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Augsburg: Augsburger Anbieter entwickeln pfiffige Ideen in der Corona-Krise

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Augsburger Anbieter entwickeln pfiffige Ideen in der Corona-Krise

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    Augsburger Unternehmer trotzen der Corona-Krise: "Pauli kocht" verkauft aus dem offenen Ladenfenster heraus.
    Augsburger Unternehmer trotzen der Corona-Krise: "Pauli kocht" verkauft aus dem offenen Ladenfenster heraus. Foto: Annette Zoepf

    Läden, Kinos, Fitnessstudios, Tanzschulen – fast alles ist zu – oder doch nicht? Die Coronapandemie trifft nicht nur den stationären Einzelhandel hart. Die allermeisten Anbieter und Einrichtungen mussten ihre Räume für Kunden und Besucher schließen. Einige entwickeln in Zeiten der Krise allerdings pfiffige Geschäftsideen. Nicht immer geht es darum, Geld zu verdienen. Es gibt auch neue Angebote im Internet, die krisengeplagten Menschen gute Laune machen oder sie ermutigen.

    Augsburg: Im "Drive in" gibt es Tüten durchs Ladenfenster

    „Pauli kocht“ am Mauerberg müsste seine Räume eigentlich nicht schließen, weil haltbare Lebensmittel verkauft werden. Geschäftsführerin Anja Licht hat die Ladentür trotzdem freiwillig abgesperrt und stattdessen ein „Drive in“ eröffnet. Licht sagt, dass sie Ansteckungsrisiken für ihre Kundschaft vermeiden will. Im Laden ist nicht viel Platz, Produkte werden von Kunden angefasst, um sie zu probieren. Deshalb hat sich die Unternehmerin entschieden, eine Telefonhotline einzurichten.

    Kunden können dort bestellen und bekommen ihren Einkauf in eine Tüte gepackt. Dann können sie zu Fuß, mit dem Rad oder Auto vorbeikommen, und erhalten ihre Tüte durch das Ladenfenster. „Es läuft gut“, sagt Licht. Online gebe es auch mehr Bestellungen, insgesamt gehe das Geschäft in Krisenzeiten zurück. Das Problem für die Augsburger Unternehmensgründerin: „Als Start-up habe ich keinen finanziellen Puffer“.

    Bücherläden haben derzeit geschlossen. Doch bei Bücher Pustet hat man sich etwas einfallen lassen. Von 9 bis 18 Uhr gibt es neben der üblichen Online-Bestellung eine Telefonberatung für Kunden. „Wir merken, dass viele Anrufer großen Bedarf nach Kommunikation haben“, sagt Geschäftsführerin Anja Völlger. Ähnliches könnten große Online-Händler nicht bieten, sagt sie. Seit der Corona-Krise seien Augsburger Kunden sehr dankbar, wenn ihnen die Literatur durch Boten zu Fuß oder per Rad nach Hause geliefert wird.

    Frühstücks-Semmeln von Laxgang kommen per Bote

    Bäckereien dürfen trotz Corona öffnen. Der Familienbetrieb Laxgang arbeitet jedoch an neuen Angeboten. Sie sollen das Geschäft am Laufen halten, auch wenn viele Leute nicht mehr aus dem Haus gehen können oder wollen. „Wir bereiten uns vor und wollen einen kontaktlosen Einkauf ermöglichen“, sagt Geschäftsführer Georg Laxgang. Kunden können seine Backwaren seit Donnerstag über den Lieferdienst Boxbote online bestellen, außerdem über den Frühstücksdienst Morgengold. Laxgang bereitet darüber hinaus eine Möglichkeit für Sammelbestellungen auf der eigenen Internetseite der Bäckerei vor. Bäckereifahrer sollen die Ware ausliefern.

    Auch Betreiber von Fitnessstudios müssen in Zeiten der Pandemie umdenken. Bei SharkYou hat man sich etwas Besonderes ausgedacht. „Die Menschen brauchen Motivation, wenn ihnen die sozialen Kontakte fehlen“, sagt Geschäftsführerin Sarka von Stetten. Ab Mitte kommender Woche soll es ein Gute-Laune-Training des Studios gemeinsam für Menschen und Hunde geben, das jeder über Internet abrufen kann. „Auch Hunde können Liegestützen lernen oder sich auf dem Rücken rollen“ erklärt sie. Sarka von Stetten will mit ihrem Weimaraner-Hund in einem Video vormachen, wie es geht.

    Sharka von Stetten vom Fitnesstraining Shark You hat sich ein Tainingsprogramm für Hundebesitzer überlegt, das man bei Ausgangssperren auch zu Hause oder im Garten machen kann.
    Sharka von Stetten vom Fitnesstraining Shark You hat sich ein Tainingsprogramm für Hundebesitzer überlegt, das man bei Ausgangssperren auch zu Hause oder im Garten machen kann. Foto: Silvio Wyszengrad

    Trotz Ausgangsbeschränkung: Liegestützen für Hund und Frauchen

    Ab 1. April plant das Studio zudem ein Hometraining-Programm. Damit soll man verschiedene Sportarten mit improvisierten Fitness-Geräten zu Hause absolvieren können – etwa mit Getränkeflaschen statt Hanteln. Dieses Angebot soll ebenfalls ins Netz gestellt werden, aber nur für zahlende Kunden zugänglich sein. Die Geschäftsführerin sagt, insbesondere Frauen hätten ein großes Interesse, in den kommenden Wochen nicht zuzunehmen, bei Männern gehe es vor allem darum, keine Muskelmasse zu verlieren.

    „Man muss positiv bleiben, auch wenn das für Familien gerade sehr schwer ist, und gerade Kinder in diesen Wochen Beschäftigung brauchen“, sagt Balletttänzerin Natalie Böck-Németh. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie die Tanzschule Dance Center No1 in Augsburg, die ebenfalls für Besucher geschlossen ist. Auch sie bereitet ein professionelles Online-Angebot mit Auszügen aus dem aktuellen Unterrichtsprogramm vor, von Ballett über Hip-Hop bis Yoga. Übungen sollen daheim mit wenig Platz möglich sein. Die über 1000 Mitglieder des Studios seien informiert worden, sagt sie. „Alle freuen sich darauf.“

    Kirchen übertragen Gottesdienste

    Auch Kirchen stellen sich auf die Corona-Krise ein. Weil die üblichen Gottesdienste aktuell nicht stattfinden können, macht beispielsweise St. Matthäus in Hochzoll ein alternatives Angebot für Gläubige. Dort wird ein Gottesdienst-Stream vorbereitet. Er soll erstmals am Sonntag, 22. März, um 10 Uhr auf Youtube online gehen. Auf diesem Kanal werden Gläubige auch ein Video abrufen können.

    Auch der ernannte Bischof Bertram Meier, dessen Weihe am Wochenende hätte stattfinden sollen, überträgt ab sofort live Gottesdienste. Ab Sonntag, 22. März, gibt es tägliche Gottesdienste aus der Kapelle des Bischofshauses. Die Eucharistiefeiern beginnen um 10 Uhr, werden von zwei Kameras aufgenommen und live von a.tv sowie Allgäu-TV im regionalen Fernsehen übertragen, außerdem auf dem YouTube-Kanal von katholisch1.tv. Die Pfarrgemeinden sollen diese Gottesdienste immer am Sonntag kurz vor 10 Uhr mit Glockengeläut einläuten.

    Schuhe gibt es nur noch online.
    Schuhe gibt es nur noch online. Foto: Mellert

    Doch auch wenn einige Augsburger recht erfinderisch sind und neue Angebote entwickeln, so kämpft der stationäre Einzelhandel doch um seine Existenz. Von rund 1800 Einzelhandelsbetrieben in der Stadt sind über 80 Prozent kleine und mittelständische Geschäfte. Andreas Gärtner vom Handelsverband Schwaben sagt, von diesen seien wiederum maximal 50 Prozent stationär und online unterwegs.

    In Krisenzeiten sei es für die kleineren Läden schwierig, alternative Vertriebswege zu entwickeln. Im Vordergrund stehe die Existenzsicherung und die Frage, ob das Unternehmen nach der Krise noch überlebensfähig ist. Sein Appell an die Augsburger: „Bleiben Sie ihren Einzelhändlern treu, damit es sie nachher noch gibt“.

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