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Augsburg: Verzweifelt und dankbar: So geht es den Brandopfern der Karolinenstraße

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Verzweifelt und dankbar: So geht es den Brandopfern der Karolinenstraße

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    Patricia Uth und Christian Meyer schauen auf die Brandruine in der Karolinenstraße. Oben, unter dem Dach, lebten sie einst zu fünft in einer Wohngemeinschaft. Die Zimmer sind nicht mehr vorhanden.
    Patricia Uth und Christian Meyer schauen auf die Brandruine in der Karolinenstraße. Oben, unter dem Dach, lebten sie einst zu fünft in einer Wohngemeinschaft. Die Zimmer sind nicht mehr vorhanden. Foto: Peter Fastl

    Sie könnten jetzt zweimal im Jahr ihre Geburtstage feiern, sagt Uli Kotzian. Patricia Uth und Christian Meyer nicken zustimmend. Die drei und zwei weitere Mitbewohner hatten großes Glück im Unglück. Als es im Haus in der Karolinenstraße so massiv brannte, waren alle fünf nicht zu Hause. Das Feuer war genau im Stockwerk unter ihnen ausgebrochen. Die fünfköpfige Wohngemeinschaft selbst lebte unter dem Dach. "Man hatte versucht, uns von unten rauszuklingeln, denn zu unserer Wohnungstür hatte es wegen der starken Rauchentwicklung keiner mehr geschafft. In unseren Zimmern aber konnte man die Klingel eh nie hören", sagt Christian Meyer. Er und die anderen befürchten, dass die Katastrophe für sie wohl tödlich geendet hätte, wären sie an jenem späten Freitagnachmittag daheim gewesen.

    Sie sind nicht nur heilfroh, dass alle im Haus unversehrt geblieben sind, sondern auch über die Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung. In den vergangenen Tagen haben sich für einige der 20 Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch für die aus dem seitdem unbewohnbaren Nachbarhaus, unerwartete Türen geöffnet.

    Brand in Karolinenstraße: Frau stellt Wohnung mietfrei zur Verfügung

    Hilfen kommen auch über Facebook. Als eine Frau aus der Region im sozialen Netzwerk einen unserer Artikel über den Großbrand und die Betroffenen liest, bietet sie dort sofort eine Wohnung an. Am Sonntag war bereits Schlüsselübergabe an Uli Kotzian, 46, Patricia Uth, 30, und Christian Meyer, 26. Sie und ihre beiden Mitbewohner, die derzeit noch verreist sind, können jetzt nicht nur in die teilmöblierte Innenstadt-Wohnung mit Garten einziehen. Bis Januar dürfen sie dort sogar mietfrei wohnen. Die hilfsbereite Eigentümerin, die namentlich nicht genannt werden will, sagt gegenüber unserer Redaktion, das Schicksal der jungen Leute habe sie schockiert. "In so einer Situation muss man helfen." Im Gegenzug dafür würden ihre neuen Bewohner sie bei kleineren Sanierungsarbeiten, die in der Wohnung anstehen, unterstützen. Diese zeigen sich mehr als dankbar. "Das Schöne ist auch, dass unsere Wohngemeinschaft bestehen bleiben kann", sagt Uli Kotzian, der als Koch arbeitet. Die Solidarität von vielen Seiten sei überwältigend. Sie kam etwa auch vom Moirhof in Hirblingen.

    Was auf den Spendenkonten für die Betroffenen eingeht

    "Ich dachte mir, wie schlimm muss es sein, plötzlich ohne alles dazustehen", meint Katharina Mayer, die mit ihrem Mann den Biolandhof im Landkreis Augsburg betreibt. Kurzerhand bot sie auch auf Facebook eines ihrer möblierten Praktikantenzimmer an. Ein junger Mann erhielt den Zuschlag. "Er hatte vor vier Wochen seine Arbeit verloren und ist gerade in der Bewerbungsphase. Alle seine Bewerbungsunterlagen sind verbrannt", erzählt die 34-jährige Hofbetreiberin mitfühlend. Der neue Mitbewohner dürfe den Oktober über kostenfrei auf dem Moirhof leben und essen.

    Auch auf den beiden Spendenkonten, die für die Opfer der Katastrophe eingerichtet wurden, ist bereits einiges zusammengekommen.

    Friseurin ist nach Feuer in der Augsburger Karolinenstraße verzweifelt

    Um die 15.000 Euro sind bislang (Stand Montagmittag) auf dem Konto eingegangen, das Stadträtin Lisa McQueen (Die Partei) auf der Internetseite betterplace.me unter dem Stichwort "Karolinenstraße" eingerichtet hat. 22.500 Euro seien das Ziel. "Wir wollen schnell auszahlen, weil die Menschen jetzt das Geld brauchen", sagt McQueen. Jeder der Betroffenen soll 1000 Euro erhalten, in Absprache mit ihnen die Friseurin 2500 Euro. Sieben Jahre lang betrieb die 42-Jährige ihren Salon im Erdgeschoss des Brandhauses, jetzt stehe die geschiedene Frau mit zwei Kindern ohne Einkünfte da und sei laut einer Freundin sehr verzweifelt: "Sie weiß nicht, wie es weitergeht." Viele Fragen hat in den vergangenen Tagen Roland Juraschek vom städtischen Sozialreferat beantwortet. Die Stadt Augsburg hat ihn nach dem Großbrand als Ansprechpartner eingesetzt. Er kümmert sich in erster Linie um Wohnungsvermittlungen.

    "Man merkt, dass die Stadtgesellschaft zusammenhält", freut sich Juraschek. Da sei etwa die Oberin der Schwestern von Maria Ward, die kurzfristig ein Zimmer angeboten habe, eine über 80 Jahr alte Dame aus Haunstetten, die eine Dachgeschosswohnung zur Verfügung stellte, oder einige Makler, die über Mietangebote informierten. "Stadtdekan Michael Thoma bot seine Hilfe als Seelsorger an", berichtet Juraschek. Tatsächlich hatte zuvor schon ein betroffener Bewohner im Sozialreferat um psychologische Hilfe gebeten. "Wir vermittelten ihm Kontaktadressen und Nummern." Auch mit der Kartei der Not, dem Leserhilfswerk unserer Zeitung, stehe man in Verbindung. Das Spendenkonto, das die Bürgerstiftung Augsburg "Beherzte Menschen" mit der Stadt eingerichtet hat, hat sich ebenfalls gefüllt.

    Viele Studenten unter Betroffenen des Großbrands

    Wie Lothar Roser, Vorsitzender der Stiftung informiert, seien für die Bewohnerinnen und Bewohner der Karolinenstraße 15 bislang etwas mehr als 20.000 Euro eingegangen. "Darunter waren mehrmals 500-Euro-Spenden und einmal eine 1000-Euro-Spende." Bald sollen die ersten Auszahlungen über die Stadt erfolgen. Die meist jungen Bewohner des abgebrannten Hauses, unter ihnen viele Studenten der Universität und der Hochschule, können das Geld gut gebrauchen. Zumal sie sich derzeit um viele andere Dinge zu kümmern haben, etwa neue Ausweise und Formulare beantragen oder sich mit ihren Versicherungen auseinandersetzen müssen. Ihnen ist so gut wie nichts geblieben.

    Großeinsatz in der Karolinenstraße: Die Feuerwehrleute kämpften über Stunden gegen das Feuer, das im Dachstuhl ausgebrochen war.
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    Großbrand in der Karolinenstraße, Feuer bei der Caritas und nun Brand in Inningen: In Augsburg und Umgebung haben in der Vergangenheit viele Brände für Aufsehen gesorgt.

    Hilfe für die Brand-Opfer: Spendenkonto der Bürgerstiftung und der Stadt unter dem Stichwort "BewohnerInnen" auf das Konto IBAN DE22 7205 0000 0000 0263 69. Eine zusätzliche Spendenaktion wurde auf der Homepage betterplace.me gestartet. Sie ist unter diesem Link zu finden und heißt "Hilfe für die Bewohner*innen der Karolinenstraße 15". Ansprechpartner für die Opfer des Großbrandes im städtischen Sozialreferat ist Roland Juraschek, erreichbar unter 0821/324-3041. Er ist vor allem bei der Suche nach neuen Wohnungen und Unterkünften für die Übergangszeit behilflich.

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