Die Stadtwerke werden ab 1. April die 65.000 Haushalte in Augsburg, die über den Grundversorgungs-Tarif Strom beziehen, auf Ökostrom umstellen. Auch neu abgeschlossene Verträge werden nur noch mit Strom aus erneuerbaren Energien bedient. Die Umstellung soll ein Baustein in der CO2-Minderungsstrategie des kommunalen Unternehmens sein, so Geschäftsführer Alfred Müllner.
Der Preis, kündigen die Stadtwerke an, soll trotz der Umstellung gleich bleiben. Wie berichtet arbeitet die Stadt an einer Strategie, um den Kohlendioxidausstoß von jetzt an bis in alle Zukunft auf nur noch 9,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid zu beschränken. Das Ziel gilt als überaus ambitioniert, weil der CO2-Abdruck der Bürger und der hiesigen Firmen bei 2,2 Millionen Tonnen jährlich liegt. Im Herbst will Umweltreferent Reiner Erben (Grüne) einen Klimapfad vorlegen, in dem dargestellt wird, wie das Restbudget erreicht werden könnte - oder Alternativen wie eine Klimaneutralität in einigen Jahren aufgezeigt werden.
Ökostrom-Angebote ans Augsburger Gewerbe
Etwa drei Viertel des Augsburger CO2-Ausstoßes kommen aus der Energieversorgung von Gewerbe und Haushalten mit Strom, Gas und Fernwärme. Mit der jetzt anstehenden Umstellung in der Grundversorgung sollen 28.000 Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden. Der Löwenanteil des Stroms, den die Stadtwerke in Augsburg verkaufen, geht aber an Firmen und Fabriken. Hier wolle man attraktive Angebote machen, so Müllner. Denn auch immer mehr Firmen hätten ein Interesse, nachhaltig zu wirtschaften und dies nach außen zu dokumentieren.
Mit der jetzt anstehenden Umstellung wird der Anteil an Ökostrom im Beschaffungsmix der Stadtwerke bei 70 Prozent liegen. Dieser Strom sei im Einkauf teurer, so Müllner. "Unsere Marge wird geringer, aber wir hoffen, dass die Kunden das honorieren." Allerdings ist Ökostrom nicht gleich Ökostrom. Zum Teil kaufen die Stadtwerke zertifizierten Ökostrom, um ihr Ziel zu erfüllen. Dabei kann ein Stromerzeuger konventionell erzeugten Strom mit dem Etikett Ökostrom versehen, indem er ein entsprechendes handelbares Öko-Zertifikat von einem Ökostromproduzenten kauft (dieser darf die entsprechende Strommenge aber nicht mehr als Ökostrom verkaufen). Ein Klimanutzen ergibt sich eher indirekt, wenn es dadurch zum Ausbau von Öko-Kraftwerken kommt. "Die Zertifikate haben nicht den besten Ruf, aber sie bewirken etwas", sagt Müllner.
Wann ist der Stadtwerke-Strom in Augsburg kohlefrei?
Aktuell haben die Stadtwerke in ihrem gesamten Strommix noch um die 18 Prozent Kohleanteil und etwa sechs Prozent Atomstrom. Von Umweltaktivisten aus dem Klimacamp gibt es am Kohleanteil Kritik. Lediglich die Umstellung auf Ökostrom in der Grundversorgung sei zu wenig. Auch die Grünen wollen einen zügigen Abschied aus der Kohle vor 2038. Einen schnellen Komplettausstieg versprechen die Stadtwerke aktuell nicht. Der Anteil werde aber sinken, wenn man vermehrt Ökostrom ausbaue und im gewerblichen Bereich vermarkte, ist Müllner überzeugt. Der Weg führe über eine Erhöhung der Nachfrage nach Ökostrom.
Als weiteren Baustein dabei, klimaschonend Energie bereitzustellen, sehen die Stadtwerke den Ausbau ihres Fernwärmenetzes. Gegenüber einer Heizung mit Erdgas machten die CO2-Emissionen pro Haushalt bei einer Versorgung mit Fernwärme weniger als die Hälfte aus. "Das ist eines der größten Ökoprojekte in Augsburg", so Müllner. Das Biomassekraftwerk produziere Fernwärme und Strom aus heimischem Holz, aus der Müllverbrennungsanlage wolle man künftig noch mehr Energie aus der Verbrennungshitze fürs Fernwärmenetz abzapfen. Langfristig werde die Fernwärme dem Erdgas ein Stück weit den Rang ablaufen, zumal das Gas über die CO2-Bepreisung immer teurer werde, sagt Müllner. Im Mobilitätsbereich, betont Müllner, seien die Stadtwerke ohnehin schon ökologisch unterwegs. Der Strom für die Straßenbahn kommt aus regenerativen Quellen, das Erdgas für die Busse wird aus vergorener Biomasse wie Stroh gewonnen.
Wie kann Augsburg klimaneutral werden?
In einem Modell haben die Stadtwerke ein Szenario entwickelt, wie Augsburg klimaneutral werden könnte. Der Löwenanteil der jährlich ausgestoßenen 2,2 Millionen Tonnen CO2 soll durch sogenannte Dekarbonisierung eingespart werden, also durch das Auswechseln von fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle durch Wasserstoff, Ökogas oder Ökostrom. Auch die Photovoltaik müsste ausgebaut werden. Zu geringeren Teilen würden Energieeinsparungen (Dämmung von Gebäuden, der Umstieg vom Auto auf Rad und Nahverkehr) und Kompensationsmaßnahmen (Aufforstung von Wäldern) eine Rolle spielen. Der volkswirtschaftliche Investitionsaufwand läge laut einer Schätzung allerdings im niedrigen zweistelligen Milliardenbereich.
Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge über die Bewegung "Fridays for Future" an:
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