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Augsburg: Warum die Stadt Augsburg viele Bordellwohnungen duldet

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Warum die Stadt Augsburg viele Bordellwohnungen duldet

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    Viele Prostituierte bieten ihre Dienste in Augsburg in ihrer Privatwohnung an. (Symbolbild)
    Viele Prostituierte bieten ihre Dienste in Augsburg in ihrer Privatwohnung an. (Symbolbild) Foto: Boris Roessler dpa

    Auf dem Klingelschild an der Haustüre steht kein Name, nur der Hinweis „Privat“. Im Treppenhaus des Gebäudes nahe der Ulmer Straße in Oberhausen riecht es nach Mittagessen. Ein Kinderwagen steht im Eingangsbereich. Hinter einer der Wohnungstüren arbeitet eine Frau, die sich Vanessa nennt.

    Auf einer einschlägigen Werbeseite im Internet steht, die 25-Jährige sei „tabulos“. In der Anzeige steht nur eine Handynummer. Die Adresse der Prostituierten erfährt der Freier nur, wenn er anruft und einen Termin vereinbart. Es soll alles möglichst diskret ablaufen.

    Prostituierte leben Tür an Tür mit Familien

    Nach Einschätzung der Polizei gibt es rund 90 Wohnungen in der Stadt, in denen das Geschäft mit Sex so oder ähnlich abläuft. Oft befinden sich die Bordellwohnungen in normalen Mehrfamilienhäusern. Mitunter wohnen Familien Tür an Tür mit Prostituierten, die Freier empfangen.

    Die Stadt ist relativ machtlos dagegen – obwohl eine Bordellnutzung in Wohngebieten nicht erlaubt ist. „Wenn wir Hinweise oder Beschwerden bekommen, gehen wir diesen nach und reagieren auch“, sagt Baujuristin Carolin Rößler-Schick. Die Erfahrung zeige allerdings: Wenn eine Bordellwohnung von der Stadt zwangsweise geschlossen wird, öffnet an anderer Stelle eine neues Wohnungsbordell.

    Frauen müssen teils unter unwürdigen Bedingungen arbeiten

    Widerstand gegen die Wohnungsbordelle kommt nicht nur von Nachbarn, die sich daran stören. Auch die Betreiber offizieller Bordelle machen seit Jahren Druck. Ein Bordellbesitzer sagt: „Wir haben strenge Auflagen durch die Behörden und deshalb entsprechend hohe Kosten.“ In den nicht genehmigten Wohnungsbordellen dagegen würden die Frauen teils unter unwürdigen Zuständen zu Niedrigpreisen arbeiten.

    Er fordert ein Einschreiten von Stadt und Polizei – auch zum Schutz der dort arbeitenden Frauen. Im Rotlichtmilieu ist auch die Rede davon, dass Rockergruppen das Geschäft in verschiedenen Bordellwohnungen kontrollieren. Augsburg und seine Bordelle

    Es gibt rund 90 Wohnungsbordelle in Augsburg

    Bei der Kriminalpolizei sieht man die Bordellwohnungen nicht ganz so kritisch. „Wir registrieren Kriminalität sowohl in den Bordellwohnungen wie auch in den großen Häusern“, sagt Helmut Sporer, der Leiter des Kommissariats 1. Den Verdacht, die Beamte der Sitte würde nur die offiziellen Bordelle kontrollieren, weist er zurück.

    „Wir schauen uns mindestens in gleichem Umfang auch in den Wohnungsbordellen um.“ Sporer geht davon aus, dass die Zahl der Bordellwohnungen zuletzt gesunken ist. Von rund 130 Wohnungen vor einigen Jahren auf jetzt noch um die 90.

    Eine Erklärung dafür hat Helmut Sporer nicht. Im Milieu hört man die Klage, dass das Geschäft schon seit Monaten einen Abschwung erlebe. Auch deshalb versuchen Konkurrenten wohl verstärkt, sich gegenseitig in die Suppe zu spucken. Immer wieder finden Anwohner, die in der Nähe von Wohnungsbordellen leben, Flugblätter in ihren Briefkästen. Darin warnt ein anonyme Absender Eltern, sie sollten ihre Kinder vor den Freiern schützen. Hinter solchen Flugblättern stecke in vielen Fällen die Konkurrenz, vermutet man bei der Polizei.

    Hinweise eines Konkurrenten aus dem Rotlichtmilieu waren es offenbar auch, die dafür sorgten, dass die Stadt nur Bordellwohnungen in den Riedinger Straße überprüft. Dort wird ein großes Gebäude bereits seit Jahren überwiegend von Prostituierten genutzt. Über 20 Frauen arbeiten dort – offensichtlich ohne die nötige Genehmigung als Bordellbetrieb. „Wir haben den Hinweis erhalten, dass es sich hier um unzulässige Wohnungsprostitution handle“, sagt Baujuristin Carolin Rößler-Schick.

    „Der Betreiber wurde aufgefordert, Genehmigungsunterlagen unter Darstellung der Nutzung einzureichen.“ Das bedeutet allerdings nicht, dass die Bordellwohnungen demnächst schließen müssen. Bei der Stadt hält man es für möglich, dass ein Bordellbetrieb an dieser Stelle zulässig ist und nachträglich genehmigt werden kann.

    Stadt will weitere Großbordelle verhindern

    In anderen Stadtteilen ist in den Augen der Stadtverwaltung dagegen das Maß voll – zumindest was die größeren Bordelle angeht. In Lechhausen will ein Investor in der Steinernen Furt ein Großbordell mit 50 Zimmern eröffnen. Zudem plant der Besitzer eines Bordells in der Zusamstraße eine Erweiterung seines Hauses in einer ähnlichen Dimension. In beiden Fällen will die Stadt das verhindern – die Verfahren laufen aber noch.

    Augsburg und seine Bordelle 

    Duldung von nicht genehmigten Bordellwohnungen ist ein falsches Signal 

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