberhausen hatte den Bombenkrieg funktionsfähig überstanden, war jedoch beim Einmarsch der Amerikaner abgeschaltet und die Öfen gelöscht worden. Zwei Tage quartierte sich auf dem Gaswerksareal eine Panzer-Reparaturabteilung der US Army ein. Dann konnte wieder Gas produziert werden – sofern Kohlen zur Verfügung standen. Lebenswichtige Betriebe wurden bevorzugt mit Gas versorgt, für Haushalte gab es 1945 nur sporadisch Gas. Auch mit tröpfelnden Wasserhähnen mussten sich die Augsburger vor 75 Jahren abfinden. Das von Bomben getroffene Lochbach-Wasserwerk förderte nur eingeschränkt, und das bei Bombardements an vielen Stellen beschädigte Leitungsnetz verlor Wasser.

    Sonder-Trambahnen nur für Amerikaner

    Der Straßenbahnbetrieb ruhte seit dem Tag der Besetzung völlig. Es waren eh nur noch Streckenabschnitte befahrbar. Wagen waren zerstört oder beschädigt, Gleise und Oberleitungen ebenso. Das Streckennetz war an drei Stellen völlig unterbrochen: Die Gögginger Brücke, die Oberhauser Wertachbrücke und die Unterführung beim Hauptbahnhof waren unpassierbar. Im Mai 1945 wurde repariert, soweit Personal und Material zur Verfügung standen. Die Stadtwerke mussten sich behelfen: Um rund 1200 Meter beschädigte Gleise auf Hauptstrecken austauschen zu können, bauten sie Schienen auf stillgelegten Abschnitten aus. Ab 6. Juni 1945 befuhren Trambahnen während der „Ausgangszeiten“ für Deutsche wieder Teilstrecken. Ausschließlich für Amerikaner fuhren abends Sonderwagen.

    Der Hohe Weg mit dem Dom im Hintergrund und den Trümmern des gesprengten Riedingerhauses (links). Hier steht jetzt das Stadtwerkehaus.
    Der Hohe Weg mit dem Dom im Hintergrund und den Trümmern des gesprengten Riedingerhauses (links). Hier steht jetzt das Stadtwerkehaus. Foto: Sammlung Häußler

    Die größten Probleme für die Stadtverwaltung stellten die Lebensmittelversorgung und die Wohnraumbeschaffung dar. Mitte Mai 1945 gab es pro Woche für einen Erwachsenen Marken für zwei Pfund Brot, 125 Gramm Käse, 125 Gramm Butter, 50 Gramm Nudeln. Doch selbst diese Rationen waren nur zum Teil lieferbar. Fleisch gab es nicht. In Augsburg war man froh, dass noch viele Ausgebombte auf dem Land evakuiert waren und sich dort selbst versorgen konnten. Bürgermeister Wilhelm Ott appellierte in einer Radiosendung am 8. Juni 1945 an alle noch in der Region lebenden Augsburger, dort auszuharren, bis sich in Augsburg die Versorgungslage gebessert habe. In die Stadt zurückkehren durften sie nur mit behördlicher Erlaubnis.

    Blick vom Metzgplatz in die Barfüßerstraße, an der die Ruine der Barfüßerkirche steht.
    Blick vom Metzgplatz in die Barfüßerstraße, an der die Ruine der Barfüßerkirche steht. Foto: Sammlung Häußler

    Das Wohnungsamt sorgte mit Zwangsbelegungen für ein Zusammenrücken auf engstem Raum. Durch die Amerikaner beschlagnahmte Wohnungen und Häuser verschärften die Wohnungsnot. Der Zuzugsdruck war groß: Arbeit und Verdienst gab es nur in Augsburg. Trotz aller Schwierigkeiten stieg die Zahl der Einwohner bis Ende 1945 um über 40.000 auf rund 149.000.

    Mit einer Normalisierung der Lebensverhältnisse mussten sich die Augsburger gedulden. In der „Proklamation Nr. 1“ des Obersten Befehlshabers der Alliierten Streitkräfte, General Dwight D. Eisenhower, hieß es: „Wir kommen als ein siegreiches Heer, jedoch nicht als Unterdrücker.“ Er stellte jedoch klar, dass sich „die höchste gesetzgebende, rechtsprechende und vollziehende Machtbefugnis und Gewalt in dem besetzten Gebiet“ in seiner Person vereinige.

    Ausgangszeiten wurden schrittweise verlängert

    Die Ruine des Rathauses war ein Symbol für das Schicksal Augsburgs.
    Die Ruine des Rathauses war ein Symbol für das Schicksal Augsburgs. Foto: Sammlung Häußler

    Die Militärregierung regelte das gesamte Leben. Dazu zählte die Bewegungsfreiheit. Ab 30. April durften sich Deutsche nur zwischen 8 und 18 Uhr außerhalb ihrer Wohnung aufhalten. Schrittweise wurden die „Ausgangszeiten“ verlängert: ab 15. Mai von 6 bis 21 Uhr, einige Wochen später von 5 bis 22.30 Uhr. Während der Sperrzeit hatten Militärpatrouillen Schießbefehl. Am 21. September 1945 erschien eine 20-seitige Sondernummer des Augsburger Amtsblattes mit allen bis 30. August 1945 erlassenen Gesetzen und Verordnungen der Militärregierung.

    Augsburgfotos aus dem Jahr 1945 sind rar. Der Amateurfotograf Eusebius Schiele „verbrauchte“ vermutlich im Herbst 1945 bei einem Rundgang durch die Innenstadt einen ganzen Film für eine Foto-Dokumentation mit seiner 6x6-Rollei. Aus diesem Bestand stammen die Fotos auf dieser Seite.

    Weitere Folgen des Augsburg-Albums lesen sie hier.

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