Wenige Tage vor der Wahl haben das Forum Augsburg lebenswert, der Verkehrsverband VCD und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub ihre Forderung nach einer Umgestaltung der Karlstraße bekräftigt. Das Bündnis fordert, dass die Straße auf eine Spur je Richtung verengt wird, dass auf dem frei werdenden Platz eine Straßenbahnlinie (etwa die Linie 1 nach Lechhausen) trassiert wird und dass der Straßenzug begrünt wird. Zudem soll dort künftig Tempo 30 herrschen. Zahlreiche Parteien haben die Forderungen zumindest in Teilen in ihre Wahlprogramme aufgenommen.
Man begrüße, dass die Politik Handlungsbedarf sieht, wolle aber auch Taten sehen, so Jens Wunderwald, zweiter Vorsitzender des Forums Augsburg lebenswert. „Das Projekt muss so schnell wie möglich kommen.“ Offen ist freilich, inwieweit die Verkehrszahlen den Wegfall von Autospuren zulassen.
Die Stadt nannte zuletzt eine Zahl von 24.000 Kraftfahrzeugen pro Tag, fußend auf einer Zählung aus 2018. Damit, so Baureferent Gerd Merkle (CSU), könne man mit einer Spur je Richtung gerade noch so hinkommen, allerdings nicht zu den täglichen Spitzenzeiten sowie an umsatzstarken Einkaufswochenenden. Im vorhandenen Straßennetz seien Ausweichrouten (etwa Thomm-/Wertachstraße, Eserwallstraße oder Schertlinstraße) schon ausgelastet. Merkle fürchtet, dass Wohngebiete wie der Stephingerberg oder Auf dem Kreuz/Georgenstraße mehr Verkehr abbekommen könnten. Zudem verweist er darauf, dass 55 Prozent der Autos in der Karlstraße gar kein Durchgangsverkehr sind, sondern Ziel oder Ausgangsort Innenstadt haben (Parkhausnutzer und Lieferverkehr). Dieser Verkehr lasse sich nicht so einfach wegbringen.
Wo könnte der Verkehr von der Augsburger Karlstraße hin?
Trotzdem werden aktuell von der Stadt die Möglichkeiten untersucht, wie mit der Karlstraße umgegangen werden könnte. Ein Gutachten soll in Absprache mit den Initiatoren die zu erwartenden Ausweichverkehre zahlenmäßig ermitteln, um Auswirkungen bewerten zu können.
Das Karlstraßen-Bündnis kontert Merkles Zahlen anhand einer eigenen Erhebung. An einem Zähltag im November kamen ehrenamtliche Zähler auf insgesamt 17.300 Autos zwischen 6.30 und 19 Uhr. Ausgeprägte Verkehrsspitzen morgens und abends finden sich darin nicht, wenngleich in den Stoßzeiten etwas mehr Verkehr unterwegs ist. „Es läuft den ganzen Tag über einigermaßen gleichmäßig, und selbst zu den Stoßzeiten gibt es keinen echten Stau. Teils ist die Straße leer, sobald der Autopulk aus der Ampel-Grünphase durchgefahren ist“, so Wunderwald, der für die ÖDP auf der Kandidatenliste steht und auch Mitinitiator des Fahrrad-Bürgerbegehrens ist. Im Übrigen habe die Baustelle am Leonhardsberg im vergangenen Jahr gezeigt, dass eine Verengung auf eine Spur nicht zum Verkehrskollaps führe, so Jörg Schiffler vom VCD. „Aber wenn man es anpacken will, sollte es bald passieren.“
Tue man nichts, werde die Verkehrsmenge irgendwann so ansteigen, dass die Verengung nicht mehr möglich ist. Den Bau von neuen Straßen – wie ihn die SPD mit dem Bau der Nordtangente fordert – lehne man im Zusammenhang mit einer Verkehrsberuhigung der Karlstraße im Übrigen ab. Ziel sei es, mit einer Verbesserung des Nahverkehrsangebots den Autoverkehr zu reduzieren.
Für eine separate Radspur auf der Karlstraße fehlt der Platz
Allerdings ist neben dem Thema der Kapazitäten auch die Platzfrage in der Karlstraße ungelöst. Für Autos, Straßenbahn, Fußwege und eine separate Fahrradspur ist nicht genug Raum da. Zwar ist die Straße meist 23 Meter breit, allerdings gibt es auch engere Stellen von teils nur 16 Metern. Man müsse, sagt ADFC-Vorstandsmitglied Martin Wohlauer, auch darüber nachdenken, für Radler alternative Routen auszuarbeiten (etwa über Schmiedberg und Obstmarkt oder die Jakoberwallstraße).
Wer es sich traue, könne in der Karlstraße bei Tempo 30 mit dem Autoverkehr mitradeln. Die momentane Lösung mit den Radstreifen auf der Fahrbahn sei aber unfallträchtig. Auch zum Thema der Radler-Verkehrsführung und den Alternativen sieht Merkle ein Gutachten erforderlich.
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