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Augsburg: Zahl der Drogentoten steigt nicht - doch Abhängige leiden unter Corona-Regeln

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Zahl der Drogentoten steigt nicht - doch Abhängige leiden unter Corona-Regeln

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    Im Garten der Drogenhilfe Schwaben erinnern Kieselsteine an die Drogentoten.
    Im Garten der Drogenhilfe Schwaben erinnern Kieselsteine an die Drogentoten. Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

    Drogenabhängige Menschen leiden unter den Corona-Maßnahmen und dem Lockdown besonders. Experten schilderten unserer Redaktion schon vor Monaten, dass es für Suchtkranke in der Krise komplizierter sei, eine Substitution zu bekommen, also eine Behandlung mit Drogenersatzstoffen. Viele Hilfsmodelle und Aufenthaltsangebote für Süchtige in der Region sind zudem eingeschränkt. Wer keinen festen Wohnsitz hat, wie einige der Drogenabhängigen in Augsburg, kann sich nur schwer an die Ausgangssperre halten. Im Corona-Jahr 2020 sind nach offiziellen Zahlen der Polizei elf Menschen infolge ihres Drogenkonsums verstorben, in der gesamten Region waren es 24. Das ist ein vergleichsweise niedriger Wert, betrachtet man die zurückliegenden Jahre. Aber einer, der täuschen kann, wie Uwe Schmidt, Leiter der Drogenhilfe Schwaben, erläutert.

    Denn die Unterscheidung, wer an den Folgen von Rauschgift verstorben sei und wer nicht, sei manchmal schwierig zu ziehen. In diesem Jahr seien bereits zehn Menschen, die von der Drogenhilfe betreut worden seien, gestorben, sagt Schmidt, fünf von ihnen unmittelbar infolge ihres Drogenkonsums. Manche der langjährigen Abhängigen stürben aber auch an Folgeerkrankungen, die mit ihrer Sucht zusammenhingen, sagt Schmidt. Manche erlitten einen Herzinfarkt, bei anderen versage irgendwann die Leber.

    Deutlich weniger Drogentote in Augsburg als noch vor ein paar Jahren

    Immerhin aber scheint ein Trend gestoppt, der sich noch vor ein paar Jahren in Augsburg und Umgebung durchaus abgezeichnet hatte: dass es tendenziell immer mehr Drogentote gab. 24 solcher Todesfälle gab es nämlich auch im Jahr 2019 im Bereich des Augsburger Polizeipräsidiums, das neben Stadt und Landkreis Augsburg auch die Landkreise Aichach-Friedberg, Dillingen und Donau-Ries umfasst, genauso viele also wie im Jahr 2020. 2018 waren es alleine in Augsburg 23 gewesen. 2016 hatte die Polizei 42 Menschen in der Statistik zu Drogentoten erfasst, ein enorm hoher Wert. Und Zahlen, hinter denen menschliche Schicksale stehen. Abhängige sterben oft einsam: alleine in einem Park durch eine Überdosis, unter einer Brücke oder in einer Wohnung.

    Die damalige Zahl der Drogentoten führte die Polizei auch auf den vermehrten Konsum synthetischer Drogen wie Kräutermischungen zurück, die unter anderem die Wirkweise von Cannabis imitieren sollen. Ihre Name klingt harmlos, tatsächlich aber wissen Konsumenten oft nicht, welchen Effekt sie haben und wie sie sich genau zusammensetzen. Eine Problematik, die sich zumindest seither nicht intensiviert hat. Eine ganz so große Rolle wie noch vor einigen Jahren scheinen diese Betäubungsmittel, die auch als "Neue psychoaktive Substanzen" bezeichnet werden, bei den Todesfällen im Drogenmilieu in Augsburg nicht mehr zu spielen. Laut aktueller Auskunft der Polizei ist Heroin nach wie vor die häufigste Drogenart im Zusammenhang mit Drogen-Todesfällen.

    Deutschlandweit sterben mehr Menschen in Folge ihres Drogenkonsums

    Augsburg entwickelt sich dabei entgegen dem Bundestrend. Deutschlandweit ist inmitten der Corona-Pandemie nämlich deutlich gestiegen, wie die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig (CSU) zuletzt ermittelte. Wegen des Konsums illegaler Substanzen starben demnach in Deutschland im vergangenen Jahr 1581 Menschen, 183 gemeldete Fälle oder 13 Prozent mehr als 2019. Häufigste Ursache waren auch bundesweit weiterhin Überdosierungen von Opioiden wie Heroin und Morphin. "Die Lage ist für suchtkranke Menschen durch die Pandemie mehr denn je dramatisch“, sagte Ludwig.

    Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigenszene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt.
    Der Platz am Oberhauser Bahnhof gilt als Treff in der Süchtigenszene. Dort wird auch mit Drogen gehandelt. Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolbild)

    Was auch für Augsburg gilt. Die Corona-Krise und die einschränkenden Maßnahmen, sagt Drogenhilfe-Leiter Uwe Schmidt, träfen die suchtkranken Menschen nach wie vor hart. Auch die Arbeit der Drogenhilfe sei durch die Pandemie erschwert. Es gebe schon noch Kontaktmöglichkeiten, man mache "alles am Fließband, Einzelberatung, Spritzentausch". Aber die Struktur, die etwa ein Kontaktladen wie der Treff am Oberhauser Bahnhof biete, sei weggebrochen. Und das sei jede Woche mehr zu merken.

    Um Abhängige trotz der Pandemie und der Corona-Regeln zu erreichen und betreuen zu können, hat die Drogenhilfe ihr Angebot teils in den digitalen Raum verlagert. Sie bietet mittlerweile unter der Homepage www.redestoff.de etwa eine Online-Drogenberatung an. Allzu viele Hinweise auf eine dauerhafte Entspannung der Lage scheint es laut Fachleuten in Augsburg übrigens nicht zu geben. So schriebt die Drogenhilfe in ihrem aktuellen Jahresbericht, man beobachte "bei Jugendlichen und Erwachsenen eine Zunahme des Drogenkonsums".

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die Corona-Krise trifft auch die Suchtkranken  

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