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Augsburg: Tupper, Thermomix und Co.: Warum Verkaufspartys in der Stadt boomen

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Tupper, Thermomix und Co.: Warum Verkaufspartys in der Stadt boomen

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    Verkaufsparty, bei denen zum Beispiel ein "Thermomix" angeboten wird, sind in Augsburg beliebt.
    Verkaufsparty, bei denen zum Beispiel ein "Thermomix" angeboten wird, sind in Augsburg beliebt. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Symbolfoto)

    Es wird diskutiert, gestaunt und gelacht: Sieben Frauen um die 40 sitzen in einem Wohnzimmer am Esstisch, befühlen Putzlumpen, reiben über Spülbürsten, riechen an Reinigungsmitteln und prosten sich zwischendurch mit Prosecco zu. Was auf den ersten Moment seltsam anmutet, liegt derzeit voll im Trend. Verkaufspartys jeder Art, egal ob für Putzutensilien, Haushaltsgeräte, Schmuck, Geschirr oder sogar Sexspielzeug, sind gefragt wie selten zuvor. Sie erleben in Zeiten des Onlineshoppings ein Revival, ordnet der Bundesverband Direktvertrieb Deutschland ein. Seit 2007 hat sich der Umsatz im Direktvertrieb, zu dem solche Verkaufspartys gehören, fast verdoppelt (2017 waren es 17,62 Milliarden Euro). Dazu, heißt es, wachse der Direktvertrieb stärker als der stationäre Handel.

    Verkaufspartys werden immer beliebter in Augsburg

    Diese Entwicklung kennt auch Anita Zimmermann. Sie ist als selbstständige Prowin-Beraterin tätig und verkauft im Direktvertrieb umweltfreundliche Reinigungsmittel samt Zubehör. Die Mutter von drei Kindern ist in dieser Funktion regelmäßig Gast in vielen Wohnzimmern und Küchen rund um Augsburg und Günzburg. Wer einen Termin bei ihr haben möchte, der muss sich gedulden. Bis Ende Oktober ist sie so gut wie ausgebucht, nur noch wenige Termine sind frei.

    Auch Manuela Stadler kennt das. Sie ist Teamleiterin bei Tupperware und betreut neben ihren eigenen Verkaufspartys 15 weitere Damen in und um Augsburg bei ihrer Arbeit. Um die 50 Veranstaltungen pro Monat wickelt allein sie mit ihrem Team im Schnitt ab. Gerade in Zeiten, in denen verstärkt über Nachhaltigkeit gesprochen wird, sei die Nachfrage nach lange widerverwendbaren Produkten wie Tupper groß, so Stadler. Für sie heißt das, im Schnitt fünf Mal pro Woche raus zum Kunden und die Vorzüge und die Verwendung von Turbochef (Zerkleinerer), Diabolo (Silikonform) und Eidgenosse (Aufbewahrungsbox) vorstellen. Dass solche Veranstaltungen ankommen, ist für sie schnell erklärt. „Es ist ein Gegenpart zum Onlineshopping und erspart einem, in der Freizeit durch die Läden zu tingeln. Dazu trifft man sich in geselliger Runde mit Freunden, trinkt was, probiert Rezepte aus und kann die Produkte direkt kennenlernen und sich unverbindlich beraten lassen.“

    Besonders der Thermomix ist beliebt

    Verkaufspartys wieder stark in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt hat zuletzt vor allem der Thermomix von Vorwerk. Waren solche Treffen bis dahin eher etwas für die engagierte Hausfrau, zog das multifunktionale Küchengerät plötzlich auch jüngere Frauen und sogar Männer in seinen Bann. Wer in den letzten Jahren keine Kochparty zu Hause organisierte, um sich das Gerät zeigen zu lassen, galt in manchen Kreisen schon fast als aus der Zeit gefallen. Das führte dazu, dass 2017 trotz der Kosten von damals um die 1000 Euro weltweit alle 29 Sekunden ein Thermomix verkauft worden ist. Der Umsatz betrug in diesem Jahr 1,1 Milliarden Euro (300 Millionen in Deutschland). Tupper setzte im gleichen Zeitraum 2,2 Milliarden um.

    Wie hoch der Verdienst für die einzelne Beraterin ist, lässt sich dagegen nur schwer beziffern, denn viele von ihnen nutzen den Direktvertrieb als Zweitjob oder während der Elternzeit und werden provisionsabhängig bezahlt. Während Vorwerk offiziell keine Angaben zur Höhe der Vergütung macht, sind es bei Tupper 24 Prozent des Partyumsatzes, Prowin zahlt mindestens 30 Prozent. Der Verdiensts hängt also vom persönlichen Engagement und Zeitaufwand ab.

    Dass sich der Einsatz aber wirklich lohnen kann, zeigt das Beispiel von Anita Zimmermann. Sie hat vor fünf Jahren ihre feste Stelle im öffentlichen Dienst gekündigt und sich voll und ganz auf den Vertrieb ökologischer Putzmittel konzentriert. Mit Erfolg: „Ich verdiene jetzt mit dieser Teilzeitarbeit mehr als in meinem alten Vollzeitjob“, sagt die Prowin-Vertriebsleitung, die mittlerweile ein Team von 60 Beratern hat. Auch Persönlichkeitsentwicklung, Aufstiegschancen und Mitarbeiter-Führung machen für sie den Direktvertrieb zu einem attraktiven Arbeitsfeld. 25 Stunden die Woche investiert sie in ihr Geschäft, bei freier Zeiteinteilung, und das auch während der Schulferien.

    Auch Manuela Stadler, die seit 30 Jahren für Tupper aktiv ist, ist über die Jahre zur Vollzeitkraft für den Anbieter von Schüsseln und Haushaltshelfern geworden: „Ich schätze vor allem die absolut freie Zeiteinteilung und dass ich selbst bestimmen kann, wie viel Engagement ich zu welcher Zeit bringe.“ Wer mit Einsatz dabei ist, könne gut verdienen. Ihr bliebe als Tupperberaterin unter Strich mehr Geld als in ihrem Job als Großhandelskauffrau.

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