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Augsburg: Wenig Umsatz, viele Umstände: Neustart für Augsburgs Geschäfte ist mühsam

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Wenig Umsatz, viele Umstände: Neustart für Augsburgs Geschäfte ist mühsam

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    Nicola Ressel führt einen Laden in der Augsburger Altstadt. Sie klagt über die kurze Verweildauer vieler Kunden, die oft nur das Nötigste kaufen wollen.
    Nicola Ressel führt einen Laden in der Augsburger Altstadt. Sie klagt über die kurze Verweildauer vieler Kunden, die oft nur das Nötigste kaufen wollen. Foto: Ulrich Wagner

    Die Zeit, in denen die Augsburger Innenstadt wegen der geschlossenen Geschäfte wie eine Geisterstadt wirkte, sind vorbei. Die Straßen und auch die City-Galerie füllen sich wieder mit Leben, die Geschäfte haben fast alle wieder geöffnet, vereinzelt kommen die Kunden zurück. Und doch ist nichts, wie es war.

    In den Schaufenstern begrüßen die Händler ihre Kunden mit teils kreativen Plakaten. „Willkommen zurück, Schatzsucher“ leuchtet es beispielsweise bei TK Maxx, einem Modehaus für Schnäppchen-Angebote, heraus. „Happy to be Bag“, titelt Koffer-Kopf mit einem Wortspiel, das auf den Verkauf von Taschen (englisch: Bag) anspielt, gelesen aber auch so viel wie „Glücklich, zurück zu sein“ heißen kann.

    Wer derzeit Bummeln gehen will, muss viele Regeln beachten. Nicht nur für Kunden ist das eine Herausforderung.
    Wer derzeit Bummeln gehen will, muss viele Regeln beachten. Nicht nur für Kunden ist das eine Herausforderung. Foto: Ulrich Wagner

    Vor vielen Augsburger Geschäften müssen Kunden anstehen

    Viele Kunden erzählen, sie fühlten sich durch die Aktionen herzlich aufgenommen und freuten sich über das Engagement der Händler. Dafür lesen sie auch gerne sehr intensiv weitere Plakate, auf denen die Höchstzahl an Kunden angegeben ist, die in den Laden dürfen, hinzu kommen die Hinweise zum Tragen eines Mundschutzes und den Aushang zu den Hygieneregeln. Die Kunden stellen sich sogar geduldig an, wenn gerade Einlassstopp ist, und nutzen zur Orientierung die Markierungen am Boden. So wie Karin und Kathrin Hinze aus Landsberg: „Anstehen gehört jetzt halt dazu“, nehmen es Mutter und Tochter gelassen. Weil der gebuchte Urlaub flachfällt, gönnen sie sich jetzt einen schönen Shopping-Tag in Augsburg.

    „Wir sind überrascht, wie gut es läuft“, sagt Ulrich Mayer, erster Vorsitzender des Innenstadtgewerbebeirats und Geschäftsführer des Tabakwaren- und Spirituosen-Ladens No.7 in der Steingasse. Die Kunden seien sehr diszipliniert und kooperativ. „Wir hatten noch mit keinem Streit, weil er mit den neuen Regeln nicht einverstanden ist“, erzählt Mayer. Ähnliches berichtet Axel Haug, Centermanager der City-Galerie, und zollt den Kunden dafür Respekt.

    Einige Ladenbesitzer mussten wegen der Corona-Regeln umbauen

    Die Anstrengungen, die die Händler für den Neustart leisten müssen, sind jedoch enorm. Um geltende rechtliche Vorgaben einhalten zu können, mussten manche Ladenbesitzer umbauen. Auch bei No.7 war das so. Unter anderem mussten Verkaufstische durch schmale Regale ersetzt werden. Und weil es auch rund um die Kassen zu eng für den Mindestabstand war, wurden diese kurzerhand versetzt – dafür die Stromkabel aus der Decke geholt und am Boden verlegt. Die Zahl der im Laden befindlichen Kunden zählen die No.7-Mitarbeiter selbst. In anderen Häusern wird stattdessen ein Einkaufskorb oder eine Marke ausgegeben, um den Überblick zu behalten. In der City-Galerie registrieren Sensoren, wann die Grenze der maximal 1225 zugelassenen Kunden erreicht ist.

    Schlange stehen vor den Geschäften, zurzeit ein häufiger Anblick.
    Schlange stehen vor den Geschäften, zurzeit ein häufiger Anblick. Foto: Ulrich Wagner

    „All diese Maßnahmen sind aufwendig und kosten Geld“, sagt Ulrich Mayer. Unter anderem auch, weil Schulungen für Mitarbeiter und das Vorhalten von Desinfektionsmitteln und Ähnlichem nötig sind. Mehrere tausend Euro könnten da je nach Ladengröße und Konzept schon zusammenkommen, schätzt er.

    Geld, dass den Einzelhändlern derzeit eigentlich fehlt. Denn trotz der Ladenöffnungen ist man von einer normalen Kundenfrequenz weit entfernt. Noch halten sich einige mit einem richtigen Stadtbummel zurück. „Klamotten probieren mit Maske, das macht keinen Spaß“, erzählt beispielsweise Rebecca Schröder. Auch Kathrin Seefelder fühlt sich „beengt“ und kauft daher in der City-Galerie nur, was nötig ist.

    Dass bei der Kundenfrequenz noch Luft nach oben ist, weiß auch Ulrich Mayer: „Vergangenen Samstag hatten wir etwa 55 Prozent vom sonst üblichen Umsatz. Damit sind wir in etwa bei der gleichen Ertragssituation wie vor dem Lockdown. Denn nun fallen wieder mehr Kosten für Mitarbeiter und andere Dinge an“, erklärt der Geschäftsmann. Verdienen würde man aktuell noch nicht.

    Händler freuen sich über Lockerungen, auch wenn der Umsatz dürftig ist

    Dennoch sind die Händler froh, dass sie wieder öffnen dürfen. Das bestätigt auch Marcus Vorwohlt vom Modehaus Rübsamen. Auch hier sei die maximal zulässige Kundenzahl bislang zwar noch an keinem Tag erreicht worden, aber man setze auf den Faktor Zeit: „Wir merken mit jedem Tag, dass die Kunden wieder länger bleiben und nicht mehr ausschließlich nach Bedarf kaufen, sondern auch andere Artikel in Betracht ziehen.“

    Mit Schildern weisen Geschäfte ihre Kunden auf die Regeln hin.
    Mit Schildern weisen Geschäfte ihre Kunden auf die Regeln hin. Foto: Ulrich Wagner

    Doch ganz von allein wird es nicht gehen, dass die Zahl der Besucher steigt. Deshalb arbeiten die Händler und der Innenstadtgewerbebeirat (IGB) an Ideen für die Wiederbelebung. Während der Bayerische Einzelhandelsverband verkaufsoffene Sonntage fordert, wollen die Händler in Augsburg ein breiter aufgestelltes Konzept. „Ich bin für alles, was gemäß der Hygieneregeln umsetzbar ist und Leute in die Stadt zieht“, formuliert es Marcus Vorwohlt. IGB-Vorsitzender Ulrich Mayer stößt ins gleiche Horn: „Wir müssen uns ein Konzept für eine Willkommenskultur überlegen.“ Auch die Öffnung der Außengastronomie könnte einen Schub geben. Denn eins sei klar: Auf Dauer halten die Geschäfte die herrschenden Zustände nicht durch. „Wie sollen beispielsweise Boutiquen in der Altstadt, die nur ein oder zwei Kunden hereinlassen dürfen, auf Umsatz kommen?“, fragt Mayer.

    Doch das allein sieht Nicola Ressel vom Lädchen Kadoh in der Altstadt gar nicht als das größte Problem. Schon bisher seien die Altstadtgeschäfte nicht von Kunden überrannt worden. „Viel schlimmer ist es, dass Besucher im Kopf haben, ihren Aufenthalt möglichst kurz zu halten. Aber wir sind ein Krimskrams-Laden. Wir leben davon, dass Kunden in Ruhe stöbern“, sagt sie.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Regeln für geöffnete Läden: So streng wie nötig, so flexibel wie möglich

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