Von 186,3 Millionen auf bis zu 321,4 Millionen Euro Sanierungskosten fürs Theater – selbst der Augsburger Baureferent Gerd Merkle (CSU) nennt diese Entwicklung "erschreckend", er hält sie gleichzeitig aber für nachvollziehbar. Wir erklären, wie es zu der Kostenentwicklung kommen konnte und welche Szenarien eintreten könnten.
Wie kommen die Berechnungen zu den Kosten zustande?
Im Jahr 2016 beschloss der Stadtrat die Theatersanierung mit einem Kostenrahmen von 186,3 Millionen Euro. Seitdem sind die Kosten allein durch Baupreissteigerungen auf inzwischen 215,5 Millionen Euro gestiegen. Diese Ausgaben würden eintreten, wenn alle Bauarbeiten jetzt fertig wären. Zuletzt lag die Preissteigerung bei etwa fünf Prozent jährlich. Doch gebaut wird ja noch bis 2026. Bis dahin werden die Baufirmen gemäß der allgemeinen Teuerung auch mehr Geld verlangen. Schreibt man diese Teuerung mit, 2,5 Prozent, was optimistisch ist, fort, so käme man bis 2026 auf Gesamtkosten von 247,1 Millionen Euro. Bei fünf Prozent stünden 279,8 Millionen Euro an.
Doch es dürfte wohl teurer werden. Hintergrund ist, dass bei dem Erweiterungsneubau, in dem unter anderem Verwaltung und Werkstätten untergebracht werden sollen, die bisherige Schätzung nicht einzuhalten ist. Sie war erst mit 72 Millionen Euro angesetzt worden, ging dann im Zuge von Erschwernissen (Brandschutz, hoher Grundwasserstand) auf 125 Millionen Euro hoch und sollte dann durch Umplanungen auf 92 Millionen Euro eingedampft werden. Geklappt hat das nicht. Wolle man ein funktionsfähiges Gebäude, komme man bei 115 Millionen für den Erweiterungsbau heraus, so Merkle. Dann läge die Gesamtsanierung für Großes Haus und Neubau bei heute 246 Millionen Euro. Rechnet man die Baupreissteigerungen für die kommenden Jahre ein, käme man bestenfalls auf 283,1 Millionen Euro (2,5 Prozent Steigerung) beziehungsweise auf bis zu 321,4 Millionen Euro (Preissteigerung um fünf Prozent).
War diese Entwicklung denn nicht absehbar?
Im Jahr 2016 war im Grunde schon klar, dass die Sanierung teurer wird. Die Stadt wies auch auf das Risiko höherer Baupreise hin, bezifferte aber nie, wie sich das letzten Endes auswirken könnte. Szenarien wie sie nun vorgestellt wurden, lagen zum Zeitpunkt des Stadtratsbeschlusses nicht vor. Man könne nicht wissen, wie sich die Baukonjunktur entwickle, hieß es damals seitens der Stadt. Spätestens ab dem Jahr 2018 mit dem allgemeinen Bauboom war klar, dass es konkrete Risiken gibt. Die Stadt stellte damals als Möglichkeit in den Raum, beim Erweiterungsneubau zu sparen, für den nur eine Kostenschätzung vorlag. Detailliertere Planungen gab es damals noch nicht, die eine Prognose oder gar eine Kostenberechnung erlaubt hätten.
Diese Idee ist inzwischen überholt, weil der Neubau deutlich teurer wird. Die Stadt betont heute, dass die 72 Millionen Euro damals nur eine grobe Schätzung gewesen seien. Heute, so Merkle, habe man eine höhere Kostensicherheit, weil man ins Detail geplant habe. Vor einigen Jahren hieß es hingegen noch, dass man die Risiken für eine Kostensteigerung für überschaubar halte. Bei einem Neubau sei die Gefahr, auf unliebsame Überraschungen zu stoßen, überschaubar.
Ließe sich nicht auf den Neubau verzichten?
Die Frage, was der Neubau können muss, wurde schon mehrfach diskutiert. Er soll Probenräume beherbergen, Verwaltung, Werkstätten, Lager (an der Kasernstraße). Zudem soll an der Volkhartstraße ein dreieckiges Gebäude mit einer zweiten Spielstätte entstehen. Die Stadt hat bereits etwas abgespeckt, nachdem es in der Vergangenheit immer geheißen hatte, dass das Raumprogramm in dieser Form unverzichtbar sei. Unter anderem wurde inzwischen ein Kellergeschoss eingespart. Das Theater kann aber mit den Reduzierungen leben. Gänzlich verzichtbar ist der Neubau nicht. Ohne ihn wäre das historische Stadttheater nicht benutzbar, das im Grunde nur aus einer Bühne und dem Zuschauerraum besteht.
Können die Kosten beim Großen Haus gehalten werden?
Die Baupreissteigerung hat auch hier zugeschlagen – und wird künftig zuschlagen. Dies ist in den Szenarien schon eingepreist. Eine andere Frage ist, ob im Zuge der Sanierung noch unliebsame Überraschungen zutage treten, seien es Erschwernisse beim Bau oder Ausschreibungsergebnisse bei Baufirmen, die massiv über den Erwartungen liegen. Bisher sind rund 30 Prozent des Auftragsvolumens ausgeschrieben und vergeben, bis Ende 2020 sollen es 50 Prozent sein. Dann werde man klarer sehen, sagt Merkle. Zu den großen Brocken zählen die Bauhauptarbeiten oder der Stahlbau des Bühnenturms, der heuer ausgeschrieben werden soll.
Der beim Beginn der Maßnahme eingeplante Kostenpuffer von 22,7 Millionen Euro ist inzwischen komplett aufgebraucht, weil noch vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten bei Untersuchungen am Gebäude Erschwernisse auftraten, etwa dass alte Pläne und die früherer Bauausführung nicht übereinstimmten. "Das kann man erst herausfinden, wenn man tiefergehende Untersuchungen macht, bei denen man auch zerstörend ins Gebäude eingreift", so Merkle. Dies sei bei laufendem Betrieb nicht möglich gewesen. Inzwischen sind noch weitere Probleme aufgetaucht. Weil das Fundament schwächer ist als gedacht, muss es verstärkt werden. Dazu muss Zement mit Hochdruck in den Untergrund gespritzt werden.
Dennoch, so die Stadt, liege man aktuell noch im Kostenrahmen. Womöglich sei es manchen Firmen aus Prestigegründen daran gelegen, an einer Theatersanierung mitzuwirken, und hätten darum günstige Angebote abgegeben. Allerdings sei schon absehbar, dass dieser Effekt nicht für alle Firmen gelten werde. So stünden auch Ausschreibungen an, für die es bundesweit nur sehr wenige geeignete Spezialfirmen gebe. Diese würden sich kaum unterbieten.
Gibt es noch zusätzliche Nebenkosten?
Ja, die gibt es. Bei den Summen, die in den Szenarien genannt werden, handelt es sich um die reinen Baukosten. Hinzu kommen noch Kosten für Archäologie, Erhaltung des Stadtmauerrests, der an der Volkhartstraße ausgegraben wurde, Schuldentilgung und Interimsspielstätten. Diese Kosten liegen bei über 20 Millionen Euro.
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