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Augsburger Geschichte: Einst musste Augsburg Notgeld drucken - heute wird es gesammelt

Augsburger Geschichte

Einst musste Augsburg Notgeld drucken - heute wird es gesammelt

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    Im September 1922 als 500-Mark-Schein gedruckt, am 23. August 1923 als Eine-Million-Ersatzgeldnote von der Stadt Augsburg in Umlauf gebracht.
    Im September 1922 als 500-Mark-Schein gedruckt, am 23. August 1923 als Eine-Million-Ersatzgeldnote von der Stadt Augsburg in Umlauf gebracht. Foto: Sammlung Häußler

    Silbern schimmernde Aluminiummünzen "Notgeld der Städt. Straßenbahn Augsburg" über 20 und 50 Pfennig tragen die Jahreszahl 1920. Die Ersatz-Zahlungsmittel sind meist prägefrisch erhalten, da sie vielfach nicht verwendet, sondern gehortet wurden. Die beiden Münzen sind "Zeitzeugen" aus einer wirtschaftlich und finanziell chaotischen Epoche nach dem Ersten Weltkrieg.

    1920 sah sich die Stadt Augsburg zur Prägung von Ersatzmünzen gezwungen, damit in der Tram beim Schaffner Fahrscheine bezahlt werden konnten. Es gab dafür nicht genügend "echtes" Münzgeld. Das Augsburger Notgeld konnte gegen offizielle Geldscheine "eingekauft" werden und wurde auch wieder problemlos gewechselt. Viele horteten das Straßenbahn-Notgeld, da man damit überall in Augsburg einkaufen konnte. Es schien, als würde das Straßenbahn-Notgeld längere Zeit eine "harte" Währung bleiben. Doch das war eine vergebliche Hoffnung. Man war ja Ersatz-Zahlungsmittel der unterschiedlichsten Art schon während des Ersten Weltkriegs gewohnt. Die Stadt und Firmen druckten notgedrungen ab 1916 kleine Bezahlscheine. Schuld am eklatanten Münzmangel war das Einschmelzen von Reichsmünzen durch das Deutsche Reich.

    Vor 100 Jahren geprägt: Offizielle Fünf- und Zehn-Pfennig-Münzen. Sie reichten zur Deckung des Kleingeld-Bedarfs nicht aus.
    Vor 100 Jahren geprägt: Offizielle Fünf- und Zehn-Pfennig-Münzen. Sie reichten zur Deckung des Kleingeld-Bedarfs nicht aus. Foto: Sammlung Häußler

    Bereits im Juli 1914 entzog die Reichsbank Goldmünzen dem Umlauf, um den Staatsschatz an Gold aufzustocken. Bald appellierten die Regierungen des Kaiserreichs und des Königreichs Bayern an den Patriotismus aller Deutschen, um sie zur Ablieferung gehorteter 5-, 10- und 20-Mark-Goldmünzen zu bewegen. Gold war seit Kriegsbeginn das einzige Zahlungsmittel, mit dem das Deutsche Reich bei neutralen Staaten kriegswichtige Rohstoffe kaufen konnte. Ab Juli 1916 wurden die Aufforderungen zur Abgabe von Edelmetallen sehr massiv: "Heraus mit dem Golde, dem Tand eiserner Zeit!" und "Bringt Eure Gold- und Schmucksachen!" Ab Ende 1917 kauften Reichsstellen auch gehortete Silbermünzen gegen Papiergeld.

    So kam es dazu, dass Notgeld gedruckt wurde

    Bereits Ende 1914 fehlten der Rüstungsindustrie Metalle aller Art. Neben Eisen waren zur Produktion von Waffen und Munition Nickel, Kupfer, Zink und Zinn in gigantischen Mengen vonnöten. Nachschub sollte das Volk liefern. Im März 1915 fand die erste "Metallsammelwoche" statt, "um der Industrie und damit unserem Heer neue Metalle zufließen zu lassen". So lautete die Begründung.

    Eine "Metallreserve" boten auch Milliarden Kleingeld-Münzen. Das 5-Pfennig-Stück wog zwar nur 2,5 Gramm, bestand aber zu 75 Prozent aus Kupfer und zu 25 Prozent aus Nickel. Banken mussten Münzen aller Wertstufen zum Einschmelzen aus dem Verkehr ziehen. Die Folge: Münzgeld fehlte allerorten. Städte, Gemeinden und Firmen versuchten, den alltäglichen Zahlungsverkehr mit Geldersatz aus Papier aufrechtzuerhalten: Sie druckten 1-, 2-, 3-, 5-, 10-, 25- und 50-Pfennig-Scheinchen!

    Ersatzgeld-Prägungen aus Eisen in Augsburg hergestellt

    Fabriken prägten ihre Kleingeld-Betriebswährung aus allerlei Metallen mit den Aufschriften Kleingeld-Ersatzmarken" oder "Wirthschaftsgeld" über 1, 2, 5 und 10 Pfennig. Diese Metallmarken bekamen die Beschäftigten als Teil des Lohnes zum Bezahlen in der Kantine, der meist ein "Tante-Emma-Laden" angegliedert war. Das Firmengeld wurde auch außerhalb des Unternehmens als Zahlungsmittel akzeptiert. Zu Ersatzgeld-Prägungen stand bis Kriegsende meist nur Eisen zur Verfügung. Die Stadtbachspinnerei ließ 1918 eiserne "Kleingeld-Ersatzmarken" prägen. Die Baumwollspinnerei Senkelbach und die Haindl'schen Papierfabriken ebenfalls. Die Zündholzfabrik "Union" funktionierte Akkordmarken aus Metall zu Betriebsgeld um.

    Am 23. Juli 1920 war die Ausgabe dieser Reichsbanknote über 50 Mark beschlossen worden. Sie verlor sehr schnell an Einkaufwert
    Am 23. Juli 1920 war die Ausgabe dieser Reichsbanknote über 50 Mark beschlossen worden. Sie verlor sehr schnell an Einkaufwert Foto: Sammlung Häußler

    Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ließ die Reichsbank zwar wieder Kleingeld prägen, doch es konnte den bestehenden Münzmangel jahrelang nicht ausgleichen. Firmen sahen sich weiterhin gezwungen, Ersatz-Zahlungsmittel herzustellen. Ab 1919 standen dafür wieder Messing, Kupfer, Nickel, Zink und Aluminium zur Verfügung. Das Straßenbahn-Notgeld aus Aluminium sieht edel aus. Es besitzt ein großes Stadtwappen und einen gewellten Rand. Der Staat besaß zwar die Münzhoheit, musste aber die Herstellung von Notgeld als Ersatzwährung bis 1921 notgedrungen akzeptieren.

    Inflation: Das Geld verlor schnell an Kaufwert

    Auch neue Scheine waren nötig. Im Juli 1920 ließ die Reichsbank 50- und 100-Mark-Scheine drucken, obwohl bereits eine Geldentwertung eingesetzt hatte. Rasch wurden Fünfhunderter und Tausender nötig. Auch sie verloren innerhalb weniger Wochen an Kaufwert. Eine Inflation überrollte immer schneller Deutschland und erzwang den Druck von "Privatgeld". Am 15. September 1922 erteilte die Stadt Augsburg den Druckauftrag für "Stadtgeld"-Scheine über 500 Mark. Sie kamen nicht zur Ausgabe, da die Inflation solche Werte schon während der Herstellung überflüssig machte. Die Druckbogen wurden in der Druckerei gelagert. Am 9. August 1923 wurde die Zahl "500" mit "Eine Million" überdruckt. Erst dann wurde der Bogen zu Scheinen zerschnitten.

    1923 lief im Deutschen Reich eine Geldschein-Produktion gigantischen Ausmaßes. Die Scheine lauteten erst auf Millionen, dann auf Milliarden und zuletzt auf Billionen Mark. Maßstab des Wertverlustes der Mark war der Dollar. Im Mai 1923 war ein Dollar auf 60.000 Mark gestiegen, bis Ende August auf 11 Millionen. Am 7. November 1923 entsprach ein Dollar 631 Milliarden Mark, am 20. November 4,2 Billionen. An diesem Tag begann die Ausgabe der Rentenmark. Sie war die Vorläuferin der Reichsmark. Die wertbeständige Rentenmark stoppte die Hyperinflation, doch erst Ende 1924 war das Geldwesen im Deutschen Reich wieder ins Lot gebracht.

    Inflationsgeld, gedrucktes und geprägtes Ersatzgeld waren oftmals bereits bei der Ausgabe Sammelobjekte. "Kleingeld-Ersatzmarken" Augsburger Firmen sind historische Überbleibsel einer wirtschaftlich und politisch chaotischen Epoche vor rund 100 Jahren.

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