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Augsburger Allgemeine Live: Anne Will über streitende Show-Gäste, Quoten und den FC Bayern

Augsburger Allgemeine Live

Anne Will über streitende Show-Gäste, Quoten und den FC Bayern

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    Anne Will beantwortete die Fragen von Gregor Peter Schmitz beim "Augsburger Allgemeine live".
    Anne Will beantwortete die Fragen von Gregor Peter Schmitz beim "Augsburger Allgemeine live". Foto: Silvio Wyszengrad

    Wird Anne Will ihr berühmtes Augenbrauenzucken zeigen, weil ihr etwas missfällt? Warum will sie niemals für den FC Bayern München spielen? Und wie war das eigentlich am vergangenen Sonntag mit den beiden Ärzten, die sich in dem nach ihr benannten Polit-Talk, einer Livesendung, fast an die Gurgel gingen?

    Am Montagabend war es einmal nicht die bekannte Moderatorin, die sonst immer sonntags im Ersten die Fragen stellt, sondern Chefredakteur Gregor Peter Schmitz und einige Leserinnen und Leser. Ebenfalls live – beim „Augsburger Allgemeine Live“. Diesmal nicht im Goldenen Saal im Augsburger Rathaus, sondern erstmals im Textil- und Industriemuseum. Rund 500 Leserinnen und Leser der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen waren gekommen, um die vielleicht bekannteste Fragestellerin der Republik als Befragte zu erleben.

    Sie erlebten eine so ernsthafte wie witzige Journalistin. Eine, die sich übers Fragen viele Gedanken macht, die aber auch schlagfertig antworten kann. Im Gespräch in Augsburg vor Publikum wie in ihrer Talk-Show „Anne Will“.

    Am vergangenen Sonntag also hatte sie, eher die Ausnahme, mal nicht streitbare Politiker, sondern zwei streitbare Ärzte zu Gast. Von denen der eine den anderen einen „wissenschaftlichen Exot“ und „Außenseiter“ nannte. Was Unterhaltungswert hatte und einen gewissen Erkenntnisgewinn.

    Anne Will fordert mehr Sachverstand in der Feinstaub-Debatte

    Epidemiologe Heinz-Erich Wichmann jedenfalls konnte seinen Ärger über den Lungenfacharzt Dieter Köhler kaum verhehlen. Und so verloren sich die beiden immer tiefer in einem Fachgespräch – über das Anne Will am Montagabend in Augsburg sagte: „Ich bin schon mitgekommen, auch wenn ich nicht E-pide-mio-loge sagen kann.“ Ihr Eindruck? Man habe Wichmann angemerkt, dass er voller Zorn gewesen sei, dass er den Pflock für die Wissenschaft habe einschlagen wollen. Stellenweise habe sie schon das Gefühl gehabt, „das ist möglicherweise zu speziell“, sagt Anne Will. Andererseits sei der Ansatz der Sendung gewesen: „Hier muss jetzt Information und Sachverstand in eine Debatte gebracht werden.“

    Rund 500 Leserinnen und Leser der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen waren gekommen, um die vielleicht bekannteste Fragestellerin der Republik als Befragte zu erleben.
    Rund 500 Leserinnen und Leser der Augsburger Allgemeinen und ihrer Heimatzeitungen waren gekommen, um die vielleicht bekannteste Fragestellerin der Republik als Befragte zu erleben. Foto: Silvio Wyszengrad

    „Streit um Abgaswerte – sind Fahrverbote verhältnismäßig?“, war das Thema der Sendung, in der Wichmanns Kontrahent Köhler ausführte, was Deutschland und insbesondere Deutschlands Ärzte seit Tagen kontrovers debattieren lässt und auch die Bundesregierung erreicht hat. Kurzum: Eine Gruppe von mehr als hundert Lungenspezialisten um Köhler bezweifelt, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub gerechtfertigt sind – und zieht damit die Grundlage für Dieselfahrverbote in Zweifel. Unter anderem CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer griff dies auf. „Wir müssen die Logik der Grenzwerte schon hinterfragen“, sagte er.

    Anne Will in Augsburg: "Möchte eine respektvolle, leise Diskussion haben"

    Wichmann dagegen sprach am Sonntag in der Sendung von Grenz- und Richtwerten, der Weltgesundheitsorganisation, der EU – und erklärte recht länglich, dass Stickstoffdioxid und Feinstaub eben doch und unbestreitbar erhebliche negative Effekte für die Gesundheit hätten. Und Köhler Unfug rede. Die Schlagzeilen zur Sendung lauteten: „Streit um Diesel-Fahrverbote eskaliert“, „Dicke Luft auf dem Feinstaub-Basar“, „Wissenschaftler sind sich nicht grün“, „Lungen-Spezialisten mischen Diesel-Talk auf“.

    Eine Sendung ganz nach Anne Wills Geschmack? „Insgesamt möchte ich eine respektvolle, leise Diskussion haben, die sich an den Inhalten orientiert“, sagt sie. Und, dass sie und ihr Team nicht auf Krawall aus seien. Weder wegen einer hohen Einschaltquote noch um des Krawalls Willen dürfe man Mist machen. Auch, erklärt Anne Will, weil es da ein Bedürfnis nach Ruhe und Vertiefung gebe. Ihr Ziel sei es, Zuschauer zu informieren und gute Argumente zu einer Debatte beizusteuern. „Quote ist für mich nicht wichtig“.

    Erkenntnisse, die Teil ihres Erfolgs sind. Anders als ihr Nachfolger und Vorgänger auf dem prestigeträchtigen Sonntags-Sendeplatz nach dem „Tatort“, Günther Jauch (Ende 2011 bis Ende 2015), setzt Anne Will nicht auf „Skandal“. Jauchs Show machte Schlagzeilen, etwa weil dieser 2015 einem gewissen Björn Höcke einen bizarren Auftritt vor Millionenpublikum verschaffte. Höcke hatte plötzlich ein Deutschlandfähnchen aus der Sakkotasche geholt und es über seine Stuhllehne gehängt. Nur eines von vielen Beispielen.

    "Augsburger Allgemeine Live": "Schraubstockfragen" muss Schmitz bei Will nicht anwenden

    Jauch wirkte oft schlecht vorbereitet, überfordert von der Gesprächsführung, desinteressiert – Anne Will ist all das offensichtlich nicht. Sie kann hartnäckig nachfragen (und das charmant klingen lassen) und ihre Gäste mit ihrem Anne-Will-Lächeln oder eben ihrem berühmten Anne-Will-Augenbrauenzucken lenken. Während Jauch und seine Redaktion den Rumms wollten, will Anne Will über das politische Thema der Woche diskutieren und Positionen ihrer Gäste – Politiker wie Experten – herausarbeiten. Was sie dabei so gar nicht leiden kann? Was also die „nervigste Politikerfrage“ sei, will Gregor Peter Schmitz von ihr wissen. „Da komm ich gleich dazu“, antwortet Will, ohne groß überlegen zu müssen. Das Publikum im Textil- und Industriemuseum lacht.

    Was Zuschauer ihrer Sendung stört, ist, wenn sie „zu oft“ nachhakt. Wenn sie einen ihrer Gäste derart in die Mangel nimmt, dass man als Zuschauer fast ein wenig Mitleid bekommt. Anne Will hat ein schönes Wort dafür: „Schraubstockfragen“. Nach dem dritten oder vierten Mal Nachfragen lasse sie es aber meist auf sich beruhen, sagt sie. Der Zuschauer habe sich dann ja ohnehin schon eine Meinung bilden können. Doch sie habe, nach ergebnislosem Nachhaken, noch einen „Spezialtrick“, nämlich die Frage: „Was gefällt Ihnen an der Frage nicht?“ Funktioniere immer.

    Anne Will zu Gast im Textilmuseum.
    Anne Will zu Gast im Textilmuseum. Foto: Silvio Wyszengrad

    Schraubstockfragen und Spezialtricks muss Gregor Peter Schmitz nicht anwenden, um von Anne Will zu erfahren, was sie denn von Twitter hält. „Ich twittere seit einem Jahr, vorher habe ich unter falschem Namen mitgelesen“, erzählt Anne Will.

    Twitter kann auch sehr nett zu Anne Will sein

    Erst vor ein paar Tagen teilte sie auf Twitter einen Zeitungsartikel über den Bundesliga-Profi Marco Reus von Borussia Dortmund: „

    Twitter kann allerdings auch sehr nett zu Anne Will sein, zum Beispiel in Gestalt von Greg Hands. Der Tory-Abgeordnete und ehemalige Staatssekretär im britischen Außenhandelsministerium twitterte nach der Sendung vom 20. Januar, in der es um den Brexit ging: „War ein Vergnügen und viel besser als vergleichbare britische Sendungen, man lernt tatsächlich was!“ Will antwortete mit einem beseelt lächelnden Smiley samt geröteten Wangen.

    Ihre Augenbraue zuckte übrigens kein einziges Mal am Montagabend bei der Veranstaltung „Augsburger Allgemeine Live“.

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