Ein langwieriges Projekt scheint jetzt auf seinen guten Abschluss zuzusteuern: Der historische Färberturm an der Schäfflerbachstraße wird derzeit mit Eifer saniert und umgebaut. Lange war unklar, was aus dem bedeutenden Zeugen der frühen Augsburger Industriegeschichte wird; jetzt heißt es, dass der Färberturm Ende 2019 seiner neuen Bestimmung als sozialer und kultureller Treffpunkt übergeben werden kann.
Rund 50 Jahre lang wurde das 1795 errichtete Bauwerk dazu benutzt, gefärbte Stoffbahnen, die an ihm aufgehängt wurden, zu trocknen. Früher gab es mehrere solche Türme im Bereich der Augsburger Textilfabriken; nur dieser ist übrig geblieben und steht heute unter Denkmalschutz. Er gehörte zur Augsburger Kammgarnspinnerei (AKS) und befand sich zuletzt im Eigentum einer Immobiliengesellschaft aus Fulda. Im Rahmen der Verhandlungen über das AKS-Gelände gelang es der Stadt 2013, dass ihr der Färberturm kostenlos überlassen wurde und der Vorbesitzer zudem 250000 Euro für die Renovierung zahlte.
Diese Summe reicht zwar bei Weitem nicht, aber das wird die Sicherung des Färberturms offenbar nicht verhindern. Wie der stellvertretende Leiter des Hochbauamts, Thomas Berger, im Gespräch mit unserer Zeitung sagte, geht man jetzt von Kosten in Höhe von 1,1 Millionen Euro aus.
Der Färberturm bekommt eine Heizung
Gerade werde eine Heizung eingebaut. Dazu werden Heizungsrohre an den Wänden entlang verlegt, die dann mit einem Innenputz verdeckt werden. Gleichzeitig wird die Tragekonstruktion für die Holzverschalung ausgebessert. Auch die äußeren Holzwände werden genau untersucht. Bei jedem Brett wird laut Berger geprüft, ob es ausgetauscht werden muss. Ist es schadhaft, genügt gegebenenfalls Abfräsen. Alle Arbeiten müssen mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt werden, was der Grund für die Kostenentwicklung sein dürfte.
Damit das Haus für Versammlungen oder Veranstaltungen dienen kann, wird laut Berger im Inneren eine zweistöckige Raumkonstruktion gebaut, ein Kubus, der auf Stützen ruht und keine Berührungspunkte mit dem unteren Mauerwerk und den oberen Holzwänden hat. Der Denkmalschutz hat einen größeren Abstand als zunächst geplant gefordert. Nach Erwartung von Berger wird dieser Innenraum im Sommer gebaut.
Betritt man nach Abschluss der Arbeiten den Turm, so wird man in einen etwa 50 Quadratmeter großen Raum kommen, der mit Toiletten und einer Teeküche ausgestattet ist. Außerhalb des Kubus führt eine Treppe in den ersten Stock, wo es einen gleich großen Raum gibt, wiederum mit einer kleinen Einbauküche. Über die Treppe kann man außerdem in die Dachkonstruktion gelangen, die dann von kleinen Besuchergruppen besichtigt werden kann.
Der Kubus wird über Fenster und Lichtöffnungen in der Decke verfügen. In die äußere Holzwand sind Lüftungsschlitze eingelassen, sodass etwas Tageslicht in die Räume fallen kann. Ohne künstliches Licht wird man aber laut Berger wohl nicht ganz auskommen. Die Haus-in-Haus-Konstruktion hat den Vorteil, dass die bestehende Bausubstanz für den Einbau der Räume möglichst wenig in Anspruch genommen werden muss. Berger erwartet, dass die Inneneinrichtung im Herbst 2019 in Angriff genommen wird. Das Projekt wird nach diesem Zeitplan Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein.
Warum das Denkmal im Textilviertel so gut erhalten ist
Nach Einschätzung von Berger ist die Substanz des Färberturmes insgesamt in recht gutem Zustand. Das liege an der einfachen Konstruktion. Der Holzaufbau war stets recht gut durch das weit vorkragende Dach vor Witterungseinflüssen geschützt. Schäden finden sich eher im unteren Teil, wo das Dach Regen, Schnee und Sturm nicht abhalten kann. Doch im oberen Bereich habe sich die Holzverschalung gut gehalten.
Heikel sind die Stellen, an denen die Verschalung an den Balken der Tragekonstruktion anliegt. Hier kann sich Feuchtigkeit halten, und hier muss laut Berger manches ausgebessert oder ersetzt werden. Der Färberturm verlor nach 1840 seine ursprüngliche Funktion, als sich industrielle Verfahren zur Trocknung von gefärbten Textilien durchzusetzen begannen.
Der Turm wurde nun zum Lagerraum, später auch zum Pferdestall, was für die Bauerhaltung längerfristig von Nachteil gewesen wäre. Doch der Einsatz von Pferden war bald ebenso überholt wie die Trocknung von Textilbahnen durch Aufhängen. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Bürgeraktion Textilviertel die künftige Nutzung des Turms als kleines Bürgerhaus organisiert. Jetzt sagte Berger jedoch: „Das steht noch nicht fest.“ Die Vorsitzende der Bürgeraktion, Renate Rampp, zeigte sich über diese Aussage erstaunt: „Wer außer uns soll es denn machen?“
Lesen Sie dazu auch: Wie das Textilviertel zum schicken Wohngebiet wurde