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Augsburg: Weniger Stau, mehr Radler: Corona hat den Verkehr verändert

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Weniger Stau, mehr Radler: Corona hat den Verkehr verändert

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    Mobilität hat sich im Corona-Jahr 2020 stark verändert. Ob dies dauerhaft sein wird, ist noch offen.
    Mobilität hat sich im Corona-Jahr 2020 stark verändert. Ob dies dauerhaft sein wird, ist noch offen. Foto: S. Wyszengrad (Symbol)

    In Augsburg hat es im vergangenen Jahr aufgrund der Corona-Lockdowns weniger Staus gegeben. Laut dem Verkehrsdatendienstleister Tomtom dauerten Fahrten im Stadtgebiet staubedingt im Schnitt 19 Prozent länger als wenn freie Fahrt herrschen würde. 2019 lag die Verzögerung noch bei 22 Prozent, obwohl die Zahl der Autos zwischen 2019 auf 2020 zunahm. "Das Stauniveau ist gesunken, allerdings liegt der Rückgang in Augsburg unter dem Bundesdurchschnitt", sagt Tomtom-Sprecherin Sarah Schweiger.

    Corona: Weniger Heimarbeit in Augsburg durchs produzierende Gewerbe

    Ein möglicher Hintergrund sei, dass in Augsburg mit seinem relativ hohen Anteil an produzierendem Gewerbe ein Wechsel von Angestellten ins Homeoffice schwieriger zu bewerkstelligen sei. Zum Vergleich: Am Bürostandort München ging das Stauniveau um sechs Prozentpunkte nach unten. Laut Tomtom fielen in Augsburg im April während des Lockdowns die Stauspitzen in den Stoßzeiten weitgehend weg. Im September und Oktober herrschte aber wieder gleich viel Stau wie in den Vorjahresvergleichsmonaten, bis der Wellenbrecher-Lockdown im November wieder für weniger Verkehr sorgte. "Es gab aufs Jahr gesehen weniger Verkehr, aber keine grundsätzliche Änderung des Musters", so Schweiger im Hinblick darauf, dass sich die Autonutzung im September wieder auf das Normalniveau einpendelte.

    Das Jahr 2020 habe gezeigt, dass Mobilität veränderbar sei, es aber auch eine Tendenz zur Rückkehr in alte Muster gebe. "Deshalb ist genau jetzt die richtige Zeit für Stadtplaner, politische Entscheidungsträger und Arbeitgeber, eine Bestandsaufnahme zu machen, welche Maßnahmen sie ergreifen werden, um die Straßen in Zukunft zu entlasten", sagt Tomtom-Manager Ralf‐Peter Schäfer. Das Augsburger Architekturbüro Lotaa (Stephan Linder, Daniel Odenwälder) hat in einer städtebaulichen Nach-Corona-Vision die Idee entwickelt, dass große Straßen künftig verkleinert werden könnten und der überschüssige Raum mit Grün gestaltet werden könnte.

    Es wurde im Corona-Jahr weniger gependelt in Augsburg

    Welche Entwicklungen hinter den Verkehrszahlen stehen, die gewissermaßen nur die Oberfläche abbilden, ist freilich noch unklar, weil über das Verkehrsaufkommen und den aktuellen Mobilitätsmix noch zu wenig bekannt ist. Für die Zukunft könne man noch nicht vorhersagen, wie verbreitet das Homeoffice sein werde und welche Folgen das aufs Verkehrsaufkommen haben werde, so das Tiefbauamt. Fest steht bisher nur: Im vergangenen Jahr wurde weniger gependelt. Das legen Daten des Statistischen Bundesamtes nahe, das aus anonymisierten Mobilfunkdaten errechnet hat, wie häufig Handys zu Pendlerzeiten Gemeindegrenzen überqueren. Für Augsburg kam unabhängig vom Verkehrsmittel heraus, dass die Pendlermobilität in so gut wie allen Monaten des Jahres 2020 unter den Vorjahresmonaten lag. Im Frühjahrslockdown nahm die Pendlermobilität demnach um 43 Prozent ab, stieg den Sommer über wieder an (im September 2020 lag sie sogar zwei Prozent höher als ein Jahr zuvor) und sank im Herbstlockdown wieder um 15 Prozent (November 2020 zu November 2019).

    Wie sich die Verkehrsmittelnutzung geändert hat und womöglich auch in der Zukunft ändern wird, ließe sich am verlässlichsten durch Befragungen herausfinden. 2018 ergab die turnusmäßige Befragung der TU Dresden unter 3600 Augsburgern, dass 33,7 Prozent aller Wege mit dem Auto, 31,3 zu Fuß, 19,4 Prozent mit dem Fahrrad und 15,5 Prozent mit Bus und Straßenbahn zurückgelegt werden. Dieser Mix dürfte sich in der Corona-Pandemie mit großer Wahrscheinlichkeit verschoben haben, aktuelle Daten liegen aber nicht vor.

    Stadtwerke Augsburg gehen von 40 Prozent weniger Fahrgästen aus

    Die Stadtwerke gehen für das vergangene Jahr von rund 40 Prozent weniger Fahrgästen aus als noch 2019, wobei Sprecher Jürgen Fergg darauf hinweist, dass es sich bei diesem Wert um einen Orientierungswert handle. Man orientiere sich bei der Berechnung, etwa zur Häufigkeit der Abo-Nutzung in der Corona-Pandemie, nach bundesweiten Empfehlungen des Verkehrsverbandes.

    Sowohl beim ersten Lockdown im Frühjahr als auch aktuell gingen die Fahrgastzahlen massiv nach unten. Man habe vergangene Woche nur etwa ein Viertel der sonst üblichen Fahrgäste gehabt. Aktuell befördere man etwa lediglich 50.000 Fahrgäste pro Tag. Zwischen den beiden Lockdowns lag das Fahrgastaufkommen während der Schulzeit bei maximal 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Stadtwerke fahren aktuell in einem ausgedünnten Takt (Tram tagsüber alle zehn Minuten, Busse alle 15 Minuten). Auch zu Stoßzeiten sind die Fahrzeuge mäßig besetzt.

    Zwar gilt wie auch vergangenes Jahr für 2021 ein staatlicher "Schutzschirm" für den öffentlichen Nahverkehr, der die Einnahmeausfälle zum Großteil kompensiert. Sorgen dürfte den Stadtwerken aber bereiten, dass über alle Abo-Arten gerechnet neun Prozent der Abonnenten abgesprungen sind (Dezember 2019 zu Dezember 2020). Unter normalen Umständen, so Fergg, hätte man damit gerechnet, im vergangenen Jahr den Trend zu mehr Abos fortzusetzen.

    Kommt man bei den Fahrgastzahlen in Augsburg wieder aufs alte Niveau?

    "Ob und wann wir in Augsburg genauso wie bundesweit wieder auf Fahrgastzahlen der Vorjahre kommen werden, ist derzeit völlig ungewiss", sagt Fergg. Auch wenn die Pandemie ausgestanden sei, sei offen, welche Rolle Homeoffice und Online-Kauf künftig spielen. Klar sei, dass Corona mehr Flexibilität nötig mache. Dies gehe beim wechselnden Takt los und ende bei einer Verbreiterung des Angebots um Car- und Ridesharing und neuen Tarifmodellen.

    Inwieweit das Fahrrad als Verkehrsmittel gewonnen hat, ist nicht eindeutig zu beziffern, weil es bei den momentan vorliegenden Werten der Fahrradzählstellen fürs vergangene Jahr zu einem Datenproblem in der Konrad-Adenauer-Allee kam. Aktuell arbeitet die Stadt an der Wiederherstellung der Messdaten. Man habe grundsätzlich aber ein Plus an Fahrradfahrern registriert, heißt es. An der Ulrichsbrücke war etwa eine Zunahme um 50.000 Radler auf 780.000 festzustellen.

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