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Augsburg: Was steckt hinter den Messerstichen vor einer Augsburger Bar?

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Was steckt hinter den Messerstichen vor einer Augsburger Bar?

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    Ein junger Mann wurde bei einem Überfall durch ein Messer verletzt und musste im Uniklinikum operiert werden.
    Ein junger Mann wurde bei einem Überfall durch ein Messer verletzt und musste im Uniklinikum operiert werden.

    Es sollte ein fröhlicher, entspannter Abend werden – doch er endete ganz anders. Mit Messerstichen und Verletzungen. Am 7. April, gegen ein Uhr in der Früh, beschloss eine private Geburtstagsrunde, noch zu einem Klub in der nördlichen Innenstadt zu ziehen. Sie waren zu acht: Drei deutsche Frauen, zwei von ihnen mit ihren afghanischen Partnern, zwei weitere Afghanen und ein Franzose. Die jungen Leute berichten, sie seien von einer Männergruppe – mutmaßlich Rocker – attackiert und dabei teils schwer verletzt worden.

    Unsere Redaktion hatte die Gelegenheit, mit zwei der Afghanen und einer der drei jungen Frauen zu sprechen. Sie möchten ihre wahren Namen nicht veröffentlichen, daher nennen wir sie Murid, Jawad und Sophia. Murid ist nach dem Angriff von etwa 15 Männern auf die Geburtstagsgruppe am frühen Sonntagmorgen mit zwei Messerstichen und einer Kopfwunde vom Rettungsdienst in die Notaufnahme gefahren worden. Die Ärzte, die ihn operierten, sagten, er hätte Glück gehabt, berichtet er.

    Rassistisch motiviert?

    Murid, sein Freund Jawad, der ebenfalls verletzt wurde, und Sophia vermuten, dass der Überfall im Eingangsbereich des Klubs rassistisch motiviert war. Das Messer verfehlte knapp die Leber. Erst nach fünf Tagen konnte Murid das Krankenhaus wieder verlassen. Eine fünf Zentimeter lange Narbe zieht sich seitlich über den Bauch. Sein Arbeitgeber, bei dem er erst seit sechs Wochen angestellt war, hat ihm in der Zeit eine Kündigung geschickt. Murids Gesicht ist auch zehn Tage nach der Tat noch blau verfärbt. Nachts, erzählt er, schrecke er auf, habe Albträume.

    Schon im Klub selbst hatten die Zeichen auf Ärger gestanden. Ein wohl angetrunkener Mann hatte die drei Frauen aus der Runde über einen längeren Zeitraum belästigt. „Es war total eklig, er tanzte uns dauernd von hinten an, berührte uns, sogar an Busen und Po. Und er hörte nicht auf“, berichtet Sophia, die in München Pädagogik studiert. Ihr Freund Jawad, der seit 2013 in Augsburg lebt und als Bürokaufmann im Öffentlichen Dienst arbeitet, versuchte gemeinsam mit den anderen, den Mann zur Raison zu bringen. Schließlich meldeten sie ihn den Klub-Verantwortlichen und der Mann musste das Lokal verlassen.

    Gezogen und geschlagen

    „Wir standen dann einen Moment draußen. Sophia und ich hatten schon beschlossen, nach Hause zu gehen“, erzählt Jawad. Der aus dem Klub verwiesene Mann diskutierte mit dem Türsteher, weil er wieder rein wollte. „In dem Moment kommt eine Gruppe von zwölf bis 15 Männern, begrüßt den Türsteher. Es wirkte sofort bedrohlich“, sagt der 27-Jährige. Er beobachtete, dass die Männer und der Security-Mann sich offenbar kannten. „Auch dass sie ihre drei Autos ganz geordnet beim Patrizia-Gebäude abgestellt hatten, wirkte wie abgesprochen“, sagt Jawad. Murid stand ebenfalls im Eingang. Er sagt, er habe sich vorgebeugt, um zu sehen, was passierte. Einer der Männer sei auf ihn zugegangen und habe gefragt: „Hast du ein Problem?“. Er habe ihn dabei gegen die Brust gestoßen. Jawad sagt, er sei auf sie zugegangen, um die Situation zu beruhigen. Doch er sei von zwei anderen Männern nach hinten gezogen und geschlagen worden. „Es war eng in dem Eingang, ich habe dann einen meiner Angreifer dicht an mich gedrückt festgehalten, um mich mit seinem Körper vor den Schlägen der anderen zu schützen“, so Jawad.

    Die anderen hätten, berichtet Murid, derweil auf ihn eingeschlagen. Leise zählt er auf: Beine, Rücken, Gesicht. Eine Bierflasche habe seinen Kopf getroffen. Als er versucht habe, einen der Männer festzuhalten, sei offensichtlich das Messer ins Spiel gekommen. „Etwas Kaltes traf von hinten mit Wucht meine rechte Bauchseite. Zwei Mal. Es tat sofort höllisch weh“, erzählt er. Das Messer selbst sah er nicht. Die 20-jährige Sophia stand in dem Tumult und bat, wie sie sagt, den Türsteher einzuschreiten. Doch er habe geantwortet: „Der hat angefangen.“ Murid erzählt, auch der Security-Mann habe auf ihn eingetreten.

    Die Täter flohen

    Jawad konnte sich in der Zwischenzeit befreien. Er sei in Richtung Theater gelaufen, sagt er, in den Aufzeichnungsbereich einer Videokamera, die er an der Kreuzung entdeckt habe. Drei Männer hätten ihn verfolgt. Auch Sophia lief besorgt hinter ihm her. Unter der Kamera rief er die Polizei und bemerkte, wie während des Telefonats seine Verfolger abdrehten, mit dem Rest der Angreifer-Gruppe über die Grottenaustraße rannten. Dort stiegen die rund 15 Männer in drei Autos ein. Geistesgegenwärtig nahm er sein Handy und fotografierte die Autos. Die Kennzeichen erwischte er nicht. „Sie sahen aus wie Familienautos, nichts Besonderes“, erinnert sich Sophia. Dann kam die

    Die drei vermuten, Opfer einer rechtsextremen, ausländerfeindlichen Gewalttat geworden zu sein und hoffen, dass die Schuldigen gefunden werden. Die Polizei prüft einen Verdacht gegen Rocker. Denn Zeugen haben gesehen, dass Männer Kutten anhatten, wie sie von Angehörigen von Rockergruppen getragen werden. Auch wenn Murid Albträume hat – das Feiern in der Stadt wollen er und seine Clique sich nicht nehmen lassen. „Wir wollen, dass die Polizei die Täter findet“, sagt Jawad.

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