Johann Stecker hilft den Menschen, mit denen es das Leben nicht so gut gemeint hat. Menschen, denen das Geld kaum reicht, um den Alltag zu bewältigen oder die gar obdachlos sind. Vor 20 Jahren hat er den Förderverein Wärmestube SKM Augsburg mit gegründet. 15.000 ehrenamtliche Stunden, sagt Stecker, habe er bereits geleistet. Am Donnerstag wird er 70 Jahre alt. Sein Engagement für die anderen begann nach einem eigenen Schicksalsschlag.
Begeistert erzählt Johann Stecker, den viele einfach Hans nennen, von der Weihnachtsfeier für die Obdachlosen vergangenen Sonntag. Hähnchen und Kartoffelsalat habe es gegeben, später Plätzchen und Kaffee. Die Augsburger Panther hatten kleine Geschenke gestiftet, die unter den rund 170 Gästen verlost wurden. Über solche Momente freut sich Stecker. Er hat einen persönlichen Leitspruch. „Wenn ich nur einem Menschen das Leben erleichtern konnte, dann war mein Tun nicht umsonst.“ Der gebürtige Friedberger musste selbst durch eine schwere Zeit, in der er von seinen Kindern viel Hilfe und Zuspruch bekam. Vielleicht weiß er genau deswegen, was es heißt, wenn einem der Boden unter den Füßen auf einmal weggezogen wird.
Ihnen blieben nur wenige gemeinsame Wochen
Gemeinsam mit seiner Frau führte er in Friedberg das „Gasthaus Stecker“ – 32 Jahre lang. „Bei uns gab es Faschingsbälle, Hochzeiten und Feiern“, erzählt er. Seine Frau und er hätten viel gearbeitet. Tag und Nacht waren sie zusammen. Plötzlich blieben ihnen nach einer Krankheitsdiagnose nur noch wenige gemeinsame Wochen. Dann starb seine Frau. 18 Jahre sind seit ihrem Tod nun vergangen. Hans Stecker erzählt von seiner Frau, als hätte er sie erst gestern noch gesehen. Zwei Jahre nach ihrem Tod gab er das Gasthaus auf. Vorgesorgt war für ihn und die Familie. Das Ehepaar war schließlich fleißig gewesen. Doch die Leere blieb. „Irgendwann dachte ich, es geht so nicht weiter.“ Hans Stecker wollte seinem Leben einen neuen Sinn geben.
Sein Engagement für andere Menschen beginnt 2003, als er als Fahrer für die Tafel unterwegs ist und Lebensmittel für bedürftige Menschen einsammelt. Er arbeitet bei den Johannitern im Büro, hilft bei der katholischen Jugendfürsorge aus. Über die Arbeit bei der Tafel (zum Schluss war er Vorstand) lernt Stecker die Wärmestube des katholischen Verbandes für soziale Dienste (SKM) kennen. „Wir sahen, dass sie in finanziellen Nöten steckte und gründeten den Förderverein“, erzählt er und meint mit „wir“ auch seine Kollegin Ulla Schmid. In die Wärmestube in der Klinkertorstraße kommen im Durchschnitt 100 Menschen am Tag.
Hans Stecker legt großen Wert auf Respekt
Sie ist ein Aufenthaltsort für wohnungslose und bedürftige Frauen und Männer. Dort erhalten sie warme Mahlzeiten, Brotzeiten und Tee. Stecker und der Förderverein versuchen das möglich zu machen, was der SKM finanziell nicht stemmen kann. Als in der Küche der Ofen kaputt ging, wurde über die Firma Rational ein neuer organisiert. Der Verein finanzierte etwa auch den Kältebus, mit dem die Streetworker im Winter in Augsburg unterwegs sind. „Wir stellen die Kontakte zu den Sponsoren her und sind unglaublich dankbar für die vielen Unterstützer“, sagt er. Zu den Förderern zählen Privatleute, Firmen, aber auch Schulen, die Stadt Augsburg und Vereine, wie der FCA. Im Vordergrund stehen für Hans Stecker immer die Bedürftigen.
„Mir liegt es sehr am Herzen, dass sie sich als Menschen fühlen dürfen.“ Das Wichtigste für ihn ist ihnen Respekt entgegen zu bringen. Sogar nach dem Tod. Der Förderverein unterhält drei Obdachlosengräber auf dem Westfriedhof. „Bedürftige sind Menschen, die schon mal bessere Tage gesehen haben. Sie sind ja nicht so geboren.“ Bekommt er mit, dass sich jemand abfällig etwa über Obdachlose äußert, werde er emotional. „Ich rücke ihn dann schon zurecht.“
An seinem 70. Geburtstag am Donnerstag lädt Hans Stecker die Mitarbeiter des Fördervereins zum Essen ein, den Abend will er mit seiner Familie verbringen. Am Freitag gibt er in der Wärmestube den Obdachlosen eine Mahlzeit aus. Dank erwartet sich Stecker keinen. „Dafür macht man kein Ehrenamt“, findet er. Dass er schon 15000 ehrenamtliche Stunden geleistet hat, weiß Stecker so genau, weil er darüber Buch führt. Er zuckt mit den Achseln und lacht. „Das habe ich noch so von der Gasthaus-Zeit in mir drin.“