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Augsburg: Wenn Menschen verschwinden: Wie die Polizei Vermisste sucht

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Wenn Menschen verschwinden: Wie die Polizei Vermisste sucht

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    Etwa 10.000 Menschen in Deutschland gelten laut Bundeskriminalamt als vermisst.
    Etwa 10.000 Menschen in Deutschland gelten laut Bundeskriminalamt als vermisst. Foto: Jens Büttner, dpa (Symbol)

    Wenn ein Mensch auf einmal verschwindet, unerwartet, unerklärlich, dann beginnt für Angehörige eine Zeit der Ungewissheit – und für die Polizei fängt die Suche an. Aktuell bewegt der Fall des 22-jährigen Eugen G., der derzeit vermisst wird, die Menschen in Augsburg und Umgebung. Polizeisprecherin Silke Abt erklärt, wie Ermittler in solchen Fällen fahnden.

    Ob eine Person vermisst wird, hängt nach Angaben der Polizeisprecherin von verschiedenen Faktoren ab. "Minderjährige gelten als vermisst, sobald sie ihr gewohntes Umfeld verlassen haben und der aktuelle Aufenthaltsort unbekannt ist", sagt Abt. Bei erwachsenen Personen ab 18 Jahren, die ihren Aufenthaltsort frei wählen dürfen, müsse zudem noch eine Gefahr für Gesundheit und Leben angenommen werden. Eine 24-Stunden-Frist bei Vermisstenfällen gibt es nicht, sagt Abt. "Sobald eine Person vermisst wird, werden unverzüglich polizeiliche Maßnahmen eingeleitet."

    Vermisste Erwachsene, vermisste Minderjährige

    Erwachsene, die im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Kräfte sind, haben das Recht, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen, auch ohne ihn Angehörigen oder Freunden mitzuteilen. Es ist daher nicht Aufgabe der Polizei, Aufenthaltsermittlungen einzuleiten, wenn keine Gefahr für Leib oder Leben vorliegt.

    Sofern eine ernste Gefahrenlage für einen vermissten Erwachsenen besteht, beginnt die Polizei mit der "Aufenthaltsermittlung". Wird der Aufenthaltsort des Vermissten festgestellt, wird die Person befragt, ob sie mit der Nennung ihres Aufenthaltsorts gegenüber Angehörigen einverstanden ist. Die Angehörigen werden entsprechend dem Wunsch des Vermissten informiert.

    Sofern die Person wohlauf ist, sie nicht Opfer einer Straftat wurde und sie sellbst keine strafbaren Handlungen begangen hat, hat sich der Fall für die Polizei mit der Aufenthaltsermittlung erledigt.

    Personen im Alter von bis zu 18 Jahren dürfen ihren Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen. Bei ihnen wird grundsätzlich von einer Gefahr für Leib oder Leben ausgegangen, wenn sie vermisst werden. Sie gelten für die Polizei bereits als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben und ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist.

    Vermisste Minderjährige werden, wenn die Polizei sie findet, so lange in staatliche Obhut (zum Beispiel in eine Jugendeinrichtung) genommen, bis sie in ihr gewohntes Umfeld gebracht werden können. Diese polizeiliche Maßnahme ist dabei keine Festnahme, sie dient dem Schutz des Minderjährigen.

    Lieblingsorte und bekannte Anlaufstellen werden überprüft

    Diese polizeilichen Maßnahmen seien von Fall zu Fall unterschiedlich, erklärt die Polizeisprecherin. "Zu Beginn sind jedoch der Wohnort und bekannte Anlaufadressen zu überprüfen." Abt bezeichnet diese als "Hinwendungsorte". Dazu zählen Familie, Freunde und Bekannte, bei denen sich die vermisste Person aufhalten könnte. Auch Lieblingsorte der betroffenen Personen werden aufgesucht.

    Die Polizei schöpft auf der Suche nach Vermissten alle Mittel aus

    Bei der Suche nach Vermissten schöpft die Polizei auch technische Mittel aus: So spiele die Handyortung eine wichtige Rolle. "Bleibt ein Erfolg aus, wird die Maßnahme der Öffentlichkeitsfahndung geprüft", sagt Abt. Hierbei müsse jedoch sehr sensibel vorgegangen werden. Die Polizei wägt ab, welche persönlichen Daten zu dem Vermissten preisgegeben werden.

    Im April 2019 verzeichnete das Bundeskriminalamt rund 10.000 Vermisste in Deutschland. Rund 200 bis 300 Fahndungen werden täglich neu erfasst – und genauso viele auch gelöscht. Mehr als zwei Drittel aller Vermissten sind männlich. Etwa die Hälfte sind Kinder und Jugendliche. Für ihr Verschwinden gibt es die unterschiedlichsten Gründe: Probleme in der Schule, Streit mit den Eltern, Liebeskummer. Manche Fälle werden innerhalb weniger Tage aufgeklärt, andere Personen bleiben über Jahrzehnte verschwunden. "Die Wahrscheinlichkeit einer Rückkehr hängt von den Umständen der Vermissung ab und kann deshalb nicht pauschal bewertet werden", sagt Abt.

    30 Jahre lang bleibt eine Personenfahndung bestehen bis sie ad acta gelegt wird. Laut BKA klären sich etwa die Hälfte aller Vermissten-Fälle innerhalb einer Woche. Nach einem Monat liegt die Quote bereits bei mehr als 80 Prozent. Der Anteil der Personen, die länger als ein Jahr vermisst werden, bewegt sich bei nur etwa drei Prozent. Bleibt zu hoffen, dass auch der 22-jährige Eugen G. bald gefunden wird.

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