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Augsburg: Trotz Wohnungsnot: Muss in Augsburg bald niedriger gebaut werden?

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Trotz Wohnungsnot: Muss in Augsburg bald niedriger gebaut werden?

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    Nachverdichtung in bestehenden Vierteln ist für viele Städte ein schwieriges Thema - auch für Anwohner. In der Ifenstraße in Hochzoll gründete sich vor einem Jahr eine Bürgerinitiative.
    Nachverdichtung in bestehenden Vierteln ist für viele Städte ein schwieriges Thema - auch für Anwohner. In der Ifenstraße in Hochzoll gründete sich vor einem Jahr eine Bürgerinitiative. Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv)

    Neu gebaute Wohnhäuser in bestehenden Vierteln könnten in Augsburg künftig niedriger gebaut werden müssen als in angrenzenden Städten wie Stadtbergen oder Friedberg. Hintergrund ist, dass die Landesregierung aktuell an einer Änderung der Bayerischen Bauordnung arbeitet. Diese würde es prinzipiell erlauben, höher zu bauen und Viertel so nachzuverdichten. Für München, Nürnberg und Augsburg ist in dem Entwurf aber eine Sonderregelung vorgesehen. Städte als Verdichtungsräume sollen nicht zu stark zugebaut werden können, so die Idee der Staatsregierung.

    Nachverdichtung: In Hochzoll kochten die Emotionen hoch

    Die Nachverdichtung von Stadtteilen ist grundsätzlich ein heißes Eisen. In Hochzoll gab es vor einem Jahr Proteste von Anwohnern in der Ifenstraße, weil auf zwei vormals locker mit Einfamilienhäusern bebauten Gartengrundstücken Mehrfamilienhäuser entstanden (wir berichteten). Die Anwohner führten an, dass es in den Straßenzügen rundherum meist nur relativ niedrige Reihenhäuser gibt. Die Stadt erteilte trotzdem eine Baugenehmigung, nachdem es bereits einen Präzedenzfall in der Nachbarschaft gab.

    Der Fall steht exemplarisch für viele Bauvorhaben, die aktuell durchgezogen werden sollen: Weil Neubaugebiete Mangelware sind und aus Gründen des Flächenverbrauchs nur sparsam ausgewiesen werden, weichen Bauherren häufig auf bestehende Grundstücke aus – mit der Folge, dass manche Viertel ihr Gesicht ändern und Freiflächen schrumpfen. In München wurde im Herbst etwa ein Bürgerbegehren gegen „maßlose Nachverdichtung“ ins Leben gerufen.

    Wie dicht ein Grundstück in einem Bestandsviertel bebaut werden darf (für diese Viertel gibt es meist keinen Bebauungsplan, der die Bebauung individuell regelt), hängt neben Faktoren wie dem Verhältnis von Wohn- zu Grundfläche auch vom Abstand eines Neubaus zum Nachbargrundstück ab. Grob gilt: Je weniger Abstand herrscht, desto niedriger muss das Gebäude werden bzw. je höher ein Gebäude wird, desto mehr Abstand muss es einhalten. Der Entwurf der Staatsregierung sieht vor, am rechnerischen Verhältnis dieser beiden Größen etwas zu ändern, sodass höher bzw. dichter gebaut werden kann – mit Ausnahme von München, Nürnberg und Augsburg.

    Drohen in Augsburg steigende Mieten bei Neubauten?

    Faktisch, klagt die Bayerische Architektenkammer in einer Stellungnahme, werde sich für die Großstädte sogar eine Verschlechterung gegenüber dem Ist-Zustand ergeben, weil im Zuge der Abstandsflächenregelung auch neu geregelt wird, wie Dächer bei der Gebäudehöhe zu veranschlagen sind. Wenn bei Neubauten ein Stockwerk gegenüber heute wegfalle, dann laufe dies auf höhere Mietpreise hinaus, weil die zu refinanzierenden Kosten des Grunderwerbs ja gleich blieben, warnt etwa der Augsburger Immobilienunternehmer Gernot Braun.

    Auch bei der Stadt ist man von der geplanten Sonderregelung, die offenbar auf eine Initiative von Münchner CSU-Abgeordneten zum Schutz einiger Münchner Viertel zurückgeht, nicht sonderlich begeistert. Die bayernweit angestrebte Lockerung solle einfachere Nachverdichtungen ermöglichen, sagt Baureferent Gerd Merkle (CSU). „Doch gerade dort, wo diese Regelung angesichts der vorherrschenden Wohnungsnot vonnöten und sinnvoll wäre, um den Wohnungsbau erleichtern und vorantreiben zu können, soll sie künftig nicht gelten“, so Merkle. Hinzu komme, dass in Ballungsräumen der Platz grundsätzlich knapp sei und gut genutzt werden müsse. Wenn eine Lockerung der bisherigen Regelungen nötig sei, dann gerade in Großstädten und nicht umgekehrt.

    In der Kommunalpolitik wird das Thema unterschiedlich gesehen. SPD-Oberbürgermeisterkandidat Dirk Wurm und Grünen-OB-Kandidatin Martina Wild sehen die Angelegenheit wie Merkle. Kein Mensch werde verstehen, wenn Häuser in Neusäß oder Stadtbergen ein oder zwei Stockwerke höher gebaut werden dürfen als in Augsburg, so Wurm. Auch Wild hält die Ausnahmeregelung für die Großstädte für nicht nachvollziehbar. „Damit wird Nachverdichtung – gerade dort wo Wohnraum dringend benötigt wird – zumindest sehr erschwert.“ Wild weist aber auch darauf hin, dass Verdichtung nur dann gehe, wenn vor Ort ausreichend qualitätsvolle Grünflächen eingeplant werden.

    Abstandsflächen: Gibt es eine eigene Regel für Augsburg?

    Bürgermeisterin und CSU-OB-Kandidatin Eva Weber sieht die Angelegenheit aber anders als ihr Baureferent und ihre Gegenkandidaten. Für Stadtklima, Luftverhältnisse, Stadtgrün, Ökologie und den Frieden in der Nachbarschaft sei es erst einmal von Vorteil, wenn Gebäude nicht enger zusammenrücken bzw. höher gebaut werden. „Und: Die Verringerung der Abstandsflächen in den Gemeinden und Städten um Augsburg herum führt dazu, dass unsere Stadt, die eine starke Bevölkerungsentwicklung mit entsprechender Nachfrage nach Wohnraum hat, auch entlastet wird.“

    Gleichwohl weist Weber darauf hin, dass es für Städte die Möglichkeit gebe, in eigenen kommunalen Satzungen das Thema Abstandsflächen zu regeln. Dies könne man auch viertelweise regeln. Nürnberg hat etwa seit 2016 eine entsprechende Satzung, die ein dichteres Bebauen ermöglicht. Merkle würde diese Möglichkeit auch befürworten, allerdings gebe es zu diesem Thema noch viel Abstimmungsbedarf.

    Lesen Sie dazu auch: Stadträte machen den Weg für mehr günstige Wohnungen in Augsburg frei

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