Im Berufsalltag ist Christian Uffinger dafür zuständig, dass Züge sicher und möglichst rüttelfrei von A nach B fahren können. Er ist bei der Bahn im Gleisbau beschäftigt. Doch auch in seiner Freizeit kümmert er sich um eine Bahn: Im Garten der Eltern an der Schmutterstraße in Kriegshaber hat er zusammen mit seinem Vater eine Modellbahn gebaut. Sie fährt nicht nur auf mehr Quadratmetern als in einer Wohnung möglich, auch die Lokomotiven, Waggons und Gleise haben ungewöhnliche Ausmaße: Mit einer Spurweite der Gleise von 4,5 Zentimetern und Fahrzeugen im Maßstab 1:22 wäre eine Modellbahn für jeden Hobbykeller schlicht zu groß. Doch im Garten sind die Züge zwischen Blumenbeeten jederzeit gut zu sehen.
Sorgfältig betonierter Tunnel
Mitte der 1990er-Jahre hatte Uffingers Vater – auch er arbeitet bei der Bahn – die Idee und setzte sie mit dem heute 36-jährigen Sohn um. So ein Projekt ist ein gutes Stück aufwendiger als eine gute alte H0-Bahn im Wohnungsformat. Das beginnt schon beim Gleisbett. Dafür sind spezielle Platten aus Beton nötig, die sorgfältig verlegt werden müssen. Die erste Strecke verlief um die Terrasse herum bis zur Hecke an der Grundstücksgrenze und zurück. Bis heute sind etliche Meter Gleise dazugekommen, einschließlich eines sorgfältig betonierten Tunnels. Immer wieder haben die Modell-Eisenbahner neue Ideen, bauen Strecken um oder legen neue an.
Christian Uffinger investiert fast jede freie Minute in die Bahn. Dabei verschlingt vor allem die Pflege des Fuhrparks viel Zeit. Rund 50 Lokomotiven und 100 Personen- und Güterwaggons lagern in Vaters Keller. Berühmte Züge wie der Glacier-Express, der Bernina-Express sind ebenso darunter wie eine Sammlung von Cargowaggons der Deutschen Bahn. Der gelernte Bäcker hat sich Kenntnisse in Elektromechanik und Elektronik schlicht durch Ausprobieren angeeignet. Er baut aus älteren Loks veraltete oder defekte Steuerelektronik aus und ersetzt sie durch modernste Digitalsteuerungen. So kann er die Züge von seinem Notebook aus steuern. „Natürlich haben wir auch modernste Sicherheitsschaltungen eingebaut, um Unfälle zu vermeiden“, meint er stolz.
Nach jedem Gewitter ist Putzen angesagt
Es muss schon alles passen – da macht Christian Uffinger keine Kompromisse: „Die Loks, die Personen- und Güterwagen müssen auch bei uns in Süddeutschland eingesetzt werden. Für die Instandhaltung der Anlage hat er einen Zug angeschafft, der die Gleise schleift – so wie bei der Bahn auch. „Die meisten anderen Modellbahner putzen die Gleise lediglich, weil sie dabei nicht verschleißen“, sagt er. Nach jedem Sturm oder Gewitter ist erst einmal Putzen angesagt. Heruntergefallene Nadeln und Blätter könnten die als Stromleiter fungierenden Gleise kurzschließen und zu Schäden an der Elektronik führen, mit denen die Lokomotiven vollgestopft sind. Außerdem will der Modelleisenbahner, dass die Anlage immer picobello dasteht.
„Dieses Hobby ist fast wie eine Sucht“, sagt Uffinger. Immer wieder ist er im Internet unterwegs auf der Suche nach neuen Fahrzeugen. „Für eine Lok muss ich schon mal tausend Euro hinblättern.“ Um das zu finanzieren, kauft oder ersteigert er beispielsweise defekte Loks, repariert sie oder rüstet sie auf Digitaltechnik um. Vor allem für ältere Modelle bekommt er bei den Herstellern oftmals keine Ersatzteile und muss sich auf den einschlägigen Seiten im Internet auf die Suche machen. „Man braucht schon viel Geduld, wenn man ein Fahrzeug außen originalgetreu und innen technisch perfekt hinkriegen will“, erzählt er. Sobald sie einsatzfähig sind, verkauft er sie wieder. Möglicherweise sind es die hohen Kosten für Fahrzeuge in dem großen Maßstab, die immer mehr Modelleisenbahner aus ihrem Hobby aussteigen lassen. „Früher kannte ich in unserer Gegend fünf, sechs andere, die auf der Spurweite 4,5 Zentimeter fahren. Heute fährt außer meiner vermutlich nur noch eine Anlage im Bahnpark“, sagt Uffinger.
Kaum ein freies Fleckchen
Wenn das Wetter zum Fahren der Anlage zu schlecht ist und gerade keine Reparaturen anliegen, widmet sich Christian Uffinger seiner zweiten Leidenschaft, der Ausstattung von Bussen und Straßenbahnen. Im Wohnzimmer seiner Pferseer Wohnung stapeln sich ausgemusterte und defekte Fahrkarten-Stempelautomaten und Haltestellenanzeiger. Auch diese Geräte setzt er instand und erweckt sie mit speziellen Steuergeräten zu neuem Leben. Sein wirklich großer Schreibtisch fungiert auch als Werkbank, auf der kaum ein freies Fleckchen zu finden ist. Die übliche Wohnzimmer-Gemütlichkeit sucht man hier vergebens. Was sagt seine Lebensgefährtin dazu? Sie nimmt es sehr gelassen: „Das macht doch nichts. Hauptsache, Christian hat eine Beschäftigung, die ihm Spaß macht.“