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Augsburg: Vor 45 Jahren brannte das Kurhaus

Augsburg

Vor 45 Jahren brannte das Kurhaus

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    Die kolorierte Postkarte von 1902 vermittelt die viel bewunderte bunte Pracht des üppig mit Palmen dekorierten Saals.
    Die kolorierte Postkarte von 1902 vermittelt die viel bewunderte bunte Pracht des üppig mit Palmen dekorierten Saals. Foto: Sammlung Häußler

    Hätte 1972 das Schicksal nicht auf ungewöhnliche Weise eingegriffen, wäre das einstige Hessing’sche „Palmenhaus“ in Göggingen längst verschwunden. Fünf Buben im Alter von 13 und 14 erkundeten am Nachmittag des 30. Oktober 1972 das leer stehende Theatergebäude. Im dunklen Saal entzündeten sie zur „Ausleuchtung“ einen alten Reisigbesen. Als sie ihn in der Nähe des Souffleurkastens zu löschen versuchten, entwickelte sich starker Rauch. Darauf rannten die Buben kopflos davon. Aus dem Kleinfeuer entwickelte sich ein Schwelbrand. Bis zur Entdeckung kurz vor Mitternacht wurde daraus ein Großbrand.

    Die Feuerwehr konnte den Theatersaal nicht mehr retten. Als sie eintraf, war er ausgebrannt. Die Zwischendecke war herabgestürzt, die darüber befindliche Originaldecke ebenso. Säulen und Brüstungen hatten ihre Verkleidungen verloren. Am Morgen fiel durch die obersten Fensteröffnungen wieder Licht in den Saal. Es ließ die „freigelegte“ ursprüngliche Architektur beeindruckend erscheinen. „Feuer als Retter“ titelte später eine Zeitung über den vergessenen einstigen Prachtbau. Durch Fernsehen und Presse wurde die deutsche Fachwelt auf das einzigartige Gründerzeit-Bauwerk aufmerksam. Es wandelte sich rasch von der Abbruchruine zum erhaltenswerten und renovierungswürdigen Bau- und Kunstdenkmal.

    Anno 1885 hatte Friedrich Hessing seinen Hausarchitekten Jean Keller beauftragt, für seine vielfach aus Adels- und vermögenden Kreisen kommenden Patienten in Göggingen einen „Palmengarten mit Curhaustheater“ beziehungsweise ein „Gesellschaftshaus mit Wintergarten“ zu bauen.

    Gesellschaftshaus mit Wintergarten

    Die Eröffnung fand am 25. Juli 1886 statt. 1887 zog die leichte Unterhaltung mit Operetten, Lustspielen und Konzerten ein. Ein Künstler-Ensemble bespielte meist von Mai bis Anfang September das Theater. Im Winter stand es für Redouten und festliche Veranstaltungen zur Verfügung. Eine ausgeklügelte Technik machte die Vielfachnutzung möglich. „Die Beleuchtung des Bühnen- und Zuschauerraumes, des Restaurationsplatzes und Gartens geschieht durch elektrisches Licht“, stellte am 30. Oktober 1886 die „Leipziger Illustrierte“ fest und schrieb von „feenhafter Pracht“.

    Hofrat Friedrich von Hessing starb am 16. März 1918. Sein Besitz wurde in eine Stiftung umgewandelt. Dazu zählte das Kurhaustheater. Darin ging der Betrieb weiter. Am 23. August 1919 berichtete eine Augsburger Zeitung: „Dicht gefüllt sind der Garten, die behaglichen Räume, ein willkommener Treffpunkt der Augsburger, es herrschen Stimmung und Frohsinn.“ 1932 war die letzte Theatersaison im Kurhaus. Danach diente der große Bau als Kino. Während des Zweiten Weltkriegs waren in dem Bautenkomplex Fremdarbeiter untergebracht.

    Der große Bau blieb von Bomben verschont

    Von Bomben blieb der große Bau verschont. Im Herbst 1945 zog die „Neue Musikbühne“ unter Ralph Maria Siegel ein. Die Fenster wurden zugemauert und eine Leichtbau-Zwischendecke eingezogen. Von Januar 1946 bis 1949 gab es Hunderte Operettenvorstellungen. 1950 wurde der große Saal wieder zum Kino. An Silvester und im Fasching verwandelte er sich in einen Ballsaal. 1951 verkaufte die Stadt Augsburg als Trägerin der Hessing-Stiftung die Immobilie für 150000 DM an die bisherige Pächterfamilie.

    Die letzte Faschingsveranstaltung fand 1971 statt. Der Besitzer verstarb, die Erben waren rasch verkaufsbereit. Am 1. Juli 1972 erwarb ein Augsburger Bauunternehmen das einstige Kurhaustheater auf Abbruch. Auf dem Areal sollten ein Hotel und Wohnhäuser errichtet werden. Dagegen gab es massive Widersprüche von vielen Seiten. Verhandlungen folgten und das Verwaltungsgericht wurde eingeschaltet. Schließlich ging am 1. Oktober 1974 die Brandruine samt Park in Stadtbesitz über.

    1975 wurde die Sanierung auf 5,4 Millionen D-Mark veranschlagt. Doch dazu war zu diesem Zeitpunkt niemand bereit. Mit einem Notdach versehen, unter Planen verborgen dämmerte die Brandruine dahin. Die Vorschläge für eine spätere Nutzung reichten vom Schauspielhaus über ein Musisches Zentrum der Universität bis zur Puppenbühne. Erst als sich 1988 die Stadt Augsburg und der Bezirk Schwaben zu einem Sanierungszweckverband zusammenschlossen, konnte unter Architekt Egon Kunz die aufwendige Wiederherstellung in die Wege geleitet werden.

    Das renovierte und teilweise rekonstruierte Bauten-Ensemble wurde zum „Parktheater im Kurhaus Göggingen“. Die Eröffnung fand am 2. Februar 1996 statt. Seither konnten ungezählte Besucher bei unterschiedlichsten Veranstaltungen die wiederhergestellte Pracht bewundern.

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