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Augsburg: Warum das Augsburger Stadtleben nicht am Lech spielt

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Warum das Augsburger Stadtleben nicht am Lech spielt

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    Der Blick aus der Luft auf den Lech zeigt: Rechts des Flusses hat sich überwiegend Industrie angesiedelt. Links ist die einstige Arbeitersiedlung Lechhausen zu sehen, wo am Ufer neben der Brücke der Flößerpark entsteht.
    Der Blick aus der Luft auf den Lech zeigt: Rechts des Flusses hat sich überwiegend Industrie angesiedelt. Links ist die einstige Arbeitersiedlung Lechhausen zu sehen, wo am Ufer neben der Brücke der Flößerpark entsteht. Foto: Ulrich Wagner

    Städte, die an Flüssen liegen, sind in der Regel besonders schön. Man denke nur an Landsberg, wo sich mitten in der Altstadt Cafés, Biergärten und sogar ein Schwimmbad mit eigenem Kiesstrand am Lech entlang reihen. Der Fluss ist hier das Zentrum des Lebens. Diese Aufenthaltsqualität, die auch andere Städte an ihren Flüssen bieten, gibt es in Augsburg in dieser Form nicht. Das hat verschiedene Gründe.

    Edgar Mathe ist gebürtiger Lechhauser und hat 50 Jahre lang in dem Stadtteil gelebt. Er weiß, wie wild der Fluss früher war, als die Wassermengen noch nicht so reguliert wurden, wie heute. Mathe kennt einige Familien aus Lechhausen, die damals einen Angehörigen im Lech verloren haben. „Auch mein Onkel Simon ist 1937 beim Baden ertrunken. Er war 17 und geriet in einen Strudel.“ Es war die Wildheit des Lechs, die die Augsburger einst davon abhielt, sich in der Nähe des reißenden Flusses anzusiedeln. Das weiß auch Simone Winter vom Wasserwirtschaftsamt Donauwörth, die für das Projekt „Licca liber“ zuständig ist. Hierbei sollen die Ökosysteme in und am Lech gestärkt, der Hochwasserschutz verbessert sowie Erholungsräume für die Bürger geschaffen werden.

    Die Menschen hatten früher Angst vor dem reißenden Lech

    „Der Lech war früher ein ungebändigter Fluss, der oft Hochwasser führte“, berichtet Winter. „Er war für die Menschen eher eine Gefahr. Man wollte zu ihm Abstand halten.“ Früher – das war 1910. Das Jahr, in dem es ein verheerendes Hochwasser gab. Danach wurde der Fluss begradigt, erzählt Winter. Dämme wurden gebaut. Das war die Zeit, in der sich die Industrie an dem Fluss ansiedelte, um die Wasserkraft für sich zu nutzen. Die MAN etwa und die Textilindustrie. Der Lech als Ort der Entspannung und Erholung stand zu dieser Zeit nicht im Fokus. Die Aufenthaltsqualität am Lech habe in Augsburg keine Rolle gespielt, bestätigt Stadtarchäologe Sebastian Gairhos. In München hingegen sei das anders gewesen.

    So sieht Landsberg im Vergleich von oben aus.
    So sieht Landsberg im Vergleich von oben aus. Foto: Ulrich Wagner

    Dort habe König Maximilian nicht nur den Englischen Garten nahe der Isar anlegen lassen. „Während der König in München schöne Dinge haben wollte wie auch die Pinakotheken, stand Augsburg zu dieser Zeit ganz im Zeichen der Industrialisierung. Die jeweilige Klientel ging eben verschieden mit den Flüssen um.“ Aber es sei auch den natürlichen Umständen geschuldet, warum Augsburg nicht direkt am Lech gewachsen ist. „Das Lechtal ist in Augsburg sehr breit“, erklärt Gairhos. Wegen der drohenden Überschwemmungsgefahr bei Hochwasser habe sich die Kernstadt mit mindestens einem Kilometer Abstand zum Fluss angesiedelt. Im Gegensatz zu Landsberg etwa, wo das Flusstal enger ist und die Stadt sich am Berg entwickelte.

    Erst die Industrie zog an den Lech

    „Erst im 19. Jahrhundert, als man das Hochwasser durch Dämme langsam in den Griff bekam, wurde in Augsburg aufgesiedelt. Da kamen eben die riesigen Industrieviertel hinzu.“ Dadurch sei der Lech, so Gairhos, lange Zeit unattraktiv geblieben. „Wo will man denn an der Berliner Allee etwa schon spazieren gehen“, fragt er. Tourismusdirektor Götz Beck von der Regio Augsburg ist die Einbeziehung des Lechs in das städtische und auch touristische Leben schon seit vielen Jahren ein Anliegen.

    Er habe festgestellt, sagt Beck, dass erfolgreiche Städte ihren Fluss auch leben. „In vielen Städten wurde viel dafür getan. Ich denke da an Düsseldorf und den umgestalteten Hafen.“ Mit dem Lech habe man hier in Augsburg immer noch ein riesiges Defizit. Der Fluss sei kaum wahrnehmbar und stark zugewachsen. Das Projekt „Licca liber“, das eben auch Erholungsräume am Fluss vorsieht, sei laut Beck längst überfällig und angesichts der Bewerbung um den Unesco-Welterbetitel umso wichtiger.

    Ein Blick in die Pläne für das Lokal am Lech.
    Ein Blick in die Pläne für das Lokal am Lech. Foto: Hiendl_schineis Architekten, Au

    Der Flößerpark als ein Schritt in die richtige Richtung

    „Man sieht ja bei der Wertach, wie das Projekt Wertach Vital gelungen ist und wie gut die neu gestalteten Ufer von den Menschen angenommen werden.“ Hier fehlt übrigens noch der letzte Lückenschluss zwischen Ackermann-Wehr und B17-Brücke, der noch umgebaut werden muss. Die Wertach soll an dieser Stelle aufgeweitet und zugänglich gemacht werden. Laut Wasserwirtschaftsamt Donauwörth werde mit einem Ergebnis des derzeitigen Planfeststellungsverfahrens in diesem Jahr gerechnet. Aber zurück zum Lech, der, wie Tourismusdirektor Götz Beck glaubt, inzwischen ganz anders ins Bewusstsein der Menschen gerückt ist.

    „Das zentrale Thema ist, am Lech so eine Aufenthaltsqualität zu schaffen, dass man sich dort hinsetzen kann, dass er einfach erlebbar ist.“ Das Projekt „Flößerpark“ in Lechhausen sei hier ein Schritt in die richtige Richtung. Mit dem Flößerpark will die Stadt seit Jahren das Lechhauser Lechufer aufwerten und den Fluss für die Bevölkerung zugänglicher machen – ähnlich wie es an der Wertach schon geschehen ist. Genau das hat Umberto Freiherr von Beck-Peccoz, Geschäftsführer der Kühbacher Brauerei, gereizt, in das neu geplante Ausflugslokal zu investieren: „Die Zugänglichkeit des Lechs war für mich eine Sache, das ich für das Projekt Flößerpark am interessantesten fand. Da hat Augsburg im Vergleich zu München Nachholbedarf.“

    Lesen Sie dazu auch: Neues Ausflugslokal am Lechufer soll 2020 starten

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