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Foto: Silvio Wyszengrad
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Wegen der vielen Corona-Fälle nahm das Uniklinikum zeitweise nur noch Patienten auf, die zwingend sofort behandelt werden mussten.

Augsburg
05.03.2021

Wie das Corona-Virus vor einem Jahr die Stadt Augsburg erreichte

Von Jörg Heinzle

Am 6. Marz 2020 wird der erste Covid-19-Fall in Augsburg bekannt. Die Stadt steckt im Wahlkampf - und noch ahnt keiner, wie sehr sich durch das Virus alles ändern wird. Ein Rückblick.

Es ist ein Freitag, der 6. März 2020, als das Gesundheitsamt der Stadt Augsburg den ersten bestätigten Corona-Fall meldet. Verdachtsfälle hatte es zuvor schon gegeben, weil auch einige Augsburger Kontakt hatten zu Mitarbeitern des Autozulieferers Webasto, wo es im Januar vorigen Jahres deutschlandweit die ersten Fälle überhaupt gegeben hatte. Doch am 6. März ist die Krankheit in Augsburg angekommen. Die Stadt steckt damals mitten im Wahlkampf, knapp eine Woche vor dem Wahltermin – es geht um die Frage, wer Nachfolger von OB Kurt Gribl (CSU) wird. Und noch niemand kann sich vorstellen, wie das Virus von nun an fast alles in der Stadt bestimmen wird.

Zum ersten Durchgang der Wahl Mitte März werden die Augsburger noch an die Urnen gerufen. Doch schon die „Wahlparty“ am Abend im Rathaus ist deutlich gedämpft. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, die Fenster sind zum Lüften geöffnet, die Besucher gehen schon immer mehr auf Abstand. Der zweite „Urnengang“, die Stichwahl zwischen Eva Weber (CSU) und Dirk Wurm (SPD) ums OB-Amt zwei Wochen später, ist dann schon gar kein Urnengang mehr, sondern eine reine Briefwahl. Am Abend im Rathaus wirkt die Szenerie fast gespenstisch.

Corona bei der Kommunalwahl: Ein einsamer Wahlabend für die Gewinnerin Eva Weber

Eva Weber als Gewinnerin und der unterlegene Dirk Wurm zeigen sich kurz einer Handvoll Reportern, dann gehen alle nach Hause. Eine Feier gibt es nicht, die Amtsübergabe passiert im kleinsten Kreis, sie wird ins Internet übertragen. Damals noch eine Besonderheit – inzwischen ganz normal. Eva Weber gibt jetzt regelmäßig Live-Pressekonferenzen, Gedenkfeiern finden virtuell statt – und die Sitzungen des Stadtrats, vor Kurzem noch fast undenkbar, werden jetzt ebenfalls als Video-Livestream im Internet gezeigt.

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Augsburg während des Lockdowns im Frühjahr: Bilder aus einer Stadt, die still geworden ist
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Corona-Angebot des Hotels "Drei Mohren": Sternekoch Simon Lang bereitet verschiedene Grillgerichte zum Mitnehmen zu.

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Augsburg-Oberhausen: Schneiderin Rosalia Averbukh schneidert FC-Augsburg-Masken.

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In der Annastraße gibt es den Augsburger Gabenzaun - für besonders von der Corona-Krise betroffene Menschen.

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Alleine warten auf die Straßenbahn: Am Augsburger Rathausplatz ist sonst deutlich mehr los.

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Was ist noch erlaubt? Mitarbeiter des Grünamtes montieren Hinweisschilder.

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"Wir vermissen euch": Wann die Kindergärten wieder öffnen dürfen, ist noch unklar.

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Augsburg- Haunstetten, Mitarbeiter des Gasthauses Settele: Daniel Golling, Kristina Rubtsova (Mitte) und Melanie Roubal bieten ihren Kunden Burger und mehr zum Mitnehmen an.

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Augsburg Hauptbahnhof: Fahren Sie nur, wenn es unumgänglich ist. Ein fast menschenleerer Bahnsteig.

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Augsburg-Hammerschiede: Die Arge bietet kostenlos Behelfsmasken an.

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Eine Mitarbeiterin eines Geschäfts steht mit Atemschutzmaske und Handschuhen im Laden.

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Studentin Paulina verkauft auf dem Stadtmarkt Obst. Auch sie trägt eine Maske.

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Viele wollen helfen: Rainer Bredefeld hat in der Augsburger Altstadt eine Botschaft an seine Nachbarn verfasst.

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Claudia vom Restaurant Kappeneck bei der Essensausgabe.

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Feiern ist verboten: Die Polizei schaut auch in Kleingärten.

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Supermarkt-Mitarbeiterin hinter Plexiglas: Auch dieses Bild gehört zur neuen Normalität.

Eigentlich war geplant, die Amtseinführung von Eva Weber in größerem Rahmen noch nachzuholen. Dann, wenn es die Corona-Lage zulässt. Keiner dachte zu diesem Zeitpunkt, dass ein Jahr später immer noch strenge Beschränkungen gelten. Viele hofften im Frühjahr 2020, dass nach ein paar Wochen Lockdown das meiste überstanden sei. Bekanntlich kam es anders. Und so wird es auch keine größere Amtseinführung mehr geben. Das Thema habe sich für sie erledigt, sagte die Oberbürgermeisterin kürzlich im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Situation sei eben so, wie sie sei.

Den ersten Corona-Todesfall meldet die Stadt Augsburg zwei Wochen nach der ersten Infektion, am 22. März 2020. Die erste Welle geht fast glimpflich an der Stadt vorbei. Die Uniklinik gerät nicht an die Grenzen, die Sieben-Tage-Inzidenz bleibt niedrig - und bis in den Herbst bleibt es bei 16 Todesfällen. Die zweite Welle trifft die Stadt dann allerdings mit einer größeren Wucht. Die Augsburger Uniklinik schlägt wegen der vielen Corona-Patienten im Herbst zeitweise Alarm. Patienten müssen teils weiter weg verlegt werden.

Corona-Todesfälle: In der zweiten Welle sterben mehr als 300 Menschen in Augsburg

Und es sterben in der zweiten Welle auch mehr als 300 Augsburgerinnen und Augsburger. Bis dato zählt die Stadt 338 Corona-Todesfälle. Ein großer Teil stirbt bei Ausbrüchen in Pflegeheimen, es trifft vor allem ältere Menschen. 224 Verstorbene waren über 80, das durchschnittliche Todesalter liegt nach Angaben der Stadt etwas über 82. Doch die Krankheit kann auch für Jüngere tödlich sein. Elf Verstorbene zählt die Stadt auch in der Altersgruppe zwischen 35 und 59. „Augsburg hat leider viele Tote zu beklagen“, sagt Oberbürgermeisterin Eva Weber. Im Verhältnis zur Bevölkerung sind es in Augsburg mehr Todesfälle als in den angrenzenden Kreisen Augsburg und Aichach-Friedberg. Eine Erklärung könnte sein, dass es in Augsburg auch mehr Heime gibt als im Umland.

Nun steht womöglich, angesichts der Mutationen, eine dritte Welle an. Im Augsburger Gesundheitsamt hofft man, dass sie weniger Kraft haben wird. Auch deshalb, weil bereits viele Heimbewohner geimpft sind. Wie lange uns Corona noch beschäftigen wird - diese Prognose wagt derzeit keiner mehr.

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