Normalerweise würde am Sonntag der Augsburger Osterplärrer starten. Mit Bierzelten, Buden, Fahrgeschäften und vielen Besuchern in Dirndl und Lederhosen. Doch daraus wird in diesem Jahr nichts. Wegen Corona muss Schwabens größtes Volksfest ausfallen. Schausteller machten am Gründonnerstag mit einer Aktion am Festgelände auf die Lage in der stillstehenden Branche aufmerksam. "Wir sind noch da - und wie! Ihr seid es auch!", so das Motto der Aktion, die mit Ostergrüßen an alle Besucher verbunden war, die nicht kommen können. Denn auch für die kommenden Wochen und Monate gibt es keine zuverlässigen Perspektiven, wie es mit Volksfesten und Dulten weitergeht.
Stillstand, aber auch Hoffnung
Auf dem Kleinen Exerzierplatz war ein neuer Wagen für Plärrerumzüge zu sehen. Er muss noch auf seinen ersten Einsatz warten. In einem Lkw parkten Autoscooter-Fahrzeuge. Niemand kann damit fröhliche Runden drehen. Daneben stand eine 120 Jahre alte Kirmesorgel, die schwieg und damit den Stillstand der Branche symbolisieren sollte. Trotzdem wollen die Schausteller auch Hoffnung verbreiten, dass es in Augsburg noch in diesem Jahr wieder so etwas wie Volksfeststimmung geben könnte. Eine kleine Parade der Plärrer-Maskottchen mit Bruno dem Bären, Löwe, Drache und Osterhase marschierte zum Fototermin auf, um den Augsburgern "Frohe Ostern" zu wünschen.
"Corona liegt wie Blei über allem", sagen die Schausteller. Selbst im Zweiten Weltkrieg sei der Plärrer nur einmal ausgefallen, so Bruno Noli, Vorstandsmitglied des Schwäbischen Schaustellerverbandes. Seit Beginn der Pandemie sei es nun schon der dritte Plärrer in Folge, der ausfällt. Dabei hat das Volksfest eine Tradition von mehr als 150 Jahren.
Die Schausteller betonen, dass sie mit der Aktion nicht öffentlich jammern wollen. "Wir sind immer optimistisch, sonst könnten wir unseren Job nicht machen", sagt Noli. Trotzdem sei der lange Stillstand für ihn und seine Kollegen inzwischen ein großes Problem. Es fehlen nicht nur die Umsätze. "Uns fehlt auch das Leben, in das wir hineingeboren worden sind", sagt der 61-Jährige. Karussell-Betreiber Ludwig Meeß spricht von einer großen psychischen Belastung, weil er seinen Beruf nicht ausüben könne. "Unser Job ist es, anderen Menschen Freude zu bereiten." Die staatlichen Hilfen in der Pandemie seien zwar gut, würden aber hinten und vorne nicht reichen, weil sie nur die Fixkosten abdecken. Heino Steinker, der das Almdorf betreibt, sagt: "Wir Schausteller sind systemrelevant." In der allgemein depressiven Stimmung müsse es für die Menschen ein Angebot geben, das Hoffnung macht.
Schausteller, Marktkaufleute und Vertreter der Stadt planen derzeit den "Sommer in der Stadt". Damit könnten ersatzweise auch in diesem Jahr Buden und Fahrgeschäfte auf verschiedenen Augsburger Plätzen stehen. Wie das Wirtschaftsreferat mitteilt, wurden die Verbände inzwischen gebeten, entsprechende Vorschläge einzureichen, um gemeinsam festzulegen, an welchen der vom Stadtrat vorgegebenen Stellen Fahrgeschäfte und Marktstände aufgestellt werden können.
So könnte der Plärrer-Ersatz aussehen
Klappt es mit dem Stadt-Sommer, würde sich auch das Plärrergelände in diesem Jahr wieder in einen abgegrenzten Vergnügungspark mit Corona-Auflagen verwandeln. Um dieses Szenario zu realisieren, müssen laut Noli jedoch die Sieben-Tage-Inzidenzwerte in Augsburg unter 35 fallen. Am 2. April lag die Inzidenz nach Zahlen der Stadt bei 181,3 Fällen pro 100.000 Einwohnern, nach denen des Robert-Koch-Instituts mit 171,3 zwar etwas niedriger, aber immer noch viel zu hoch.
Wie realistisch sind damit die Pläne? Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle sagt, die Vorbereitung von Veranstaltungen sei derzeit alles andere als einfach, weil sich die Lage immer wieder ändert. Mit dem Schwäbischen Schaustellerverband sei besprochen, dass eine Ersatzveranstaltung für den Osterplärrer durchgeführt werden kann. Zeitpunkt, Dauer und Größe des Festes stehen noch nicht fest. Erst müsse die weitere Entwicklung der Pandemie abgewartet werden. "Ein Beginn zu Pfingsten wäre schön", so der Referent.
Kommen Dultstände in die kurze Bahnhofstraße
Auch bei einer anderen Augsburger Traditionsveranstaltung muss die Stadt umplanen: Die Frühjahrsdult am Jakobertor, die im Mai in verkleinerter Form hätte nachgeholt werden sollen, fällt ersatzlos aus. Das wurde diese Woche nach einer Anfrage von Stadtrat Peter Grab (WSA) bekannt. Hübschle sagt auf Anfrage unserer Redaktion, es habe mehrere Probleme bei dem Ersatztermin Ende Mai gegeben. Viele der Marktkaufleute hätten zu diesem Zeitpunkt andere Engagements. Dazu kommt eine Baustelle an der Vogelmauer. Sie hätte zur Folge, dass weniger Stände aufgestellt werden können und der Markt von der Baustelle in der Mitte praktisch durchtrennt worden wäre. Damit wäre die Dult nicht mehr wirtschaftlich, so Hübschle.
Stattdessen sollen die Dultbeschicker nun auf andere Plätze ausweichen, wenn der Lockdown endet - etwa in die kurze Bahnhofstraße. Weil dort aber weniger Platz für Stände ist, soll es während des Stadt-Sommers ein rollierendes System über einen längeren Zeitraum geben. "Die zweite Ersatzplanung ist in der Umsetzung", sagt Hübschle.
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