In der Uniklinik Augsburg steigt die Zahl der Corona-Patienten. Dort bereitet man sich nun auf einen möglichen großen Ansturm von Kranken mit dem Covid-19-Virus in den kommenden Wochen vor. Die Vorsorgemaßnahmen haben erhebliche Auswirkungen auf den Betrieb im Großkrankenhaus mit über 1700 Betten.
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler machte am Freitag bei einem Besuch vor Ort deutlich, wie ernst die Lage ist. Er zitierte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit den Worten: „Wir stehen vor einem Sturm“. Das Coronavirus stelle alle vor große Herausforderungen, sagte Sibler. In Bayern gebe es durch die Nähe zu Österreich und Italien höhere Fallzahlen. Der Minister sieht die Universitätskliniken nun besonders gefordert. Das Uniklinikum Augsburg sei jedoch ein Musterbeispiel dafür, wie man sich rechtzeitig auf den Ernstfall vorbereitet.
Region um Augsburg: Zahl der Corona-Patienten geht nach oben
Auch in Augsburg geht die Zahl von Corona-Infektionen weiter nach oben. Aktuell werden im Uniklinikum über 30 Corona-Patienten behandelt. Davon liegen elf in der Intensivstation und müssen beatmet werden, weitere sechs werden intensivmedizinisch betreut, bei zehn Patienten wurde das Virus sicher diagnostiziert. Dazu gebe es noch mindestens zehn Verdachtsfälle, so Klinikvorstandschef und Ärztlicher Direktor, Professor Michael Beyer. Die Tendenz bei den Corona-Patienten sei steigend. Darunter seien auch eher jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen, die sich mit dem Virus infiziert haben.
Im Uniklinikum werden nun die medizinischen Kapazitäten weiter aufgestockt. Zwei Stationen mit je 20 Zimmern für stabile Corona-Patienten und für dringende Verdachtsfälle sind bereits in Betrieb genommen. Bei Bedarf könnten kurzfristig weitere Bereiche mit insgesamt 57 Zimmern aktiviert werden. Für schwer erkrankte Patienten mit dem Covid-19-Virus werden aktuell zwei Intensivbereiche mit insgesamt 27 Plätzen vorgehalten. Sie können bei Bedarf kurzfristig um neun Plätze erweitert werden. Für die Auswertung von Tests stellt das Uniklinikum sämtliche Kapazitäten am Institut für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie zur Verfügung.
Belegung der übrigen Betten wurde an der Uniklinik heruntergefahren
Parallel wurde die Belegung von Betten im Großkrankenhaus um ein Drittel heruntergefahren. Normalerweise werden täglich rund 1250 Patienten stationär versorgt, nun sind es unter 800. Damit sollen Personalreserven geschaffen werden, sollte eine größere Welle von Corona-Patienten anrollen, sagte Pflegedirektorin Susanne Arnold. „Unter den Mitarbeitern gibt es eine große Offenheit, diesen Weg mitzugehen.“ Darüber hinaus werden im Uniklinikum viele planbare Operationen in den kommenden Wochen verschoben, um freie Kapazitäten zu haben. Normalerweise gebe es täglich rund 20 OPs, derzeit seien es dreizehn, sagte Beyer. Dennoch sei sichergestellt, dass das Uniklinikum seinen Versorgungsauftrag erfüllt. Notfälle, etwa Herzinfarkte oder Schlaganfälle, würden weiterhin schnellstmöglich behandelt.
In etlichen anderen Ländern ist die medizinische Situation aufgrund der Pandemie dramatisch. Es gibt Mediziner, die warnen, dass auch die Krankenhäuser in Bayern im April oder Mai an ihre Kapazitätsgrenzen kommen könnten, sollte die Zahl der Corona-Patienten stark steigen. Der ärztliche Direktor in Augsburg sagte, derzeit könne man das Ausmaß der Krise nicht valide einschätzen. „Ich hoffe, dass es uns nicht so stark treffen wird, wie Italien.“ Hierzulande gebe es einen deutlich größeren Puffer in der Intensivmedizin und in der medizinischen Versorgung insgesamt. Im schlimmsten Fall könne das Augsburger Krisen-Führungsteam weitere Krankenhäuser in der Stadt und im Umland in die Versorgung von Corona-Patienten mit einbeziehen. Minister Sibler verwies darauf, dass die Unikliniken bayernweit große Kapazitäten dafür freihalten. Sie seien die „Speerspitze“ bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie. Auch Mediziner Beyer gab sich überzeugt: „Wir werden die Coronakrise meistern“.
Triage: Team für mögliche Auswahl von Patienten ist benannt
Blickt man über die Grenzen, kann einem trotzdem bange werden. Im Elsass ist die Lage dramatisch. Weil es dort zu wenige Beatmungsgeräte gibt, gilt nun die Regelung, dass Patienten über 80 Jahre nicht mehr beatmet werden. Am Uniklinikum Augsburg wurde am Freitag auch für dieses – bislang unwahrscheinliche – Szenario Vorsorge getroffen. Beyer sagte, in diesem Fall werde es das Auswahlprinzip der „Triage“ geben. Dafür sei ein Team aus Ärzten, Pflege, Seelsorge und Verwaltung benannt worden. Sie müssten entscheiden, wer eine lebenswichtige Behandlung bekommt und wer nicht. Der Ärztliche Direktor betont jedoch: „Wir sind davon noch sehr weit entfernt“.
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