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Augsburg: Wie Klinikclowns Kinder zum Lachen bringen

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Wie Klinikclowns Kinder zum Lachen bringen

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    Klinikclowns im Einsatz am Josefinum in Augsburg: Michaela Ranftl und This Zogg bringen Kinder zum Lachen.
    Klinikclowns im Einsatz am Josefinum in Augsburg: Michaela Ranftl und This Zogg bringen Kinder zum Lachen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Montag gilt nicht gerade als der beliebteste Wochentag. In der Kinderklinik am Josefinum ist das etwas anders. Immer montags kündigt ein Klopfen an den Krankenzimmertüren den kranken Jungen und Mädchen einen Überraschungsbesuch an. Die ungewöhnliche Visite zaubert den meisten ein Lachen ins Gesicht und lässt sie ihre Schmerzen kurz vergessen. Manch kleiner Patient bleibt aber ein wenig skeptisch.

    In einem Umkleideraum im Nebentrakt des Josefinums ziehen sich Michaela Ranftl und This Zogg ihr anderes Ich an. Sie einen rot-weiß gestreiften Rock, er eine weite rote Stoffhose. Beide werfen sich weiße Arztkittel über und setzen rote Clownnasen auf.

    Rote, runde Bäckchen werden aufgemalt. Das reicht, um sich in das Clownpaar Mathilde und Tisu zu verwandeln. "Ich schminke mich kaum. Für Kinder kann eine Maske beängstigend sein", sagt Zogg, während er seine Augen mit Kajal umrandet. "Gerade in der Phase der Horrorclowns musste man da sensibel sein."

    KlinikClowns Bayern feiern im Sommer 20-jähriges Jubiläum

    Der 47 Jahre alte Augsburger und seine acht Jahre jüngere Kollegin aus Fürstenfeldbruck arbeiten seit vielen Jahren als Clowns in verschiedenen Krankenhäusern. In diesem Sommer feiern die KlinikClowns Bayern ihr 20-jähriges Jubiläum. Weil Clowns als Grenzgänger zwischen der Erwachsenen- und der Kinderwelt gelten, sollen sie in Kliniken Brücken zwischen Arzt, Pflegepersonal und Patient bauen.

    Bei der Eröffnung des schwäbischen  Kinderkrebszentrums am Zentralklinikum in Augsburg 2017 durften die KlinikClowns um This Zogg nicht fehlen. Den fünfjährigen Max freut's sichtlich.
    Bei der Eröffnung des schwäbischen Kinderkrebszentrums am Zentralklinikum in Augsburg 2017 durften die KlinikClowns um This Zogg nicht fehlen. Den fünfjährigen Max freut's sichtlich. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Sie sind aber nicht nur auf Kinderstationen, sondern auch in Senioren- und Pflegeheimen aktiv. Zogg tupft sich noch etwas Sterilium-Flüssigkeit aus dem Spender am Waschbecken hinter die Ohren, als sei es Parfüm. Er bemerkt offenbar den fragenden Blick. "Sobald wir verkleidet sind, spielen wir unsere Rollen", kommentiert er den Scherz.

    Noch ein gemeinsames Kichern zum Aufwärmen und die zwei Klinikclowns ziehen los – mit der Lizenz zum Aufmuntern durch fachkundige Blödelei. Niemand ist vor ihren Scherzen sicher. Auch nicht die Krankenschwester, die im Aufzug mitfährt.

    Zogg zaubert Krankenschwester Lächeln ins Gesicht

    Zogg zieht den übergroßen Kamm aus dem Arztkittel und fährt sich damit über seine Glatze. Er und Michaela Ranftl wünschen der Frau beim Aussteigen ein schönes Wochenende. Die muss lachen. Auf dem Stationsflur schiebt eine Mutter ihre kleine Tochter im Rollstuhl. Die Clowns halten sie an. "Habt ihr einen Führerschein dabei?" Die Mutter lacht. Die Kleine macht große Augen, verzieht aber keine Miene.

    Während er einen Herzchenluftballon aufpustet und ihn dem Mädchen überreicht, poliert Mathilda mit einem Lappen rasch die Felgen. Das Duo zieht weiter. Es sind kurze Momente der Begegnung, die bei Kindern und Eltern Eindruck und Freude hinterlassen.

    Der Einsatz der Klinikclowns basiert auf der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Lachen und Humor positive Auswirkungen auf den Allgemein- und Gesundheitszustand haben. Die Auftritte am Krankenbett sollen gar die Heilprozesse fördern. Eine Kassenleistung ist der Besuch der lustigen Gesellen mit dem ernsten Hintergrund freilich nicht. Die Klinikclowns finanzieren sich durch Spenden.

    Auch in der Kinderklinik bringen Klinikclowns Kinder zum Lachen: Im Bild Clown Dr. Schlaubi Bonzo (vl.)
    Auch in der Kinderklinik bringen Klinikclowns Kinder zum Lachen: Im Bild Clown Dr. Schlaubi Bonzo (vl.) Foto: Michael Hochgemuth (Archivbild)

    KlinikClowns erhalten wichtige Informationen vom Personal

    Zogg und Ranftl stehen vor einer Krankenzimmertür. Schnell noch werfen sie einen Blick in die Unterlagen, die sie von den Schwestern erhielten. Darauf sind wichtige Informationen vermerkt. Ein Bub etwa soll äußerst schüchtern sein. Auf so etwas nehmen beide besonders Rücksicht. Klopf, klopf. Vorsichtig öffnen sie die Tür und nehmen Blickkontakt zu einer Mutter auf, die bei ihrem zweijährigen Sohn am Bett sitzt.

    Ein anderes Kind im Zimmer schläft. Die Clowns gehen leise zu dem wachen Sokrates. "Er hat eine Polypenoperation hinter sich", erklärt dessen Mutter Georgiana Popescu. Der kleine Sokrates sitzt aufrecht in seinem Bett. Er ist neugierig, was jetzt passiert. "Ich mache eine Sauerei, äh Zauberei", verkündet Zogg und pustet Seifenblasen. Die Mutter bekommt eine Clownnase verpasst. Ab da muss der Bub grinsen. Manchmal dauert es einen Moment, bis das Eis bricht.

    Mit Slapstick, Tollpatschigkeit, Dialogwitz, kleinen künstlerischen Aufführungen und ihrer jahrelangen Erfahrung erobern die beiden Klinikclowns die Kinder eigentlich immer. Auch die 15-jährige Janela, die an dem Montag wegen ihrer Diabetes-Erkrankung im Josefinum liegt. "Jetzt habe ich nur das Kleinkinderprogramm dabei", sagt Zogg und kratzt sich scheinbar verlegen am Hinterkopf.

    Selbst Teenager lachen beim Schabernack der KlinikClowns

    Die Klinikclowns agieren drollig. Janela, die zuvor auf ihrem Smartphone gespielt hatte, lacht und findet die beiden "süß". "So etwas liebe ich ja", sagt Ranftl, als sie das Zimmer verlassen haben. "Ich habe selber eine 16-jährige Tochter. Ich weiß, wie extrem cool die in dem Alter sein können. Und dann kriegt man sie doch."

    Das ist wohl das Ergebnis guter Arbeit. Auf die Qualität der Spaßmacher wird im Verein "KlinikClowns Bayern" großer Wert gelegt. "Unsere Clowns sind Profis mit einer künstlerischen Ausbildung", betont Pressesprecherin Karin Platzer. "Es ist wichtig, dass die Mitarbeiter in so einem sensiblen Bereich ihr Handwerk beherrschen." Wie genau der Augsburger und die Fürstenfeldbruckerin ihre Arbeit nehmen, sieht man nach jedem einzelnen Krankenbesuch.

    Klinikclowns nützen jede Gelegenheit, um auf ihr sinnvolles Schaffen aufmerksam zu machen. Wie dieses Quartett bei einer Oldtimer-Rally.
    Klinikclowns nützen jede Gelegenheit, um auf ihr sinnvolles Schaffen aufmerksam zu machen. Wie dieses Quartett bei einer Oldtimer-Rally. Foto: Bastian Sünkel (Archivbild)

    Sie protokollieren ihre Auftritte. "Besonders auf Krebsstationen ist das wichtig", meint Zogg. "Dort sind die Patienten schließlich länger untergebracht. Da sollte sich unser Programm nicht wiederholen." Auf der Onkologie zu arbeiten, habe noch einmal eine ganz andere Dimension. Mehr sagt er dazu nicht.

    Das kleine Mädchen im nächsten Krankenzimmer sitzt auf dem Schoß des Vaters. Das Kind hat einen Schlauch in der Nase. Es wirkt mitgenommen. Sein Gesicht zeigt bei dem Besuch der Clowns keine Regung. Auch nicht, als sie sich verabschieden. Für Ranftl und Zogg ist das völlig in Ordnung. "Es muss nicht immer lustig zugehen. Oft reicht es, einfach nur da zu sein."

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