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Augsburg: Warum Ämter, Polizei und Justiz nicht alle Mitarbeiter ins Homeoffice schicken

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Warum Ämter, Polizei und Justiz nicht alle Mitarbeiter ins Homeoffice schicken

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    Arbeitgeber sollen ihren Mitarbeiten das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen. Das ist nicht in allen Bereichen möglich, wie eine Umfrage in Augsburg zeigt.
    Arbeitgeber sollen ihren Mitarbeiten das Arbeiten von zu Hause aus ermöglichen. Das ist nicht in allen Bereichen möglich, wie eine Umfrage in Augsburg zeigt. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

    Die Bemühungen, Mitarbeiter die Arbeit von zu Hause aus zu ermöglichen, sind aktuell groß. Kontakte sollen vermieden, die Ausbreitung des Coronavirus eingedämmt werden. Die Politik appelliert an die Firmen, Homeoffice auszuweiten. Doch auch der Staat kann das nicht überall realisieren. Wie sieht die Lage bei den Behörden in Augsburg aus? Eine Umfrage.

    Vorbildlich präsentiert sich der Bezirk Schwaben. In der Bezirksverwaltung in Augsburg arbeiten derzeit 550 Mitarbeiter - beinahe genauso viele können von zu Hause aus arbeiten. „Wir haben die Umstände aufgrund der Corona-Pandemie gleichzeitig als Chance genutzt, um den Schritt in Richtung Digitalisierung konsequent weiterzugehen. Unsere EDV hat im vergangenen Jahr im Akkord daran gearbeitet, möglichst viele Mitarbeiter fürs Homeoffice auszustatten", sagt Bezirkstagspräsident Martin Sailer. Waren im Januar 2020 beim Bezirk etwa 50 Mitarbeiter fürs mobile Arbeiten ausgestattet, können derzeit etwa 500 aus dem Homeoffice arbeiten. Der Bezirk Schwaben habe sich das Ziel gesetzt, die Kontakte am Arbeitsplatz auf ein absolut notwendiges Maß zu reduzieren. Alle Mitarbeiter wurden zudem dazu angehalten, Besprechungen und Termine auf das Notwendigste zu beschränken und wo immer es möglich ist, digitale Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen. Wenn der Kontakt unumgänglich sei, seien die Mitarbeiter dazu verpflichtet, FFP-2-Masken zu tragen sowie Lüftungs- und Pausenregelungen einzuhalten.

    2200 Mitarbeiter der Stadt Augsburg sind bereits im Homeoffice

    Bei der Stadt Augsburg befinden sich 2200 der über 6500 Mitarbeiter im Homeoffice. "Eine Abfrage bei allen Referaten ergab, dass aktuell keine offenen, aber unerfüllten Homeoffice-Wünsche bekannt sind", sagt Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU). Grundsätzlich wären noch freie Lizenzen für Homoffice-Möglichkeiten vorhanden, so dass weitere Anträge – so es denn vom Arbeitsgebiet her möglich sei – bearbeitet werden könnten. "Mit einer IT-Variante, die Zugriff auf Ordner und bestimmte Anwendungen zulässt, besteht auch die Möglichkeit, grundsätzlich in noch deutlich höherer Menge und ohne Lizenzen Homeoffice zu ermöglichen", sagt Pintsch. In den 70 Dienststellen der Stadt werde auch eine Vielzahl von individuellen Lösung möglich gemacht. So arbeiteten Mitarbeiter teilweise im Wechselbetrieb (ein Tag im Büro, ein Tag zu Hause), nutzten Besprechungs- und Sozialräume als Büro oder entzerren Arbeitszeiten. "Insgesamt sehen wir die Anforderungen des Bundesarbeitsministeriums als bei der Stadt Augsburg erfüllt", so Pintsch.

    Bei der Regierung von Schwaben ist die Anzahl der Mitarbeiter, die von zu Hause aus arbeiten, zuletzt gestiegen. "Derzeit arbeiten über 400 Beschäftigte, also knapp die Hälfte, ganz oder teilweise von Zuhause aus", informiert Sprecher Karl-Heinz Meyer. Bestimmte Aufgaben würden jedoch zwingend eine Anwesenheit in den Diensträumen erfordern, beispielsweise beim Hausmeister in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber. Aber auch ein Zugriff auf Personalakten sei aus Gründen des Datenschutzes nur „vor Ort“ möglich. Es gebe aber auch Mitarbeiter bei der Regierung von Schwaben, die aufgrund eines fehlenden geeigneten Arbeitsplatzes zu Hause oder einer langsamen Internetverbindung lieber im Büro arbeiten. Für die Mitarbeiter gelten umfassende Regelungen zur Kontaktminimierung sowie Schutzmaßnahmen. "Der kollegiale und fachliche Austausch findet überwiegend über E-Mail, Videokonferenzen und Telefonate statt. Mehrfachbelegungen in Büros wurden wo immer möglich aufgelöst", sagt Karl-Heinz Meyer.

    52 Polizeibeamte im Gebiet Schwaben Nord waren an Corona erkrankt

    Im Polizeipräsidium Schwaben Nord, sagt Sprecher Siegfried Hartmann, sei man bislang mit Corona-Erkrankungen glimpflich davongekommen. Bei insgesamt 2073 Polizeibeamten und Angestellten waren seit März vergangenen Jahres 52 an Covid-19 erkrankt, alle seien wieder genesen. "Derzeit haben wir null Corona-Erkrankte." Hartmann führt die geringe Zahl auf die Infektionsschutzmaßnahmen innerhalb des Präsidiums zurück. Dazu zählt er auch das Homeoffice, das nun im zweiten Lockdown verstärkt wahrgenommen werde.

    Zu Beginn der Pandemie habe es nur vereinzelt Telearbeitsplätze gegeben. Die für Heimarbeit nötige Infrastruktur musste erst geschaffen werden. "Davon profitieren wir jetzt im zweiten Lockdown." Wie viele Kollegen sich derzeit im Homeoffice befinden, könne er zahlenmäßig nicht beantworten, sagt Hartmann. Natürlich komme es auf den Aufgabenbereich an: Bei Verwaltungsmitarbeitern etwa sei das kein Problem, auch die Pressestelle könne gut von zuhause aus arbeiten. "Ein Kripobeamter kann seinen Ermittlungsbericht auch daheim schreiben, bei Vernehmungen aber ist Homeoffice nicht möglich, bei Streifenfahrten und Einsätzen natürlich auch nicht." Dafür seien bisherige Dienstmodelle geändert worden, um die Kontakte zwischen den Angehörigen von Schichtgruppen zu minimieren. "Wir haben sozusagen drei verschiedene Rückfallebenen." Im Bereich der Fortbildung setze man bei der Polizei vermehrt auf Online-Seminare. Auch am Landgericht Augsburg ist seit Corona Homeoffice ein großes Thema. Wären da nicht die vielen Akten, die bearbeitet werden müssten.

    Aktenführung im Augsburger Landgericht ist noch nicht digitalisiert

    Statistisch würden die Mitarbeiter des Landgerichts, die im Homeoffice arbeiten, nicht erfasst, sagt Sprecherin Diana Bestler. Weder im ersten noch im zweiten Lockdown. Sie könne nicht sagen, ob Homeoffice im zweiten Lockdown mehr Zulauf habe. In manchen Bereichen müssten die Kollegen am Landgericht präsent bleiben, wie etwa Wachtmeister. "Einlasskontrollen funktionieren von zuhause aus natürlich nicht." Auch die Sekretärinnen und Sekretäre, die sich mitunter um den Aktenumlauf kümmerten, blieben im Justizgebäude. Alle Richter und Rechtspfleger aber seien mit Laptops ausgestattet und könnten sich im Homeoffice ins Behördennetz einwählen. Da die Aktenführung am Landgericht Augsburg allerdings noch nicht auf elektronischem Weg erfolge und es täglich neue Akten gebe, müssten diese zur Bearbeitung abgeholt und mit nach Hause genommen werden. "Da wird darauf geachtet, dass man es eher zu den Randzeiten macht, wenn im Gebäude nicht mehr so viel los ist", so Bestler. Die Verwaltungsabteilung könnte auch im großen Umfang durchgehend im Homeoffice bleiben. Schwierig wird es bei Prozessen.

    Während im ersten Lockdown die Verhandlungen im Zivilrecht massiv eingeschränkt waren, müssten nun Richter nach verschiedenen Kriterien abwägen, ob ein Prozess stattfindet. "Wenn viele Beteiligte im Sitzungssaal zu erwarten sind, sollte der Prozess verschoben werden, oder wenn Zeugen aus ganz Deutschland nach Augsburg anreisen, um für zehn Minuten auszusagen", nennt Bestler Beispiele. Kämen Beteiligte und Anwälte aus dem Augsburger Raum, würden Prozesse in der Regel durchgeführt. Ganz auf Null könne man den Prozessalltag eben nicht herunterfahren. "Sonst weiß man nicht mehr, wann die ganzen Verhandlungen noch stattfinden sollen." Strafverfahren, bei denen es auch um Haftstrafen geht, würden durchgezogen.

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