Nur noch zwei statt vier Autospuren in der Karlstraße, eine Tramlinie auf Rasengleisen, bessere Radwege und Bäume: Die Ideen des „Forums Augsburg lebenswert“ – einem Dachverband mehrerer Augsburger Verbände und Vereine – stoßen in der Politik auf Interesse. Demnächst soll es Gespräche mit den Rathausfraktionen geben. Und auch die Oberbürgermeisterkandidaten der drei großen Fraktionen zeigen sich auf Anfrage unserer Redaktion aufgeschlossen – haben wegen der Folgen für den Autoverkehr teils aber auch Bedenken. Im Zentrum geht es um die Frage, ob ein Rückbau der Schneise für weniger Autoverkehr sorgen würde oder ob es vorher weniger Autoverkehr geben muss, damit die Straße verschmälert werden kann, ohne Chaos zu verursachen.
Das „Forum Augsburg lebenswert“, in dem der Bund Naturschutz, der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, die Verkehrsverbände VCD und ANA sowie zwei Stadtteilinitiativen Mitglieder sind, fordert eine Umgestaltung der Ost-West-Achse zwischen Staatstheater und Jakobertor. Entsprechende Überlegungen auch seitens der Stadt gibt es schon seit Jahren. Nun sei es aber angesichts der Diskussionen über Verkehrswende und Klimaschutz an der Zeit, sie umzusetzen, so das Forum bei der Vorstellung des Konzepts vor zwei Wochen.
Eva Weber (CSU) fragt: Wohin mit den Autos?
Die Oberbürgermeisterkandidatin der CSU, Eva Weber, sagt dazu: „Wie wohl jeder möchte auch ich, dass die unschöne Schneise in der Innenstadt, die die Grottenau/Karlstraße nun einmal darstellt, zurückgebaut wird.“ Eine Straßenbahn dort sei schon länger ein Thema. Allerdings komme man nicht um die Tatsache herum, dass die Achse von 23.000 bis 25.000 Autos täglich befahren wird. „Von heute auf morgen diese Straße umzugestalten hätte den uncharmanten Nebeneffekt, dass sich die Verkehre ihren Weg durch die Wohnviertel suchen“, so Weber.
Nötig sei ein Gesamtkonzept, das auch die Belange der Autofahrer berücksichtigt, so Weber. Das könne ein Thema für den neuen Mobilitätsbeirat sein, in dem ab November unter anderem Vertreter von Verkehrsverbänden die Politik und die Verwaltung in Verkehrsfragen beraten werden. Eine neue Umgehungsstraße für die Innenstadt (Nordtangente/MAN-Spange) hält Weber für nicht sinnvoll. Nach alten Kostenschätzungen würde eine derartige Straße 60 bis 70 Millionen Euro kosten und vor allem den Durchgangsverkehr abwickeln. Weil die Grottenau aber auch viel Verkehr mit dem Ziel Innenstadt aufnehme, würde eine Umgehungsstraße wenig bringen.
Dirk Wurm (SPD) will eine Verkehrsreduktion, keine -verlagerung
Auch Ordnungsreferent und SPD-OB-Kandidat Dirk Wurm hält die Überlegungen des „Forums Augsburg lebenswert“ grundsätzlich für richtig. „Ich bin der Meinung, dass wir im neuen Jahrzehnt Verkehrsachsen, die unsere Stadt zerschneiden, zurückbauen müssen, wenn wir mehr Lebensqualität und ein verändertes Mobilitätsverhalten erreichen wollen“, so Wurm. Allerdings werde man untersuchen müssen, ob eine Verschmälerung der Straße nicht eine reine Verkehrsverlagerung zur Folge haben werde. Wurm will für den Fall des Baus einer Straßenbahn in die Hammerschmiede prüfen lassen, ob dort zusätzliche Park-and-ride-Plätze gebaut werden können, um eine Reduzierung des Autoverkehrs zu erreichen. Ebenfalls würde Wurm prüfen lassen wollen, ob nicht auch Karolinenstraße, Perlachberg und Obstmarkt zur Fußgängerzone werden könnten.
Martina Wild (Grüne) hält eine Begrünung der Achse für überfällig
Grünen-Fraktionsvorsitzende und OB-Kandidatin Martina Wild sagt, es gebe hinsichtlich der Ost-West-Achse „dringenden Handlungsbedarf“. Die Karlstraße sei ein Brennpunkt hinsichtlich Lärmbelastung und Luftqualität. „Wir müssen weg von der autogerechten Stadt“, so Wild. Eine Begrünung der Karlstraße werde in heißen Sommern auch zu einer Abkühlung des Straßenzuges führen. „Die Achse dürfte zu den Hitzeschwerpunkten in der Innenstadt gehören“, so Wild. Der Klimawandel werde diese Situation noch verschärfen. Über bestimmte Punkte, etwa ob die Straßenbahn in Seiten- oder Mittellage fahren könne, müsse man diskutieren. „Wir stehen ganz am Anfang, aber die Idee geht klar in die richtige Richtung“, so Wild. Vor einigen Jahren wäre die Idee möglicherweise schnell in der Versenkung verschwunden. „Jetzt reden wir alle darüber, und das begrüße ich.“
Reicht die Straßenbreite überhaupt für die Überlegungen aus?
Auch bei Baureferent Gerd Merkle (CSU) wird das Forum demnächst seine Überlegungen vorstellen. Ein Thema dürfte dabei der Platz in der Straße sein. Die Breite von Hauswand zu Hauswand variiert im Straßenverlauf um mehrere Meter. Für zwei Autospuren mit einem separaten Gleiskörper für die Straßenbahn und breiteren Radwegen als heute sowie ausreichend breiten Fußwegen könnte es stellenweise wohl eng werden, so Merkle.
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