Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Tourismus-Chef: "Innenstädte werden sich neu erfinden müssen"

Augsburg

Tourismus-Chef: "Innenstädte werden sich neu erfinden müssen"

    • |
    Die Corona-Pandemie hat nicht nur den Tourismus hart getroffen. Auch die Augsburger Innenstadt steht vor Änderungen, sagt Tourismuschef Götz Beck.
    Die Corona-Pandemie hat nicht nur den Tourismus hart getroffen. Auch die Augsburger Innenstadt steht vor Änderungen, sagt Tourismuschef Götz Beck. Foto: Silvio Wyszengrad

    Wie schwer fällt es einem Tourismusdirektor selbst, in diesen Zeiten daheim zu bleiben?

    Götz Beck: Da wir coronakonforme Ablaufstrukturen entwickelt haben, kann ich in den meisten Fällen in meinem Büro arbeiten und komme dadurch mit den organisatorischen Rahmenbedingungen gut zurecht.

    Wissen Sie noch, wohin Ihre letzte Dienstreise geführt hat?

    Beck: Es war Anfang des Jahres 2020 eine Fahrt nach Berlin zur Vorstandssitzung des Deutschen Tourismusverbandes (DTV). Ab dann wurden alle Besprechungen und Sitzungen digital abgewickelt.

    Corona bremst vieles aus. Was tun gegenwärtig ein Regio-Chef und seine Mannschaft?

    Beck: Es gibt Bereiche, in denen es sehr ruhig ist. In diesen Bereichen sind wir in Kurzarbeit. Auf der anderen Seite gibt es Abteilungen, die auch auf Hochbetrieb laufen, da wir das Regio Magazin 2021 kurz vor dem Abschluss haben, wir viele Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung umsetzen, wir das aktuelle Hotelverzeichnis 2021 fertigstellen und Kampagnen starten, wie zum Beispiel "Unesco Welterbe Augsburg“ für den Tagungs- und Kongressbereich.

    Wie sieht Ihr Strategieplan für das Jahr 2021 aus?

    Beck: Es geht primär um Strategien und Maßnahmen, um den Inlandstourismus für Augsburg und die Region auch in den nächsten Jahren zu nutzen, der sich als erstes wieder erholen wird.

    Was folgt daraus?

    Beck: Wichtig ist, dass Augsburg und die Region bundesweit weiterhin eine hohe touristische Präsenz erfahren, um das Thema Inlandstourismus ab Frühjahr verstärkt zu nutzen. Des Weiteren muss die Digitalisierung auf den unterschiedlichsten Ebenen von der Kommunikation bis zur Produktgestaltung vorangetrieben werden.

    Corona hat den Tourismus extrem hart getroffen. Heimische Hotels und Pensionen kämpfen ums Überleben. Wie groß sind die Nöte?

    Beck: Die Nöte sind natürlich groß und im Augenblick sind die Betriebe zwingend auf Staats- und Landesunterstützung sowie auf Kurzarbeitergeld angewiesen. Wir gehen davon aus, dass damit aktuell die meisten Hotels überleben werden. Bei den Ferienwohnungen und Pensionen kann der Corona-Effekt durchaus dazu führen, dass nicht alle Betreiber ihre Ferienwohnung weiter fortführen. Dies hat aber auch andere Gründe, wie zum Beispiel etwaiger Investitionsstau und Nachfolgeregelung.

    Götz Beck ist Geschäftsführer der Regio Augsburg Tourismus GmbH.
    Götz Beck ist Geschäftsführer der Regio Augsburg Tourismus GmbH. Foto: Michael Hörmann

    Augsburg ist Welterbe-Stadt. Man hoffte auf viele internationale Gäste. Und nun?

    Beck: Es ist festzustellen, dass das Welterbe-Thema nicht nur im Ausland wirkt, sondern auch sehr stark im Inland. Da der ausländische Reiseverkehr fast zum Erliegen kam, kann das Welterbe-Thema durchaus dazu beitragen, diesen Gästeausfall durch eine erhöhte Nachfrage von Inlandsgästen teilweise zu kompensieren.

    Was macht Ihnen überhaupt Hoffnung?

    Beck: Natürlich wird sich die touristische Struktur verändern. Wir gehen davon aus, dass der Geschäftsreiseverkehr im Jahr 2023 nur noch 75 Prozent des Niveaus von 2019 erreichen wird. Man kann davon ausgehen, dass durch diese Reduzierung des Geschäftsreiseverkehrs der Bedarf im Kongress- und Tagungsmarkt steigen wird, um sich persönlich zu treffen, Vertrauen aufzubauen und Netzwerke zu bilden. Daher ist es unser Bestreben, Verluste oder Rückgänge im Geschäftsreiseverkehr durch andere Marktsegmente zu kompensieren. Darüber hinaus ist Augsburg im Bereich Städtetourismus eine starke Marke geworden, die mit starken Themen und Geschichten, wie Fugger, Brecht, Mozart, Römer, Luther punkten kann.

    Geschäfte und Lokale in der Innenstadt kämpfen ums Überleben. Befürchten Sie als Tourismus-Chef eine Verödung der Innenstadt?

    Beck: Die Innenstädte stehen allgemein vor sehr großen Herausforderungen und sie werden sich neu erfinden müssen. Dieses "Neu Erfinden“ wird auch stark den Einzelhandel tangieren. Die Innenstädte müssen zu einem Raum werden, in dem man soziale Kontakte, Begegnungen, Erlebnisse, Ruhe, Kunst und Kultur, Heiterkeit und Leichtigkeit begegnen und erleben kann. Dazu gehören neben der attraktiven Innenstadtgestaltung auch verstärkt die Themen Kunst und Kultur sowie Veranstaltungen, welche die Gemeinsamkeit und Begegnung fördern, also das Gegenteil zur Online-Bestellung und zum Homeoffice.

    In Ihrer Zuständigkeit liegt der Kongress am Park. Wie tief sind hier die Einschnitte?

    Beck: Für den Tagungs- und Kongressmarkt ist die Situation natürlich auch sehr angespannt. Allerdings konnten wir durch die großzügige Raumstruktur von Kongress am Park, den guten Hygienekonzepten und durch die moderne Klimaanlage sehr viele kleinere Meetings und Tagungen sowie Prüfungen von Bildungsträgern umsetzen. Die durch den Lockdown entstandenen Freiräume haben wir genutzt, um die zeitintensive Orgelsanierung vorzuziehen sowie Sanierungs- und Wartungsarbeiten, wie die Abschleifung der Parkettböden, umzusetzen.

    Wie sieht es im Jahr 2021 aus?

    Beck: 2021 sind viele Tagungen, Kongresse und Kulturveranstaltungen geplant, da viele Veranstalter ihre Veranstaltungen aus dem Jahr 2020 in 2021 realisieren möchten. Absagen sind für Januar und Februar durchgeführt worden, allerdings keine Absage über diesen Zeitraum hinaus. Die Planungen gehen bei allen Veranstaltungen auch in die Richtung, dass die Veranstaltungen entweder rein digital oder als Hybridveranstaltung durchgeführt werden. Dafür schaffen wir aktuell sehr gute Strukturen für die Veranstalter, indem wir virtuelle Räume im Kongress am Park einrichten und unsere Dienstleistungsangebote im Kontext Hybridveranstaltungen erweitern und neu strukturieren. Aufgrund dieser Möglichkeiten sind wir sehr zuversichtlich, dass sich zwar die Teilnehmerzahlen vor Ort reduzieren werden, die Teilnehmerzahlen insgesamt durch die Nutzung digitaler Möglichkeiten aber sogar eher noch zunehmen werden und sich dadurch die Wirtschaftlichkeit der Veranstaltungsformate sogar noch verbessert.

    Wie überlebensfähig ist der Kongress am Park ohne eine Vielzahl an Veranstaltungen?

    Beck: Im Jahr 2020 hatten wir immerhin noch eine Auslastung von über 40 Prozent trotz Verbot von Großveranstaltungen und des Lockdowns. Mit den Hybrid- und Digitalisierungsmöglichkeiten bieten wir als Kongress- und Tagungszentrum die technisch besten Möglichkeiten in ganz Schwaben und von daher werden wir sicherlich immer Veranstaltungen haben. Auch wenn dies nicht der Fall sein sollte, würden wir unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zurechtkommen, da wir für den Betrieb und den baulichen Unterhalt fest zugesagte Mittel von der Stadt bekommen. Die erwirtschafteten Einnahmen gehen direkt Richtung Stadt und werden nicht zur Refinanzierung gegenübergestellt. Somit hat Kongress am Park eine sehr hohe Planungssicherheit.

    Lesen Sie dazu:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden