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Augsburg: Unter dem evakuierten Haus klaffen zwei Meter tiefe Löcher

Augsburg

Unter dem evakuierten Haus klaffen zwei Meter tiefe Löcher

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    Nach der eiligen Räumung des Gebäudes am Oberen Graben laufen die Untersuchungen.
    Nach der eiligen Räumung des Gebäudes am Oberen Graben laufen die Untersuchungen. Foto: Annette Zoepf

    Die Sicherung und Sanierung des am Freitagabend evakuierten Hauses am Oberen Graben wird vermutlich längere Zeit in Anspruch nehmen. Unter dem Haus gibt es im Boden teils zwei Meter tiefe Hohlräume. Am Dienstag und Mittwoch wollen die Statiker weitere Bohrungen vornehmen, um ein umfassendes Schadensbild zu bekommen. Bis Anfang kommender Woche soll dann ein Sanierungs- und Sicherungskonzept entwickelt werden. Im besten Fall ist in einigen Wochen damit zu rechnen, dass das Haus wieder bewohnbar ist, möglicherweise wird es aber auch Monate dauern.

    Wie berichtet hatte die Stadt am Freitagabend gegen 22.30 Uhr kurzfristig 27 Senioren aus dem Betreuten Wohnen im Haus ausquartiert. Die Bewohner kamen im Dorint-Hotel, im Servatiusstift und bei Verwandten unter. Am heutigen Montag müssen die elf Bewohner, die das Wochenende im

    Ursache für Unterspülung des Hauses ist unklar

    Noch ist die Ursache der Hohlräume unter dem Haus unklar. Die Stadtwerke kontrollierten am Wochenende ihre Wasserleitung am Oberen Graben auf Schäden, die eine Unterspülung hätten verursachen können – allerdings ohne Ergebnis. Wie Baureferent Gerd Merkle (CSU) sagt, sei auch ein Austritt von Wasser aus dem Lechkanal, der direkt hinter dem Haus fließt, unwahrscheinlich. Die Wand zum Kanal hin weist kaum Schäden auf und auch der Boden schien bei Probebohrungen in diesem Bereich intakt.

    Loch ohne Boden: Bei einer der Probebohrungen, die vom Keller des Hauses aus ins Erdreich getrieben wurden, brachten die Arbeiter mit dem Bohrgerät in einen Hohlraum durch. Der zwei Meter lange Meterstab verschwindet in dem Loch.
    Loch ohne Boden: Bei einer der Probebohrungen, die vom Keller des Hauses aus ins Erdreich getrieben wurden, brachten die Arbeiter mit dem Bohrgerät in einen Hohlraum durch. Der zwei Meter lange Meterstab verschwindet in dem Loch. Foto: Annette Zoepf

    Dass es in den Wänden Risse gibt, fiel schon Ende September auf, als im Zuge einer Sanierung alle Mieter ihre Keller leer räumten und freie Sicht auf die Wände herrschte. Es habe schon vorher einzelne Risse an einigen Wänden gegeben, diese seien für ein Gebäude aus dem Jahr 1899 aber nicht ungewöhnlich, so Baureferent Merkle. Als nach der Räumung des Kellers dann die massiveren Risse sichtbar wurden, reagierte man.

    Die Augsburger Gesellschaft für Stadtentwicklung (AGS), die das Gebäude im Auftrag der Stadt verwaltet (Eigentümerin ist eine Stiftung, die von der Stadt verwaltet wird), ließ an den Rissen Messstreifen und so genannte Gipsmarken anbringen, um Aufschluss darüber zu bekommen, ob sich die Wände aktuell bewegen. Das Ergebnis: Die Risse vergrößerten sich innerhalb von Wochen.

    Baureferent Gerd Merkle zeigt eine der Messmarken an einem Riss.
    Baureferent Gerd Merkle zeigt eine der Messmarken an einem Riss. Foto: Annette Zoepf

    Am vergangenen Donnerstag wurde der Fußboden im Keller dann für weitere Untersuchungen an einigen Stellen aufgebrochen. Zunächst habe es so ausgesehen, als ob man es nur mit etwa fünf Zentimetern fehlendem Erdreich zu tun habe, sagt AGS-Geschäftsführer Mark Dominik Hoppe. Dann seien die Arbeiter bei einem Loch aber mit dem Bohrer durchgebrochen. Ein zwei Meter langer Meterstab verschwindet in dem Loch bis zum Anschlag.

    Am Freitag bekam die Stadt vom Statikbüro die schriftliche Stellungnahme: „Ein plötzliches Versagen der Gründung und damit ein plötzliches Setzen von tragenden Wänden ist hier nicht auszuschießen“, heißt es in dem Schreiben. Die Standsicherheit sei „erheblich gefährdet“, die „unverzügliche Räumung“ nötig. Daraufhin reagierte die Stadt am Freitagabend mit der Evakuierung.

    Kompletteinsturz des Hauses eher unwahrscheinliches Szenario

    Bei der Sanierung werde man sehr umsichtig vorgehen müssen, sagt Merkle. Momentan befinde sich das Haus statisch wohl noch halbwegs im Gleichgewicht. Ändere man an einer Stelle etwas, könne dies am anderen Ende des Hauses Auswirkungen haben. Aus diesem Grund lässt die Stadt auch nicht den angrenzenden Lechkanal als Vorsichtsmaßnahme ab, um gegebenenfalls eine Überschwemmung zu verhindern. Ein Kompletteinsturz scheint aber eher ein unwahrscheinliches Szenario zu sein. Die Außenwände des Hauses scheinen weitgehend intakt zu sein. Problematisch sind die tragenden Innenwände.

    Das Gebäude am Oberen Graben 8 gilt als einsturzgefährdet. Die Grundmauern sind unterspült.
    Das Gebäude am Oberen Graben 8 gilt als einsturzgefährdet. Die Grundmauern sind unterspült. Foto: Annette Zoepf

    Eine These, der die Experten momentan nachgehen, ist die Frage, ob der relativ trockene Sommer zu einer Senkung des Grundwasserspiegels geführt haben könnte, die eine Senkung des Bodens zur Folge hatte. Der Untergrund des Hauses ist ohnehin kein gewachsener Boden. Wo das Haus jetzt steht, verlief der früher wesentlich breitere Stadtgraben, als dieser noch eine Wehrfunktion hatte. Er wurde im Zuge des Stadtumbaus im 19. Jahrhundert verschmälert. Möglicherweise setzte sich der aufgeschüttete Boden dann nach und nach. Während die Außenwände recht stabil und tief gegründet wurden, standen die Innenwände auf Holzpfählen. Diese sind mittlerweile offenbar verfault.

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