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Augsburg: Zum Beten braucht er keinen Priesterkragen

Augsburg

Zum Beten braucht er keinen Priesterkragen

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    Pfarrer Bernd Weidner hält ein Bild von Johannes Cassianus in Händen. Dieser im Jahr 360 geborene Mönch machte das Ruhegeben, eine Form der Meditation, in der Westkirche bekannt. Das Gebet in Stille ist auch dem neuen Leiter der Pfarreiengemeinschaft Oberhausen-Bärenkeller ein Anliegen.
    Pfarrer Bernd Weidner hält ein Bild von Johannes Cassianus in Händen. Dieser im Jahr 360 geborene Mönch machte das Ruhegeben, eine Form der Meditation, in der Westkirche bekannt. Das Gebet in Stille ist auch dem neuen Leiter der Pfarreiengemeinschaft Oberhausen-Bärenkeller ein Anliegen. Foto: Annette Zoepf

    Pfarrer Weidner, Sie sind der neue Chef der Pfarreiengemeinschaft Oberhausen-Bärenkeller. Wie kam es dazu?

    Bernd Weidner:

    Generalvikar

    Harald Heinrich

    hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, als Nachfolger von

    Karl Mair

    die

    Pfarreiengemeinschaft

    zu übernehmen. Nach 13 Jahren in

    Königsbrunn

    , in denen in baulicher, seelsorgerischer und organisatorischer Hinsicht neue Strukturen entstanden sind, fühlte ich eine innere Bereitschaft zur Veränderung. Ich habe nach zwei Stunden Bedenkzeit zugesagt.

    Ende September wurden Sie in Königsbrunn verabschiedet, erst am 1. Januar haben Sie in Oberhausen und im Bärenkeller angefangen. Was haben sie in der Zwischenzeit gemacht?

    Weidner: Ich habe mir eine Auszeit, eine Sabbatzeit genommen. Ich war zudem in Indien, um zu schauen, wie das gemeinsame Hilfsprojekt von Königsbrunn und dem Verein Hand in Hand vorangeht. Und ich konnte erstmals nach 22 Jahren wieder mit meiner Familie zu Hause in Ebenhausen Weihnachten feiern und mich auch mal als Besucher in die Kirchenbank setzen – ganz ungewohnt.

    Apropos Familie: Hat sie den Grundstock für Ihr Priesterdasein gelegt?

    Weidner:

    Nein, ich komme nicht aus einem sehr religiösen Elternhaus. Ich war aber immer gläubig und wollte schon als Jugendlicher Pfarrer werden. Diese Entscheidung habe ich keinen Tag bereut.

    Wie setzen Sie diese Berufung um?

    Weidner:

    Ich versuche, das Evangelium mit dem Leben zu verknüpfen. Was ich nicht mag, ist Gefrömmel. Als Seelsorger will ich Menschen nicht von oben herab sagen, wie sie zu leben haben. Ich will ihnen vielmehr helfen, ihren Weg zu Gott und zum Glauben zu finden.

    Sie sitzen uns beim Interview in Jeans und Pulli gegenüber. Wie wichtig ist Ihnen die priesterliche Kleiderordnung?

    Weidner:

    Der

    Priesterkragen

    ist nicht mein persönlicher Stil. Kleiderfragen sind mir egal. Wichtig ist mir das

    Beten

    , und das kann ich überall und auch in Jeans.

    Zurück zur Gegenwart: Wie haben Sie sich mit Ihrer neuen Aufgabe vertraut gemacht?

    Weidner:

    Da ich schon im September nach

    Oberhausen

    umgezogen bin, habe ich mich auch mit dem Stadtteil vertraut gemacht. Ich kenne die Einkaufsmöglichkeiten, habe mich aber bewusst aus dem kirchlichen Leben herausgehalten.Sie haben in

    Königsbrunn

    einiges bewegt und geschaffen. Dürfen – oder müssen – sich die Katholiken im Bärenkeller und in

    Oberhausen

    auf Veränderungen einstellen?

    Weidner: Zuerst einmal: Ich fange hier bei null an und will zunächst einmal die Menschen – Mitarbeiter, Ehrenamtliche und die Gemeinde – kennenlernen. In Königsbrunn habe ich beste Erfahrungen mit einem zentralen Pfarrbüro gemacht. Ob und wie sich das auf mein neues Gebiet übertragen lässt, wird sich zeigen. Klar ist, es wird Veränderungen geben und manche können auch nicht erst nach einem Jahr umgesetzt werden.

    Veränderungen sind das eine, Unterschiede das andere. Sie sind jetzt für zwei Stadtteile zuständig, die sich deutlich voneinander unterscheiden.

    Weidner:

    Sie waren in Königsbrunn „Baupfarrer“ und müssen auch künftig im wörtlichen Sinn einige Baustellen managen. Was steht an?

    Ich weiß, dass es im Bärenkeller, wo Pfarrer

    Mair

    44  Jahre lang gewirkt hat, eine sehr lebendige Gemeinde gibt und dass in den drei

    Oberhausen

    Pfarreien die Zahl der Gläubigen in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen ist. Aber es kommt nicht auf die Größe an.

    St. Joseph

    etwa hat mit der verkleinerten Kirche und den neuen Gemeinderäumen eine sehr gute Antwort auf die demografischen Veränderungen gefunden. In

    St. Martin

    hat man mir bei einem ersten Kennenlernen im Sommer gesagt: „Wir sind zwar nur wenige, aber optimistisch.“ Diese Einstellung hat mir sehr gut gefallen. Wichtig sind mir auch die sozialen Themen.

    Weidner: Zunächst wird das Pfarrhaus im Bärenkeller generalsaniert. Das ist auch der Grund, warum ich erst später dort einziehe und momentan eine Wohnung in Oberhausen habe. Wir bekommen in St. Martin, wo gerade auf dem Areal des abgerissenen Pfarrheims ein Hospiz entsteht, ein neues, kleineres Pfarrzentrum. Und auch in St. Peter und Paul werden sich Baustellen auftun.

    Hier im alten Oberhauser Zentrum haben die Gläubigen ebenfalls ihr Pfarrzentrum verloren und wünschen sich dafür Ersatz. Wie stehen Sie dazu?

    Weidner:

    Bei allem Wünschenswerten muss man schauen, ob sich das auch finanzieren lässt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in einem Stadtteil mit immer weniger Gläubigen drei neue Pfarrzentren benötigen. Gerade im Sprengel von

    St. Peter

    und Paul gibt es viele Einrichtungen der Katholischen Jugendfürsorge. Hier sehe ich durchaus Ansätze für Kooperationen.

    Welche Pläne in seelsorgerischer Hinsicht haben Sie?

    Weidner:

    Den Silentiumgottesdienst, den ich in

    Königsbrunn

    eingeführt habe, würde ich sehr gerne hier fortführen, wenn sich Ort und Menschen finden. Auch privat sind mir die Gebete morgens und abends in Stille sehr wichtig.

    An sieben Tagen pro Woche?

    Weidner:

    Was das

    Beten

    anbelangt, ja. Ansonsten werde ich bei aller Freude an der Arbeit meinen freien Tag, den Montag, beibehalten. Auch als Priester muss man nicht ständig erreichbar sein.

    Sie führen Ihren Haushalt selbst. Notgedrungen oder aus freien Stücken?

    Weidner:

    Ich koche sehr gern. Ich schaffe es auch, für mich zu bügeln und zu waschen. Ob ich künftig etwas Hilfe in Anspruch nehme, wird sich zeigen. Eine ständige Haushälterin habe ich nicht.

    Fühlen Sie sich manchmal einsam?

    Weidner:

    Eigentlich nicht. Als Pfarrer braucht man Freude am Alleinsein. Ich habe gute Freunde und Bekannte, mit denen ich vieles bereden kann. Doch eine eigene Familie oder eine Beziehung würde einen in einem Beruf wie dem meinigen zu stark fordern.

    Vor Ihrer Wohnung steht ein Fahrrad. Wie bewegen Sie sich in Ihrer weitläufigen neuen Pfarreiengemeinschaft fort?

    Weidner:

    Ich fahre gern Rad und besitze auch ein Elektro-Auto. Mal sehen, wie ich damit hier zurechtkomme.

    Zu guter Letzt: Was wünschen Sie sich von Ihren Gemeinden?

    Weidner:

    Ich möchte angenommen werden und wünsche mir, dass sich die Menschen auf Veränderungen einlassen.

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