Sam Stallforth ist Koch und liebt seinen Beruf. Nicola Jensch wäre als Kosmetikerin gerne wieder für ihre Kunden da. Und Paula Tausch hat den Beruf der Verkäuferin von der Pike auf in einer Augsburger Tankstelle gelernt. Gemeinsam haben diese drei sehr unterschiedlichen Menschen, dass die Corona-Pandemie ihr Berufsleben gründlich durcheinandergewirbelt hat - und dass sie jetzt als Kollegen im Augsburger Impfzentrum arbeiten.
Wenn von einem Ende des Lockdowns und Lockerungen in Gastronomie und Handel die Rede ist, dann kommt recht schnell die Sprache auf die Mitarbeiter, die an allen Ecken und Enden fehlen. Teils, weil die Unternehmen sie nicht mehr bezahlen konnten und sie deshalb gehen lassen mussten, teils, weil den Mitarbeitern während des monatelangen Nichtstuns in Kurzarbeit die Decke auf den Kopf fiel und sie sich eine neue Tätigkeit gesucht haben. Mehr als 300 sind bei Bäuerle-Ambulanz untergekommen - sei es im Impfzentrum oder einem der Testzentren des Unternehmens, das die Stadt Augsburg in der Bekämpfung der Pandemie unterstützt.
Sam Stallforth sitzt an der Anmeldung des Impfzentrums in Haunstetten, begrüßt die Menschen und erklärt ihnen, wo sie sich hinwenden müssten. "Die Tätigkeit ist abwechslungsreich und macht mir großen Spaß", sagt er. "Ich bin gern unter Leuten." Nicht allein die besseren Arbeitszeiten machen für ihn die Rückkehr in seinen alten Job extrem unwahrscheinlich. "Ich möchte mir etwas Eigenes aufbauen und plane gerade meine Selbständigkeit in der Erlebnis- und Wildnisgastronomie", erzählt der 26-Jährige.
Mitarbeiter in Augsburg wechseln aus der Gastroküche an die Rezeption
Zuletzt hat Sam Stallforth im Thorbräu-Keller in Augsburg gekocht. Gerade einen Monat lang war er in der Gaststätte beschäftigt, als ihn der erste Lockdown in die Kurzarbeit zwang. "Das war blöd, aber den Sommer über ging es ja wieder aufwärts, und mir hat auch diese Arbeit Spaß gemacht." Dann kam der zweite Lockdown und im Februar die Entlassung.
Nicola Jensch hat in Oberhausen, nahe dem Bahnhof, das Kosmetikstudio Nails & Body. "Nach dem ersten Lockdown kamen nur noch die Hälfte der Kunden zurück." Während des zweiten Lockdowns hielt sie es zu Hause einfach nicht mehr aus. "Ich saß während jeder Pressekonferenz von Söder vor dem Fernseher - und dann durften wir wieder nicht öffnen." Zukunftsangst und die Sehnsucht nach Menschen brachten sie zu Bäuerle, wo sie seit Februar Rollstuhlfahrern hilft und mit dem Golf-Caddy gehbehinderte Menschen übers Gelände fährt. "Es ist schön, mit alten Menschen zu arbeiten und sie zu unterstützen", findet Nicola Jensch.
Auch, als sie ihr Geschäft wieder öffnen durfte, arbeitet sie stundenweise im Impfzentrum. "Die Kunden kommen erst sehr zögerlich wieder, und ich bin froh, ein zweites Standbein zu haben."
In ihre Arbeit als Tankstellenverkäuferin möchte Paula Tausch nie mehr zurück. Die 23-Jährige hat die Chance bei Bäuerle ergriffen und organisiert jetzt als Teamleiterin die mobilen Impfteams. "Ich betreue die Heime, bin vorab dort und schaue mir die Örtlichkeiten an und organisiere, wie die Teams eingesetzt werden." Der Schritt in eine völlig andere Tätigkeit sei nicht einfach gewesen - aber habe sich gelohnt. "Ich habe gerade unfassbar viel Arbeit - aber der Job ist jeden Tag anders. Ich komme schon immer gut mit Menschen zurecht - und versuche die Tätigkeit entspannt anzugehen." Auch wenn irgendwann die Arbeit der Impfteams getan ist, hofft Paula Tausch, weiterhin einen Platz im Bäuerle-Team zu haben.
Ehemalige Chefs sorgen sich, wie es nach Corona ohne Mitarbeiter weitergehen solle
Was für viele der Angestellten ein Glück sein mag, erfülle ihre ehemaligen Chefs mit großer Sorge, sagt beispielsweise der Geschäftsführer des Augsburger Hotels Alpenhof, Alexander Schön. Denn schon vor Corona sei die Personalsituation in der Gastronomie angespannt gewesen. "Es wird schwierig werden, die gewohnte Qualität für unsere Gäste zu bieten, wenn das Personal fehlt", befürchtet er. Vor allem Köche seien jetzt kaum mehr zu finden. Obwohl im Alpenhof während der Krise niemand entlassen wurde, sei das Personal abgeschmolzen, weil einige die Branche gewechselt haben. "Die Gäste erwarten zu Recht den gewohnten Service - das erste halbe bis Dreivierteljahr nach der Öffnung werden wir diesen nicht bieten können", glaubt der Hotelier.
Wie trifft die Corona-Krise die Gastronomie? Hören Sie sich dazu unseren Podcast von Juni 2020 aus der Reihe "Augsburg, meine Stadt" an:
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