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Augsburg: Sorge um das Flair der Bismarckstraße

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Sorge um das Flair der Bismarckstraße

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    Das Lichterfest in der Bismarckstraße ist vor allem dem Engagement der Geschäftsleute zu verdanken. Anwohner hoffen nicht nur, dass derartige Events fortbestehen.
    Das Lichterfest in der Bismarckstraße ist vor allem dem Engagement der Geschäftsleute zu verdanken. Anwohner hoffen nicht nur, dass derartige Events fortbestehen. Foto: Annette Zoepf

    Das Lichterfest in der Bismarckstraße lockte wieder einmal zahlreiche Auswärtige ins Viertel. Doch auch die Anwohner wissen, was sie an ihrer Straße haben: Da gibt es den Bioweinhandel Scheffler und die Lokalhelden, ein Bistro und Geschäft für regionale Produkte. Designerinnen haben sich hier ebenso angesiedelt wie „Malzeit“, ein Laden für Kaffee und Geschenke. Längst sind auch die nervenaufreibenden Monate während der Sanierung des maroden Kopfsteinpflasters vergessen.

    Dennoch sehen die Bewohner keinen Anlass, sich zufrieden zurückzulehnen. Im Gegenteil: Die unsichere Zukunft ihres Tengelmann-Marktes ließ Maria Müller und Werner Petrak auf die Straße gehen. Sie sammelten Unterschriften für den Erhalt des Lebensmittelgeschäftes. Fast 1200 Personen hätten mittlerweile unterzeichnet. Da noch weitere Listen in diversen Geschäften ausliegen, dürfte die Zahl der Unterstützer noch steigen.

    Die Rolle im Übernahmepoker

    Wer vor dem kleinen Supermarkt in der Bismarckstraße steht, nimmt ein reges Kommen und Gehen wahr. Die meisten Kunden erledigen zu Fuß ihre Einkäufe. Müller und Petrak wünschen sich, dass der „soziale Mittelpunkt“ in ihrem Viertel erhalten bleibt, wie sie auch in einem Schreiben an Vertreter der Stadt betonen. Auch wenn sie nicht wissen, welche Rolle ihr Markt im Übernahmepoker der Konzerne Rewe und Edeka spielt, hoffen sie, dass zumindest das Angebot an sich weiter besteht.

    Das sieht auch Wirtschaftsreferentin Eva Weber so. „Der Bereich Bismarckviertel ist im aktuell beschlossenen Einzelhandelsentwicklungskonzept als Teil des zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt ausgewiesen.“ Ziel sei es, bestehende Strukturen zu erhalten, zu stärken und weiterzuentwickeln. Der Lebensmittelmarkt übernimmt laut Weber eine wichtige Nahversorgungs- und Treffpunktfunktion für die umliegende Wohnbevölkerung, die es langfristig zu sichern gelte. Dass sich die Bismarckstraße in den vergangenen Jahren zu einer Straße mit besonderem urbanen Ambiente entwickelt habe, sei auch dem Engagement der Bewohner zu verdanken, so die Wirtschaftsreferentin.

    Weiteres Kapitel in Göggingen

    Rudis Radleck verlässt die Bismarckstraße. Rudi Abenthum zieht mit seinem Fachgeschäft in ein paar Monaten nach Göggingen.
    Rudis Radleck verlässt die Bismarckstraße. Rudi Abenthum zieht mit seinem Fachgeschäft in ein paar Monaten nach Göggingen. Foto: Annette Zoepf

    Sorgen macht den Bewohnern Aktionsgruppe nicht nur der mögliche Verlust ihres Geschäfts für die Dinge des täglichen Bedarfs. Sie beobachten auch eine Tendenz, Läden und Mietwohnungen in Büros und Eigentumswohnungen umzuwandeln. Längst sind eine Metzgerei und eine Konditorei verschwunden. Ende Februar gibt auch Rudi Abenthum seinen Laden Rudis Radleck in der Bismarckstraße auf. Nicht weil es an Kunden gemangelt hätte, sondern weil der Vermieter ihm die Räume kündigte, um sie, wie Abenthum sagt, während der Sanierung des Mehrfamilienhauses als Lager zu nutzen. „Die Bismarckstraße war für mich der beste Standort überhaupt, ich wäre sehr gerne geblieben“, sagt er.

    Erst vor fünf Jahren zog der Einzelhändler, der seinen Kunden auch maßgeschneiderte Zweiräder anbietet, vom Textilviertel an den neuen Standort um. Ein weiteres Kapitel will der Fahrradhändler jetzt in Göggingen aufschlagen. Dort ist er künftig Mieter seiner Frau. Ihr gehört ein kleiner Neubau in der Habsburgstraße, der Laden, Werkstatt und Büro unter einem Dach vereint.

    Hat die Stadt einen Plan?

    Während Rudi Abenthum im Süden Augsburgs einen Neuanfang wagt, befürchten Müller und Petrak, dass anderen Einzelhändler und Gewerbetreibende in den nächsten Jahren aus ähnlichen Gründen ebenfalls aus der Bismarckstraße verschwinden. Sie erwarten von der Stadt, dass sie „einen Plan“ für ihr Viertel hat.

    Das Baugesetzbuch bietet laut Baureferent Gerd Merkle allerdings „keine geeigneten Einflussmöglichkeiten, um den bestehenden Einzelhandel zu steuern beziehungsweise zu konservieren“. Seitens der Bauverwaltung und der Wirtschaftsförderung könne lediglich im Rahmen der Beratung und eines aktiven Flächenmanagements auf eine Sensibilisierung der Immobilienbesitzer hingewirkt werden, um die Qualität des Quartiers zu erhalten, so Merkle und Weber in einer gemeinsamen Erklärung. „Aus diesem Grund sollte der Erhalt der Läden auch im Sinne der Immobilieneigentümer sein.“

    Maria Müller und Werner Petrak kämpfen für den Erhalt des Tengelmann-Marktes.
    Maria Müller und Werner Petrak kämpfen für den Erhalt des Tengelmann-Marktes. Foto: Andrea Baumann

    Uli Scheffler trägt seit elf Jahren zur Attraktivität der Bismarckstraße bei. Direkt neben Tengelmann betreibt er einen Weinhandel. „Für uns ist es nicht wichtig, in der Fußgängerzone zu sein“, stellt der Einzelhändler klar. Neben den relativ guten Parkmöglichkeiten schätze er das Zusammengehörigkeitsgefühl der Geschäftsleute im Viertel. „Wir sind hier eine richtige Solidargemeinschaft.“

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