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Augsburg: Wie ein Metzger heute noch überleben kann

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Wie ein Metzger heute noch überleben kann

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    Metzgermeister Daniel Trübenbach kontrolliert zusammen mit Chefin Carolin Ottillinger die Fleischqualität und ob auf den Etiketten alle erforderlichen Angaben gemacht worden sind.
    Metzgermeister Daniel Trübenbach kontrolliert zusammen mit Chefin Carolin Ottillinger die Fleischqualität und ob auf den Etiketten alle erforderlichen Angaben gemacht worden sind. Foto: Silvio Wyszengrad

    Für Carolin Ottillinger war es vor drei Jahren keine Frage, ob sie die Metzgerei ihres Vaters übernimmt: „Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, in den Familienbetrieb einzusteigen“, erzählt sie im Gespräch. Die

    Die Zahl der Metzgereien in Augsburg ist rückläufig

    Ganz so einfach wie bei den Ottillingers haben es andere Metzgereien bei der Nachwuchssuche meist nicht. Das zeigt sich an Zahlen der Handwerkskammer für Schwaben (HWK). Zwischen 2008 und 2018 ist die Zahl an Augsburger

    Trotz eines veränderten Einkaufsverhaltens hin zu Ware aus dem Supermarkt, ist es oft aber nicht die Wirtschaftlichkeit, die einen Betrieb zur Aufgabe gezwungen hat, sondern der Mangel an Nachwuchs und ausreichend Fachkräften, weiß Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer für Schwaben und selbst Metzgerei-Inhaber. Der Beruf des Metzgers habe ein Imageproblem. „Es herrschen oft völlig falsche Vorstellungen von unseren Berufen und den damit verbundenen Tätigkeiten“, sagt er.

    Der Beruf des Metzgers hat ein Image-Problem

    So sieht es auch Daniel Trübenbach. Er ist Metzgermeister bei Ottillinger und kennt die Vorurteile: „Viele denken, der Job sei harte körperliche Arbeit, bei der man noch dazu den ganzen Tag blutverschmiert herumläuft“, erzählt er. Doch das sei nur die halbe Wahrheit. Moderne Maschinen würden die Metzger schon seit einiger Zeit stark entlasten, Hygienevorschriften sorgen dafür, dass auch in einer Metzgerei Sauberkeit das oberste Prinzip ist. „Ich finde meinen Beruf prima. Er gibt mir jeden Tag die Chance, einen tollen Rohstoff zu veredeln“, so Trübenbach.

    Eine Einstellung, die HWK-Präsident Rauch teilt und Chefin Carolin Ottillinger gefällt, für sie aber auch der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft ist. „Sie müssen als Betrieb einen entsprechenden Maschinenpark stellen und obendrein Motivation für die Beschäftigten schaffen.“ Nur ein angenehmes und modernes Arbeitsumfeld sorge dafür, dass man Mitarbeiter halten und neue gewinnen kann. Eine Metzgerei, die heute sowohl beim Kunden, wie auch bei den Mitarbeitern und beim Nachwuchs überzeugen will, müsse mehr sein, als ein fleischverarbeitender Betrieb – auch wenn das für die Unternehmen mit teils hohen Investitionen und einer großen Portion Verantwortung verbunden ist. Vor allem, wenn man, wie bei Ottillinger, auch noch selbst schlachtet.

    Mit Dry Aged und besonderen Cuts in die Zukunft

    Bei der Metzgerei aus Pöttmes geht man daher – um sich zukunftssicher aufzustellen – nicht nur mit der Zeit, sondern setzt auch auf Trends. Grillen und Dry Aged sind in diesem Zusammenhang passende Schlagwörter. In der Bäckergasse baut das Familienunternehmen derzeit seine bisherige Filiale komplett neu aus – zusammen mit der Bäckerei Knoll. Höhepunkt des Geschäfts wird ein etwa zwei auf zwei Meter großer, begehbarer Kühlschrank für besondere Fleischwaren sein. In dem Raum, der sogar durch die Schaufensterscheibe einsehbar sein wird, wird Dry Aged-Fleisch, also trocken abgehangenes Fleisch, gelagert. Dazu in besonderen Schnitten (Cuts), wie sie in Zeiten des Grill-Hypes immer stärker nachgefragt werden. Flank Steak, Flat Iron oder Brisket nennen sich die Stücke mit ganz speziellen Eigenschaften. „Wenn wir den Kunden davon überzeugen wollen statt im Supermarkt bei uns zu kaufen, dann müssen wir etwas Besonderes bieten und zum Spezialisten werden. Wegen einem Schnitzel kommt kaum einer extra zu uns“, erklärt Ottillinger.

    Das Konzept der Pöttmesser Metzgerei ist dabei nicht ganz neu. Unter anderem bei Happacher im Spickel gibt es Dry Aged-Fleisch und die dafür nötigen Lagerräume. Seit einigen Jahren setzen immer mehr Betriebe zudem auf einen Fleischautomaten, aus dem der Kunde auch nach Ladenschluss und am Wochenende verpackte Wurst und Grillfleisch in Metzgerqualität ziehen kann. Das Event und die Nähe zum Kunden rücken stärker in den Mittelpunk, weshalb das Portfolio mit speziellen Kursangeboten ergänzt wird. Hier wird gezeigt, woher das Fleisch kommt und wie man es am besten zubereitet. „Unser Bratwurstseminar ist regelmäßig ausgebucht“, erzählt Carolin Ottillinger.

    Fleischmanufaktur statt Metzgerei-Filiale

    Eine Metzgerei kann also Zukunft haben, wenn sie sich entsprechend aufstellt ist die Expertin sicher. Davon ist auch Metzgerkollege und HWK-Präsident Hans Peter Rauch überzeugt: „Wer sich modern aufstellt, seine Mitarbeiter motiviert und auf höchste Qualität setzt, hat beste Perspektiven. Denn wir stellen Gott sei Dank einen positiven Trend fest: Fachberatung, Qualität der Fleisch- und Wurstwaren, hausgemachte, hochwertige Produkte sind bei den Kunden gefragt.“ Die Menschen seien auch zunhemend wieder bereit, für hochwertige Ware den entsprechenden Preis zu bezahlen, ergänzt Carolin Ottillinger. Dafür wollen sie aber auch etwas geboten bekommen. So wie künftig in der Bäckergasse, wo keine klassische Metzgerei-Filiale sondern eine Fleischmanufaktur entsteht.

    Die familiengeführte Metzgerei gibt es seit 1842. Derzeit sind 140 Menschen und 11 Lehrlinge beschäftigt. Der Betrieb mit Stammsitz in Pöttmes hat sieben Filialen. Zwei davon in Augsburg, eine in Königsbrunn. Es wird selbst geschlachtet.

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