Die Rohbauten stehen zum Teil, im kommenden Jahr sollen die ersten Mieter einziehen: Auf dem Areal des Martini-Parks an der Schleifenstraße sind die Bauarbeiter seit über einem Jahr zugange, um 350 Miet- und Sozialwohnungen zu errichten – Wohnraum, der in Augsburg dringend gebraucht wird. Es ist dort das größte Wohnbauprojekt, an dem momentan gebaut wird.
Doch das Projekt steht auch stellvertretend für einen Konflikt, mit dem sich Stadtplaner, Bauherren und Umweltschützer in der wachsenden Stadt künftig wohl häufig auseinandersetzen müssen: Als die Gewerbe- und Rasenflächen auf dem Martini-Areal in Bauland umgewandelt wurden (der benachbarte Park bleibt weitgehend erhalten und wird künftig öffentlich zugänglich sein), mussten rund 50 Bäume gefällt werden. Der Bund Naturschutz protestierte damals vergeblich – und fordert jetzt, dass die fortschreitende Verdichtung in der Stadt nicht zulasten von innerstädtischem Grün geht. „Die Grünflächen am Lech, an der Wertach, der Wittelsbacher Park oder die Biotope am Bahnpark müssen auf jeden Fall für die Augsburger erhalten bleiben. Auch kleinere Grünflächen, die im Arten- und Biotopschutzprogramm der Stadt als wertvoll dargestellt sind, müssen erhalten bleiben“, so Vorsitzender Johannes Enzler.
Der Wittelsbacher Park, ein grünes Filetstück
In Neubaugebieten sei eine Verdichtung konsequenter anzustreben, so Enzler. Ein Verlust an Lebensqualität sei damit nicht zwingend verbunden. Er rechnet vor: Das Antonsviertel und Haunstetten Nord hätten etwa gleich viel Einwohner, im traditionell verdichteten Antonsviertel sei die Fläche aber deutlich geringer. Mit dem Wittelsbacher Park hätten die Bewohner ein grünes Filetstück vor der Haustür. „Innerstädtische Parks haben nicht nur stadtklimatische positive Effekte, sondern sind auch soziale Begegnungsräume“, sagt Enzler.
Inwieweit Augsburg in den vergangenen Jahren mehr oder weniger „grün“ geworden ist, kann man nicht ohne weiteres beantworten. Die Statistik zur Flächennutzung besagt zwar, dass Grün-, Erholungs- und Friedhofsflächen seit 2011 von 845 auf 905 Hektar zugenommen haben. Das liegt vor allem an der Schaffung neuer Parks im Westen (Reese und Sheridan). Gleichzeitig hat auch die Siedlungs- und Verkehrsfläche von 5347 auf 5428 Hektar zugenommen. Diese Gesamtentwicklung ging zulasten von Wald sowie von so genanntem Unland (unbebaute Flächen ohne Nutzung wie Teile der ehemaligen Kasernen) – also auch zumindest teilweise „grünen“ Flächen. Allerdings schwankt der Öko- und Erholungswert solcher Flächen je nach Einzelfall stark.
Insgesamt geht die Entwicklung der Stadt momentan aber zulasten von Grün- und Freiflächen, zumal über die Entwicklung auf Privatgrundstücken keine Statistik geführt wird. 71 Prozent des Stadtgebiets sind mit Vegetation bewachsen (Stadtwald, Äcker und private Gärten, die sonst in keiner Statistik auftauchen, mitgerechnet), so eine Satellitenbild-Auswertung der „Berliner Morgenpost“ für alle deutschen Großstädte – damit liegt Augsburg im Mittelfeld. Bei der Stadt weiß man um die Problematik der Konkurrenz von Grün und Beton. Man stehe – wie alle Städte – vor der Herausforderung, mehr Wohnraum und Gewerbe zu schaffen und gleichzeitig Artenschutz, Lebensqualität durch Erholungsflächen sowie Themen wie das Stadtklima unter einen Hut zu bekommen. In aktuellen Bebauungsplänen werden meist Grünflächen mit eingeplant. Das funktionierte auf den Kasernen, soll unter anderem im Dehner-Park (Kriegshaber), an der Wernhüterstraße (Lechhausen) und auf dem Zeuna-Areal umgesetzt werden. Das geplante Neubauviertel Haunstetten Südwest wird ebenfalls eine Grün-/Freizeit-/Sportanlage erhalten.
Gibt es bald grüne Dächer und Fassaden?
Man werde sich aber auch Gedanken über neue Lösungen machen müssen, um Grün in der Stadt zu erhalten, so das Baureferat. Möglichkeiten seien mehr Dach- und Fassadenbegrünungen, höhere Gebäude zum Flächensparen und sogar der Rückbau breiter Straßenzüge. Auch der Kauf von Grünflächen in schlecht versorgten Stadtvierteln sei zu überlegen. Im Übrigen sehe man auch die Architekten in der Pflicht, Entwürfe vorzulegen, die auf Baumbestand größtmögliche Rücksicht nehmen.
Grundsätzlich achtet die Stadt beim Anlegen neuer Grünflächen inzwischen darauf, dass sie mehreren Zwecken dienen wie Erholung, Artenschutz oder als naturnahes Rückhaltebecken für Regenwasser. Landschaft, so Umweltreferent Reiner Erben (Grüne), sei für viele Bürger in einer sich verdichtenden Stadt heute nicht mehr etwas, was sie als unberührten Raum vor den Toren der Stadt suchen, sondern was sie als wichtigen Bestandteil in der Stadt erwarten.