Zum 20. Juli hat das Modehaus Esprit die Annastraße verlassen. Das Geschäft in der Fußgängerzone wurde aufgegeben und steht nun leer. Wie zu erfahren ist, ging Esprit, obwohl der Mietvertrag noch läuft. Diese Konstellation hindert gegenwärtig den Eigentümer, schnell eine Nachfolgelösung zu präsentieren. Lothar Hummel, Verwalter und Miteigentümer der Ex-Esprit-Flächen, sagt auf Anfrage, dass der Mietvertrag der Modekette noch bis 31. Januar 2020 gilt. Dass die Filiale deutlich früher geschlossen worden sei, habe ihn selbst überrascht und ungewollt für den nun existierenden Leerstand gesorgt: „Weil der Mietvertrag noch läuft, können wir vorerst aber keinen Nachfolger auf die Fläche nehmen. Auch wenn der Leerstand weder für uns als Eigentümer noch für die Einkaufsstraße gut ist.“
Man arbeite mit Hochdruck an einer Lösung, so Hummel, um den Laden zumindest in der Weihnachtszeit übergangsweise bespielen zu können. Generell sei die Suche nach möglichen Nachfolgern schwierig. Vor allem die große Fläche schrecke ab. „Wir überlegen daher, den Laden zu unterteilen. In ein Geschäft mit Ausrichtung zur Annastraße und kleineren Einheiten hin zur Hummelpassage“, sagt Hummel. Hier könnte dann Platz für kleinere Augsburger Einzelhändler sein, die sich derzeit schwertun, passende Flächen in Innenstadtlage zu finden.
Wird aus dem Woolworth-Gebäude ein Hotel?
Gegenüber steht das Woolworth-Gebäude seit neun Jahren. Nachdem der Modehändler Peek & Cloppenburg, dem das Haus gehört, dem Standort vor Kurzem eine Absage erteilt und seinen Verbleib in der Viktoriapassage verkündet hat, kommen immer wieder Gerüchte auf, wonach das Gebäude abgerissen, neu gebaut und vermietet werden soll. Die Rede ist von einem Einzelhandelskonzept im Erdgeschoss. Auch der Einzug eines Hotels gilt als Option. Die von Insidern genannte Hotelkette beantwortet eine Anfrage unserer Redaktion wie folgt: „Wir haben an mehreren deutschen Standorten Interesse, auch an Augsburg. Wir befinden uns aber noch in der Sondierungsphase. Es liegen noch keine abgeschlossenen Verträge vor.“
Es sind diese zwei Leerstände, die das Bild der Fußgängerzone prägen. Wer im Coffee Fellows am Ende der Annastraße (Ecke Steingasse) sitzt und das Geschehen in der Fußgängerzone beobachtet, kann die Folgen sehen: In diesem Abschnitt der Straße herrscht weniger Frequenz als in anderen Bereichen. Der nördliche Teil der Fußgängerzone hat sich zum Sorgenkind entwickelt – und das, obwohl sich dort zuletzt einige Geschäfte angesiedelt haben.
Woran das liegt, haben Händler wie Ralf Augustine, Leiter des Obag-Handtaschenladens, ausgemacht: „Die Leerstände im Woolworth-Gebäude und direkt gegenüber im ehemaligen Esprit-Laden wirken für Passanten, die von Richtung Königsplatz kommen, wie eine Barriere.“ Wer an diesen leeren Geschäften ankomme, sehe wenige Gründe, noch weiterzugehen. Hinzu kommen zwei Großbaustellen vor dem ehemaligen Weißen Hasen sowie einem Gebäude, das derzeit für die VR-Bank und den FCA aufgehübscht wird.
Und so biegen die Menschen laut Augustine Richtung Rathausplatz ab oder drehen einfach wieder um. Dabei habe sich der hintere Teil der Annastraße zuletzt positiv entwickelt. „Es gibt ausreichend Parkmöglichkeiten in nahe gelegenen Parkhäusern, die Rahmenbedingungen passen, Immobilienbesitzer haben modernisiert und die Gebäude schön gemacht“, sagt der Geschäftsmann. Dazu hätten sich in unmittelbarer Nähe seines Ladens zuletzt freie Flächen wieder gefüllt. Unter anderem ist ein Barbershop ansässig geworden, Mitte August zog die Modemarke Nile mit ihrer Filiale vom Moritzplatz hierher. Die Leerstandsquote in der Innenstadt hält Augustine per se nicht für dramatisch. Schlimm seien die Ballung freier Flächen rund ums Woolworth-Gebäude samt Baustellen – und die daraus resultierenden Konsequenzen.
Der Weiße Hase in der Annastraße eröffnet erst im Frühjahr
Während die Baustelle der VR-Bank und des FCA-Shops bis Ende des Jahres verschwunden sein soll, dauert es beim Weißen Hasen noch bis ins Frühjahr. Dann soll die Traditionsgaststätte wieder öffnen. Für den hinteren Teil der Annastraße, zur Karlstraße hin, sind das alles nur bedingt gute Neuigkeiten.
Das ehemalige Attinger-Haus (Annastraße 3) steht weiter leer. Es gibt Spekulationen, wonach das Gebäude in der Hand eines Immobilienfonds liegt, der derzeit nur wenig Interesse hat, die Flächen zu vermieten. Zwar hängt seit einigen Wochen ein Schild in den Schaufenstern, aber mehrere Anfragen unserer Redaktion zur Zukunft der Flächen blieben unbeantwortet. „Für manche Hauseigentümer scheint es finanziell betrachtet irrelevant, ob ein Objekt vermietet ist oder nicht. Sie verfolgen andere Ziele als die Belebung einer Fußgängerzone“, ärgert sich ein Händler über den Zustand.
Aber es gibt auch positive Stimmen aus dem betroffenen Teil der Annastraße. Tanja Gugelmann, Geschäftsführerin der Nile-Filiale, ist mit ihrem Umzug zufrieden. „Ich finde, die Lage hat sich sehr gut entwickelt, es gibt immer mehr hochwertige Geschäfte und ein gutes Klientel.“ Seit Mitte August ist sie vor Ort und mit den Geschäften zufrieden. Auch Ralf Augustine gefällt die Lage an sich. „Ich wüsste ehrlich gesagt spontan nicht, was man hier von öffentlicher Seite aus noch verbessern könnte.“
Lesen Sie hier den Kommentar von Michael Hörmann: Wenn Leerstände zum Problem werden