Walter Casazza ist seit 2014 Geschäftsführer der Stadtwerke Augsburg. Er stammt ursprünglich aus Innsbruck.
Viele Augsburger ärgern sich seit der Tarifreform darüber, dass das Kurzstreckenticket eine günstige Fahrt zum Preis von 1,45 Euro auf fünf Haltestellen beschränkt (Startort und vier Haltestellen). Ab sechs Haltestellen kostet die Fahrt das Doppelte oder zwei Streifen auf der Streifenkarte. Wie kommt dieser Protest bei den Stadtwerken an?
Walter Casazza: Erste Zahlen zeigen, dass das Kurzstreckenticket sehr stark nachgefragt wird. Deutlich mehr als die Hälfte der im gleichen Zeitraum 2017 verkauften Einzelfahrscheine in der Preisstufe eins, sind in diesem Jahr als Kurzstreckenticket gelöst worden. Außerdem wird auch das 30-Euro Abo ab 9 Uhr sehr stark nachgefragt. Die Zahl der Aboverkäufe insgesamt ist um rund zehn Prozent gestiegen.
Dennoch ist der Ärger der Fahrgäste in Augsburg groß. Haben Sie dafür Verständnis?
Casazza: Natürlich sind diejenigen betroffen, die bisher in einer Preisstufe eine weite Strecke gefahren sind. Für 1,45 Euro konnte man in Augsburg schon sehr weite Strecken zurücklegen. Dagegen gibt es auch viele, die bisher eine kurze Strecke über die Zonengrenze fahren mussten und jetzt mit dem Kurzstreckenticket weniger bezahlen. Die Tarifreform bietet mit dem Kurzstreckenticket, aber auch mit der neuen Tageskarte mit den Mitnahmemöglichkeiten, dem von der Stadt Augsburg bezuschussten Schülerticket für alle Schüler und dem 9-Uhr-Abo für 30 Euro im Monat für sehr viele Fahrgäste Vorteile, für einige unbestritten auch Nachteile.
Warum fiel die Wahl auf fünf Haltestellen?
Casazza: Hier muss das gesamte Gebiet des Augsburger Verkehrsverbunds (AVV) gesehen werden, für die der einheitliche Tarif gilt. Im eher ländlichen Raum wird mit den insgesamt fünf Haltestellen schon eine ganz beachtliche Wegstrecke zurückgelegt. Deshalb gilt es hier einen Kompromiss zwischen städtischen und eher ländlichen Gegebenheit zu finden. Vier Haltestellen plus die Einstiegshaltestelle ist auch in anderen Tarifverbünden eine gebräuchliche Anzahl für die Kurzstrecke. Wobei bei Vergleichen unterschiedlicher Verkehrsverbünde immer die gesamte Struktur und nicht nur einzelne Ticketarten sowie die jeweilige Situation betrachtet werden muss.
Aus Sicht vieler Fahrgäste wäre es wünschenswert, mehr Haltestellen einzubinden. Was spricht dagegen, beispielsweise auf sieben Haltestellen nachzubessern?
Casazza: Die wünschenswerte Anzahl der Haltestellen für eine Kurzstrecke wird aus der jeweils persönlichen Sicht immer unterschiedlich bewertet. Ob vier, sechs oder sieben Haltestellen, es wird immer diejenigen Fahrgäste geben, die gerne noch eine Haltestelle mehr für die Kurzstrecke hätten. Sie müssen irgendwo eine Grenze festlegen, die für alle im AVV wirtschaftlich darstellbar ist.
Gibt es die Möglichkeit, beim Kurzstreckenticket jetzt noch etwas zu ändern?
Casazza: Im AVV wurde zwei Jahre unter Einbeziehung der politischen Gremien an dieser Tarifreform gearbeitet. Eine Änderung ist nur einvernehmlich mit allen Partnern, den Gesellschaftern und Verkehrsunternehmen im gesamten AVV möglich.
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