Gordon Thomas Rohrmair , 42, ist Informatikprofessor. Im Dezember 2015 wurde er mit 39 Jahren zum Präsidenten der Hochschule Augsburg gewählt. Seine erste Amtszeit trat er im Oktober 2016 an. Sie dauert fünf Jahre. Die nächste Präsidentenwahl ist im Frühjahr 2021, die nächste Amtszeit beginnt im Herbst 2021.
Professor Rohrmair, Sie waren einer der jüngsten Hochschulpräsidenten in Deutschland, als Sie im Oktober 2016 in Augsburg ihr Amt antraten. Im Wahlkampf gerieten Sie damals in eine Schlammschlacht mit ihrem Mitbewerber und bei Ihrem Amtsantritt war die Hochschule intern zerrissen. Wie sieht Ihre erste Zwischenbilanz aus?
Gordon Thomas Rohrmair: Es läuft gut, aber es gab einige Probleme, die wir angehen mussten. Damals war nicht klar, wohin der Weg gehen sollte. Wir hatten unterschiedliche Sichtweisen, wie sich die Hochschule weiter entwickeln sollte. Das hat sich im Präsidentenwahlkampf entladen.
Den Marktwert erhöht
Wie haben Sie als neuer Präsident intern für Befriedung gesorgt?
Rohrmair: Wir haben alles darauf ausgerichtet, den Marktwert unserer Studierenden zu erhöhen. Damit hängt auch zusammen, dass wir die Hochschule Augsburg als Marke verkaufen. Das geht aber nur, wenn alle Mitarbeiter mitgehen. Viel internen Unmut gab es beispielsweise über das Besoldungssystem mit Bonuszahlungen für besondere Leistungen, das als intransparent kritisiert wurde. Wir haben die Entscheidungen über die Boni transparenter gemacht. Große Entscheidungsprozesse an der Hochschule werden inzwischen auch über verschiedene regelmäßige Gesprächsrunden vorbereitet. Der Dialog mit der Studierenden läuft ebenfalls sehr gut, sie fühlen sich ernst genommen. Beispielsweise haben wir das WLAN auf unseren beiden Campi flächendeckend ausgebaut. Ohne alle ins Boot zu holen, hätten wir alles weitere nicht geschafft.
Die Hochschule Augsburg galt früher mit vielen Studienangeboten als eher mittelmäßig. Wie sieht es heute aus?
Rohrmair: Zuletzt hatten wir im wichtigsten deutschen Ranking Bestnoten bei der Bewertung aller großen Studiengänge, die die Hochschule präsentieren. In diesem CHE-Ranking sind wir außerdem mit allen bewerteten Studiengängen in den vergangenen drei Jahren vom Mittelfeld in die Spitzengruppe aufgerückt. Man kann über den Sinn solcher Rankings diskutieren. Fakt ist aber, dass sich viele Studieninteressenten und auch die Öffentlichkeit danach richten. Für uns als Hochschule sind die anonymen Bewertungen unserer Studierenden im CHE-Ranking auch sehr wichtig. Wir sehen daran, ob der Studienbetrieb in Ordnung ist.
Hochschule Augsburg wächst
Wie attraktiv ist die Hochschule Augsburg für junge Leute?
Rohrmair: Wir sind eine von wenigen Hochschulen in Bayern mit wachsenden Bewerberzahlen. Beim Verhältnis von Studierenden zu Bewerbern für unsere Bachelor-Studiengänge haben wir ein absolutes Spitzenergebnis. Zum Wintersemester 18/19 waren es fast 9700 Bewerber. Aktuell haben wir rund 6600 Studierende. Das große Interesse liegt auch daran, dass Augsburg eine attraktive Stadt geworden ist – und München sehr teuer ist.
Was bedeutet es, wenn die Hochschule viele Bewerber abweisen muss?
Rohrmair: Die Hochschule Augsburg ist inzwischen zu klein für den Wirtschaftsraum. In der Region gibt es einen Boom in verschiedenen Branchen, etwa bei Logistik, Bau und Digitalisierung, aber auch im Sozialbereich. Wir müssen uns als Hochschule fragen, wie wir die Wirtschaft unterstützen können. Aus Sicht der IHK ist das größte Risiko für erfolgreiche Investitionen der Fachkräftemangel in der Region. In der Softwareentwicklung ist der Bedarf so groß, dass wir ihn mit unseren Absolventen nicht mehr decken können. Deshalb wollen wir einen neuen Studiengang „Internationale Wirtschaftsinformatik“ einführen. Er soll im Oktober 2020 starten, wenn das Wissenschaftsministerium zustimmt. Weitere neue Studiengänge sind angedacht. Themen sind Mobilität der Zukunft, Digitalisierung am Bau und Wirtschaftspsychologie in digitalisierten Märkten – im Hintergrund steht der zunehmende Verkauf über Internet.
Wie sieht die Zukunft aus?
Ein großes Streitthema war, in welche Richtung sich die Hochschule weiterentwickeln soll. Die einen wollten hin zur „Technischen Hochschule“, die anderen wollten keine einseitige Ausrichtung. Aktuell gibt es das Gerücht, dass die „Technische Hochschule“ wieder neu im Gespräch ist. Was ist dran?
Rohrmair: In unserer internen Zukunftsdiskussion wird das mit Sicherheit wieder eine aktuelle Frage sein. Derzeit liegt der Anteil der technischen Studiengänge bei rund 60 Prozent, Wirtschaft und Gestaltung machen rund 40 Prozent unseres Angebots aus. Schaut man auf den Bedarf in der Region, wäre ein Verhältnis von 50:50 erstrebenswert. Sinnvoll wäre eine neue Fakultät für Soziale Arbeit. Die haben wir bislang aber nicht vom Freistaat genehmigt bekommen. Sinnvoll wäre weiterhin eine Zusammenarbeit der Hochschule mit dem Uniklinikum überr einen neuen Studiengang für Pflege. Es ist aber auch so, dass Forschung für uns inzwischen ein wichtiger Schwerpunkt geworden. Die Ansprüche des Freistaats an eine Technische Hochschule würden wir heute sicher erfüllen. Die Zukunft hängt auch davon ab, was der Landtag uns erlaubt zu tun.
Könnte die Hochschule selber neue Studienangebote machen? Beim neuen Studiengang Soziale Arbeit war das auch möglich...
Rohrmair: Wir haben unsere Studierendenzahlen in den vergangenen Jahren um knapp zehn Prozent gesteigert, ohne dafür zusätzliche Mittel vom Freistaat zu bekommen. Aus eigener Kraft können wir unser Angebot nicht mehr weiter vergrößern, dafür fehlt das Geld. Andere Hochschulen in Bayern dürfen dagegen deutlich stärker wachsen.
Warum ist es für Sie so schwer, mehr Mittel beim Freistaat locker zu machen?
Rohrmair: Immer wenn wir in München anklopfen, sagt man uns, Augsburg habe schon so viel Geld für die Universitätsmedizin und fürs Staatstheater bekommen.
Hand aufs Herz Herr Professor Rohrmair, werden Sie als Hochschulpräsident für eine zweite Amtszeit ab Herbst 2021 kandidieren?
Rohrmair: Die Arbeit macht mir Spaß, auch wenn der Umbruch im Bildungssektor enorm ist. Präsident der Hochschule Augsburg zu sein, ist für mich der schönste Job der Welt. "Meinung