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Augsburg: Vincentinum führt teilweise Impfpflicht ein – in Augsburg wird demonstriert

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Vincentinum führt teilweise Impfpflicht ein – in Augsburg wird demonstriert

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    Am Montagnachmittag haben rund 200 Menschen auf dem Augsburger Rathausplatz gegen eine mögliche Impfpflicht im Gesundheitswesen demonstriert.
    Am Montagnachmittag haben rund 200 Menschen auf dem Augsburger Rathausplatz gegen eine mögliche Impfpflicht im Gesundheitswesen demonstriert. Foto: Silvio Wyszengrad

    Es ist ein unbequemer Montagnachmittag, über den Augsburger Rathausplatz zieht eine eiskalte Ende-November-Brise. Gekommen sind trotzdem rund 200 Menschen, alle dick eingepackt, manche mit Kerzen. Kurz, nachdem die Perlachturm-Glocke 16.30 Uhr geschlagen hat, tritt Michaela Königsberger ans Mikrophon und fordert, dass die Corona-Impfung eine freie Entscheidung bleiben müsse. In der Menge vor ihr werden Schilder hochgehalten, auf denen die Namen regionaler Krankenhäuser stehen. Aus dem ganzen Umkreis sei Krankenhaus-Personal gekommen, um sich gegen die "drohende Impfpflicht" zu wehren, sagt Königsberger. Sie ist bekannt als Organisatorin und Moderatorin mehrerer gegen Corona-Maßnahmen gerichteter Demonstrationen. Dass an diesem Montag auf dem Rathausplatz demonstriert wird, hängt aber im Wesentlichen mit Vorgängen in einer ganz bestimmten Einrichtung zusammen.

    200 Teilnehmer bei Demonstration gegen Impfpflicht im Gesundheitswesen

    In den vergangenen Tagen schwappte eine Welle der Empörung durch das Internet, insbesondere durch das soziale Netzwerk Telegram. Zehntausende Menschen sahen dort zuletzt Beiträge, in denen zur Teilnahme an der Demo auf dem Rathausplatz aufgerufen wurde. Der Grund: Es kursierte ein interner Brief, in dem die Leitung der Augsburger Klinik Vincentinum ankündigte, für Teile des Personals eine Impfpflicht einzuführen. Das abfotografierte Schreiben, zweiseitig und datiert auf den 24. November, ist unterzeichnet von Vincentinum-Geschäftsführer Michael Kneis und Rainer Salfeld, Geschäftsführender Direktor der Artemed-Klinikgruppe, zu der das Vincentinum seit 2017 gehört.

    Das Vincentinum in Augsburg bereitet sich auf eine teilweise Impfpflicht vor.
    Das Vincentinum in Augsburg bereitet sich auf eine teilweise Impfpflicht vor. Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

    Die beiden verweisen im Schreiben auf die Bund-Länder-Konferenz. Diese beschloss am 18. November, dass eine Impfpflicht für Beschäftigte in Medizin und Pflege verpflichtend werden sollte, die mit gefährdeten Personen zusammenkommen - also auch für das Personal in Krankenhäusern. "Zur Erhaltung unserer Betriebsbereitschaft möchten wir uns schon jetzt auf diese Situation vorbereiten", heißt es im Schreiben. Und weiter: "Deshalb können in den Dienstplänen aller Artemed-Kliniken ab Januar 2022 nur Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingeteilt werden, die nachweislich entweder geimpft oder genesen sind." Als Ausnahmen würden nur gelten, wenn das Personal nicht geimpft werden könnte oder keinen Kontakt zur Patienten hätte. In diesen Fällen seien tägliche Tests erforderlich. Für alle anderen werde arbeitsrechtlich "nach aktueller Beurteilung leider eine Freistellung ohne Lohnfortzahlung erfolgen müssen."

    Krankenhaus-Personal demonstriert auf dem Augsburger Rathausplatz

    Das kursierende Schreiben ist echt, wie eine Artemed-Sprecherin auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt. Der entsprechende Entschluss sei in der vergangenen Woche für alle 17 Artemed-Klinik deutschlandweit gefasst worden. "Wir dürfen Ihnen versichern, dass wir diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen haben", betont die Sprecherin. Was jedoch überwiege: Die Sicherheit der Patienten, oft bereits schwer krank, müsse "kompromisslos" garantiert werden. "Wir schützen diese Patienten durch strenge Hygiene-, Sicherheits- und Besuchsregelungen ebenso wie durch unsere Einschätzung, welche Mitarbeiter in der gegenwärtigen Ausnahmesituation am besten geeignet sind, um die teils schwerstkranken Patienten zu versorgen." Über 90 Prozent des Artemed-Personals sei geimpft - man hoffe sehr, "dass diesem Beispiel auch die übrigen zehn Prozent folgen werden".

    Die Sprecherin verweist außerdem auf die Rolle, die das Unternehmen für die regionale Gesundheitsversorgung spiele. Die Betriebsfähigkeit der Kliniken sei nur aufrechtzuerhalten "mit vielen, sehr engagierten Mitarbeitern, die selber nur in sehr seltenen Fällen an Covid-19 erkranken und einen milden Krankheitsverlauf ertragen müssen". Da die Bund-Länder-Konferenz eine entsprechende Teil-Impfpflicht bereits angekündigt habe, werde man mit einer frühzeitig erzielten, sehr hohen Impfrate innerhalb der Belegschaft "in der glücklichen Position sein, die volle Betriebsfähigkeit unserer Krankenhäuser organisieren zu können. Deshalb tätigen wir schon jetzt alle nötigen Schritte." Die Zustimmung liege intern "natürlich nicht bei 100 Prozent", die Entscheidung habe inner- und außerhalb der Kliniken aber "sehr viel Rückhalt erfahren".

    Vincentinum führt ab 2022 Teil-Impfpflicht für Klinik-Mitarbeiter ein

    Zuletzt kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an, dass eine einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht bis Weihnachten kommen solle. Noch fehlt der rechtliche Rahmen allerdings. Auch aus diesem Grund gibt es in der Stadtklinik am Diako noch keine konkreten Pläne zur Einführung einer Teil-Impfpflicht, wie Jens Colditz, Rektor des Diako, bestätigt. "Unser christlicher Auftrag versteht sich immer aus der Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl. Wir halten es deshalb für geboten, dass man sich impfen lässt, und appellieren auch an die Mitarbeiter, das zu tun." Man setze auch auf niedrigschwellige Impfangebote für das Personal. Ohne die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen beschäftige man sich aber noch nicht konkret mit der Pflicht. "Wenn die Gesetze kommen, werden wir uns damit auseinandersetzen", so Colditz. Die interne Impfquote des Krankenhauspersonals sei im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aber "deutlich überdurchschnittlich".

    Auch am Universitätsklinikum, wo auf der Intensivstation die schwersten Covid-Fälle behandelt werden, arbeitet ungeimpftes Personal - auch wenn der Anteil sehr gering ist, wie es auf Anfrage heißt. Man sei vom medizinischen Nutzen der Impfung felsenfest überzeugt und wolle einen höchstmöglichen Schutz bieten. Dennoch sei die Linie des Vorstands bislang, das Personal durch viel Information und internes Werben von einer Impfung überzeugen zu wollen - und nicht durch eine Verpflichtung. Dieser Weg habe sich auch als erfolgreich herausgestellt, die Impfquote sei "sehr hoch". Die verbleibenden ungeimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wolle man weiter versuchen zu erreichen. Sollte eine gesetzliche Teil-Impfpflicht kommen, werde man eine solche aber umsetzen.

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