Frau Radu, bei veganem Essen denken viele: Auweia, nur pflanzliche Produkte, keine tierischen Produkte wie Fleisch oder Milch – wo bleibt da der Genuss? Sind Sie ein Genussmensch?
Lena-Marie Radu: Absolut! Ich liebe gutes Essen. Und interessanterweise bin ich noch mehr Genussmensch, seit ich mich vegan ernähre, weil ich mich intensiver mit Zutaten, Qualität, Gerüchen und Geschmacksrichtungen beschäftige. Ich empfinde mein Kochen und Essen seither als viel sinnlicher, denn im Fokus meiner Ernährung stehen Frische und Farbigkeit. Gemüse und Obst sind so wunderbar bunt und es lässt sich richtig toll spielen mit den Farben.
Warum haben Sie sich für eine vegane Ernährung entschieden?
Radu: Das ist etwas über ein Jahr her. Vorher war ich Veganern gegenüber sogar eher kritisch eingestellt, weil mir das extrem erschien. Noch im Mai 2014 habe ich Fleisch gegessen, und da wusste ich schon, das war das letzte Mal. Ich entdeckte eine Broschüre über vegane Ernährung, auf deren Rückseite stand: Vier Wochen ausprobieren und Wunder erleben. Schon nach wenigen Tagen spürte ich, wie gut mir die neue Ernährung tut. Ich habe gespürt, dass essen viel wichtiger ist, als ich dachte. Denn: Ich ernähre mich von dem, was ich esse. Was ich esse, hält mich am Leben.
„Der Mensch ist, was er isst“, wusste schon der deutsche Philosoph Ludwig Feuerbach. Das macht ja auch chemisch gesehen Sinn, denn die Atome, die wir essen, verwandeln sich per permanenter Zellerneuerung in einen Teil von uns…
Radu: Genau, und deshalb ist es meiner Meinung nach eine zentrale Frage im Leben: Welche Energie will ich aufnehmen? Deswegen ist veganes Essen biologischer Herkunft auch „Peace Food“, denn durch diese Ernährung schadet man der Erde und den Tieren weit weniger als bei konventioneller Ernährungsweise. Wenn man Fleisch isst oder Milch trinkt, isst man das Leid der Tiere mit. Kuhmilch ist Muttermilch für das „Baby“ der Kuh, sie soll das Kalb ein halbes Jahr lang ernähren. Der konventionelle Ernährungsstil, der einen enormen Konsum an Milchprodukten mit sich bringt, führt dazu, dass Kühe nach jeder Geburt erneut künstlich befruchtet werden, ihnen ihre Kälber weg genommen werden, um alleine in einer Kalbfleischanlage ein kurzes und elendes Leben zu haben. Abgesehen davon sind Milchprodukte nicht gesund, sie übersäuern, verschleimen den Darm und signalisieren unserem Körper „Wachstum“ – was auch zu negativem Wachstum führen kann, Stichwort Zellwucherungen.
Fühlen Sie persönlich sich anders?
Radu: Ja, ich fühle mich leichter, nicht nur, aber auch gewichtsmäßig. Ich fühle mich gesund und war seit der Umstellung nicht mehr krank. Außerdem habe ich einen stärkeren Zugang zu meinen Sinnen bekommen. Ich habe das Gefühl, meine Geschmacks- und Geruchsnerven sind sensibler geworden. Ich habe Ballast abgegeben, meinen Körper und Geist erleichtert.
Wie sieht denn Ihre Küche aus?
Radu: Am wichtigsten sind mir die Frische und die biologische Herkunft der Lebensmittel, die ich esse. Es gibt auch viele deftige Gerichte, zum Beispiel Currywurst mit Bratkartoffeln oder Spaghetti Bolognese, sehr gerne koche ich Suppen mit feinen Einlagen, und ich habe im letzten Jahr tolle Tricks kennengelernt; mein erstes „aha – Vegan-schmeckt-ja-köstlich-Erlebnis“ war eine super feine Mousse au Chocolat. Genial ist auch Matjes in Sahnesoße oder Gugelhupf mit selbst gemachtem veganem Eierlikör.
Das heißt, es geht gar nicht nur um Verzicht, sondern mehr um: Anders zubereitet?
Radu: Ja, auch. Denn ich habe ja tierische Produkte, was den Geschmack betrifft, gerne gegessen. Und jetzt esse ich manchmal Gerichte, die geschmacklich stark daran erinnern, zum Beispiel Sahnesoße. Doch nun ist das Gericht pflanzlich und kein Tier muss für meinen Genuss leiden und sterben. Mit ein bisschen Wissen und Raffinesse kann man Milchprodukte ziemlich einfach ersetzen. Manchmal fühle ich mich, als würde ich zaubern.
Haben Sie Tipps, wie Berufstätige und zeitlich eingespannte Menschen sich vegan ernähren können?
Radu: Es ist ein Gerücht, dass gutes veganes Essen so viel aufwendiger ist. Man muss nur ein paar Tricks kennenlernen und die richtigen Zutaten zusammenhaben, dann ist die Küche schneller und einfacher. Zum Beispiel kann man ohne tierische Produkte viel leichter auch mal vorkochen, weil es sich länger hält. Wenn man keine Tupperdosen mitnehmen möchte, findet man in fast jedem Restaurant veganes Essen. Im Internet sind zum Beispiel auf Happycow.com vegane und vegan freundliche Adressen aufgelistet. Und wenn man unterwegs ist, gibt es auch immer mehr Angebote, auch bei Bäckereien.
Warum haben Sie sich entschieden, eine Kochschule aufzumachen?
Radu: Weil ich sehr gerne etwas von dem weitergeben will, was ich gelernt und gewonnen habe, seit ich vegan lebe. Einerseits diese Leichtigkeit, andererseits ganz praktisch die nötigen Tipps und Tricks und die große Freude am Kochen. Neben den Kochkursen biete ich auch Caterings an, um meine Philosophie des friedlichen Genießens auch über unsere Küchen hinaus in andere Winkel Augsburgs zu tragen.
Wie kann ich mir einen Kochkurs bei Ihnen vorstellen?
Radu: Der Kurs ist für bis zu sieben Personen bestimmt und dauert etwa sechs Stunden. Ich komme auf Wunsch mit meinem „Veganesha“-Koffer gefüllt mit wichtigen Zutaten für die vegane Küche – ich nenne sie gerne die „veganen Geheimnisse“, zu Familien, in Freundeskreise, zu Paaren nach Hause. Wir beginnen mit Kaffee, Tee und Kuchen und etwas Theorie, dann bereiten wir drei Gänge gemeinsam zu. Ich baue das so auf, dass man in jedem Gang eine andere Möglichkeit lernt, wie man beispielsweise Ei, Milch, Sahne oder Käse ersetzen kann. Mittlerweile stelle ich auch Käse selbst her, zum Beispiel Mozzarella auf Cashew-Basis.
Vegane Geheimnisse klingt gut, was meinen Sie damit?
Radu: Die meisten von uns essen gerne deftig, Gulasch oder eben Currywurst oder so etwas. Und mit ein paar Zutaten geht das wunderbar vegan. Die verrate ich aber erst in meinem Kurs (lacht). Letztlich ist mir vor allem wichtig, mit den Kursteilnehmern das Spielerische am Kochen zu üben, Intuition und Kreativität freien Raum zu lassen. Und natürlich: gemeinsam zu genießen.
Info Der nächste Kurs findet am Samstag, 10. Oktober, statt und es sind noch Plätze frei. Kosten: Kochkurs inklusive Zutaten und Infomaterial: 85 Euro pro Person. Geplantes Menü: Nudelsalat mit glutenfreien Nudeln in veganer Mayonnaise mit buntem Gemüse und veganem Speck (I); Semmelknödel mit Schwammerlsoße (II); selbst gemachtes Haselnusseis mit Kokospralinen. www.vegane-kochschule-augsburg.de