Visionen für die Zukunft gibt es beim Waschanlagenbauer Washtec in Augsburg einige. Jüngst hatte man dort während einer Veranstaltung mit Studenten überlegt, ob autonom fahrende Autos sich irgendwann einmal auch selbständig auf den Weg in die Waschanlage machen. Vielleicht nachts, wenn der Besitzer sein Fahrzeug ohnehin nicht braucht. Schon schlossen sich weitere Gedankengänge an: Muss die Fahrt durch die Waschstraße dann überhaupt noch ein Erlebnis sein, so wie es heute mit Lichttechnik und buntem Schaum geboten wird? Denn der eigentliche Kunde liegt schließlich im Bett während sich sein Auto wäscht und bekommt von all dem überhaupt nichts mit. Und was bedeuten solche Überlegungen nun für den Waschanlagenbauer Washtec?
Vernetzte Waschanlagen und digitale Geschäftsmodelle
"Das ist natürlich sehr, sehr weit in die Zukunft gedacht und tatsächlich nur ein Gedankenspiel", sagt Vorstandsvorsitzender Ralf Koeppe, auch wenn die Digitalisierung und das Durchdenken von Zukunftsszenarien bei Washtec wichtige Faktoren sind. Seit fünf Jahren bereits sind die Maschinen aus Augsburg in der Cloud, also virtuell vernetzt. Der Zugriff ist von überall auf der Welt möglich und erleichtert so unter anderem Serviceeinsätze. Das Unternehmen hat sich zudem ein digitales Leitbild gegeben und hierfür die bestehenden Strukturen im Unternehmen durch hierarchieübergreifende Teams ersetzt. So soll der Transformationsprozess weg vom reinen Maschinenbauer - wie er sich vor 135 Jahren noch unter dem Namen Kleindienst gegründet hat - hin zu einem modernen und digitalen Maschinenbauunternehmen gelingen..
Dabei geht es Ralf Koeppe, der seit Mitte 2019 an Bord ist, und seinem Team nicht nur um den Einzug der Digitalisierung in den Maschinen- und Anlagenbau, sondern auch um digitale Geschäftsmodelle und Plattformen. Dazu gehört unter anderem die "Easy car wash"- App, mittels der der Endkunde seine Autowäsche schon jetzt online buchen und kontaktlos bezahlen kann.
Die Washtec AG
In Augsburg ist die automatische Autowäsche von der 1885 gegründeten Kleindienst GmbH erfunden worden – einem Maschinenbauer, der ursprünglich Großwäschereien belieferte. 1962 wurde hier die erste Autowaschanlage gebaut.
Die Washtec AG ging durch mehrere Fusionen aus Kleindienst hervor. Sie ist einer der Weltmarktführer für Autowaschanlagen.
Der Gesamtumsatz lag 2021 bei 430,5 Millionen Euro, die bereinigte Ebit-Rendite bei 10 Prozent.
Washtec ist mit Tochterfirmen in ganz Europa, in Nordamerika und Asien tätig. Insgesamt ist man mit rund 1700 Mitarbeitern in über 80 Ländern der Erde präsent.
Vergangene Woche war Washtec zudem Partner der Ideation Week, einer Veranstaltung, bei der sich 25 Studierende der Universitäten Bayreuth und Augsburg sowie der Hochschule Augsburg aus verschiedenen Perspektiven heraus mit der digitalen Zukunft der Autowäsche beschäftigt haben. "Es braucht mehr Differenzierung, als nur ein Spezialmaschinenbauer zu sein. Digitale Elemente werden zunehmen die einzige Möglichkeit, sich von Mitbewerbern abzuheben", ist Anna-Maria Oberländer, Habilitandin der Universität Bayreuth und Leiterin der Digitalen Innovationswerkstatt der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, überzeugt. Sie hat gemeinsam mit Christoph Buck, dem Initiator der Ideation Week an der Universität Bayreuth das Projekt begleitet.
Für Ralf Koeppe eine spannende Zusammenarbeit mit vielen Erkenntnissen: "Die Ideen der Studenten reichten von Vorschlägen für die noch stärkere Individualisierung der Autowäsche bis hin zu Konzepten, die dem Autofahrer noch mehr Sicherheitsgefühl beim Durchfahren der Waschstraßen geben." Konkrete Projekte, die auch umgesetzt werden sollen, will das Unternehmen bald vorstellen. Aus Sicht der Unternehmensleitung erweitert die Digitalisierung die Möglichkeiten für den Kunden und erhöht im Idealfall die Umsatzzahlen für Washtec.
Geschäftszahlen von Washtec leiden unter der Corona-Krise
Im zurückliegenden Geschäftsjahr litten diese, wie bei vielen Unternehmen, nämlich unter der Corona-Krise. Der Umsatz sank von 436 Millionen Euro in 2019 auf 379 Millionen Euro im Corona-Jahr 2020. Der Ebit, also der Gewinn vor Steuern und Zinsen, ging um rund 16 Millionen Euro auf etwa 20 Millionen Euro zurück. Im Rekordjahr 2018 lag der Ebit von Waschtec noch bei knapp 52 Millionen Euro. "Das sind keine Zahlen, die uns jubeln lassen, aber angesichts der Umstände sind wir mit diesem Ergebnis zufrieden", so Ralf Koeppe. Mit einer bereinigten Ebit-Rendite von 6,8 Prozent (2019: 8,8 Prozent) könne man leben.
Nun ginge es darum, die Zeit nach der Krise für den Aufschwung zu nutzen. Dabei sollen nicht nur zuletzt entwickelte digitale Maschinen und Geschäftsmodelle dem Unternehmen einen Schub verleihen, sondern auch am straffen Kostenmanagement festgehalten werden. 2019 hatte sich das Unternehmen einen Sparkurs verordnet und auch Personal abgebaut. "Das ist abgeschlossen, wir werden uns aber bei jeder frei werdenden Stelle genau überlegen, ob wir sie wieder besetzen wollen", ist Koeppe ehrlich.
Für das Gesamtjahr 2021 und vor dem Hintergrund einer anhaltenden Pandemie bedingten Wirtschaftskrise geht man bei Washtec von einer stabilen Umsatzentwicklung bei einem deutlichen Anstieg des EBIT aus. Mittelfristig will der Augsburger Waschanlagenbauer wieder eine zweistellige Ebit-Redite erzielen.
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