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Augsburg: Sollten kranke Kinder in Corona-Zeiten Augsburger Schulen besuchen?

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Sollten kranke Kinder in Corona-Zeiten Augsburger Schulen besuchen?

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    In den vergangenen Monaten mussten sich Schulfamilien aufgrund der Corona-Pandemie immer wieder auf einen anderen Schulalltag einstellen.
    In den vergangenen Monaten mussten sich Schulfamilien aufgrund der Corona-Pandemie immer wieder auf einen anderen Schulalltag einstellen. Foto: Felix Kästle, dpa

    Seit Montag wird wieder getrennt unterrichtet: Weil der Corona-Inzidenzwerte in Augsburg nach wie vor hoch ist, sind die Klassen weiterführender Schulen zum Wechselunterricht übergegangen, sofern in den Einrichtungen nicht der Mindestabstand eingehalten werden kann. Mit diesem Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht zeigen sich viele Vertreter von Schulen in der derzeitigen Situation zufrieden - Probleme sehen sie aber an einer anderen Stelle. Als Zumutung wird empfunden, dass die Stadt Augsburg in ihren Vorgaben von den Regeln des Freistaates abweicht.

    Lehrer und Schüler in Augsburg fühlten sich ungeschützt

    So hat das Kultusministerium in seinem neuen Rahmen-Hygieneplan festgelegt, dass Grundschulkinder bei leichten Erkältungssymptomen wie Schnupfen ohne Fieber und gelegentlichem Husten weiterhin die Schule besuchen dürfen. Schüler von weiterführenden und beruflichen Schulen müssen jedoch zunächst zu Hause bleiben. "Sie können die Schule wieder besuchen, wenn mindestens 24 Stunden nach Auftreten der Symptome kein Fieber entwickelt wurde und ein ärztliches Attest beziehungsweise ein negativer Covid-19-Test vorliegt (Entscheidung trifft Arzt)", heißt es auf der Seite des Kultusministeriums. In Augsburg sieht die Sache anders aus: Hier dürfen alle Schüler mit milden Krankheitssymptomen die Schule besuchen. Für einen Schulleiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, ist das ein Unding. Lehrer und Schüler fühlten sich ungeschützt, wenn kranke Schüler - wenn auch nur mit leichten Symptomen - den Unterricht besuchten, sagt er. "Am Ende müssen in Augsburg die Schulleiter entscheiden, ob ein Kind den Unterricht besuchen darf und sich danach mit den Eltern auseinandersetzen. Dabei bin ich doch kein Arzt."

    Frederik Hintermayr, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Sozialfraktion SPD/Die Linke, beschäftigt das Thema ebenfalls. Sowohl Kinder und Eltern als auch Lehrer und Erzieher hätten klare Regelungen verdient. Das dauernde und kurzfristige Umschwenken der Stadtregierung bei Entscheidungen sei nicht vermittelbar. "Zudem ist es unzumutbar, den Beschäftigten aufzutragen, den gesundheitlichen Zustand der Kinder zu erheben. Die Bildungsreferentin muss sich jetzt um ausreichenden Schutz von Mitarbeitern kümmern und sie nicht mit zusätzlichen Aufgaben belasten“, fordert er.

    Bayerische Regelung lässt keinen Entscheidungsspielraum zu

    Peter Kosak, Direktor des Schulwerks der Diözese Augsburg, will sich in seinen Einrichtungen an die bayerische Regelung halten. "Das ist eine sehr gute Regelung, die keinen Entscheidungsspielraum zulässt. Sie ist sinnvoll, vor allem auch zum Schutz unserer Lehrkräfte." Mit der Einführung des Wechselunterrichts nach Allerheiligen ist Kosak aber zufrieden. Dieser Schritt sei der richtige gewesen, wenn ihn die Stadt auch lange hinausgezögert habe. "Aufgrund der hohen Infektionszahlen hätte das auch schon ein, zwei Wochen früher passieren dürfen", sagt er. Kosak hat den Überblick über die gesamte Region: Das Schulwerk betreibt 40 Schulen im gesamten Gebiet der Diözese Augsburg - vom Ries bis ins Allgäu, von Tutzing am Starnberger See bis nach Neu-Ulm. "Derzeit ist in unserem Verbreitungsgebiet Augsburg die einzige Kommune, die sich für Wechselunterricht entschieden hat. In allen anderen Landkreisen findet weiterhin Präsenzunterricht statt, obwohl die Inzidenzwerte teilweise ebenfalls sehr hoch sind."

    Oliver Laqua, Schulleiter der Augsburger Fach- und Berufsoberschule (FOS/BOS), hat sich mit seinem Kollegium für einen täglichen Wechsel entschieden. Dadurch erhoffen sie sich, dass Schüler nicht "abtauchen" können. Wie sich das System in der Praxis bewährt, werden die kommenden Wochen zeigen. "Derzeit haben wir zwei Klassen in Quarantäne. Wenn das aber irgendwann mehr werden, dann wird das kompliziert." Er könne verstehen, dass die Stadt den Präsenzunterricht so lange wie möglich aufrechterhalten will. "Der Präsenzunterricht ist nun einmal die beste Variante", sagt er. Laqua werde aber täglich auch mit anderen Meinungen konfrontiert - Schüler, die lieber zu Hause wären, weil ihre Eltern zur Risikogruppe gehören und sie sie nicht gefährden wollten, Lehrer, die am liebsten komplett Distanzunterricht von zu Hause aus geben wollten. Dass die Augsburger Schüler bei leichten Erkältungssymptomen den Unterricht besuchen dürften, könne er ebenfalls verstehen. "Das ist eine praxisnahe Entscheidung. Schließlich müsse man auf Termine bei Ärzten oder Testzentren lange warten. Dann verpassen die Schüler wieder Unterricht." Dennoch laute an der FOS/BOS die Devise, vorsichtig zu sein und Schüler im Zweifel lieber nach Hause zu schicken.

    Derzeit sind in Augsburg 31 Klassen in Corona-Quarantäne

    Aktuell befinden sich laut dem Augsburger Bildungsreferat 31 Klassen in Augsburg in Quarantäne. Man müsse abwarten, wie sich die Schulferien auf das Infektionsgeschehen auswirken. Die Fallzahlen lägen an Schulen deutlich geringer als in der Allgemeinbevölkerung, heißt es aus dem Bildungsreferat. Demnach sind derzeit 0,53 Prozent aller Grund-, Mittel- und Förderschüler mit dem Coronavirus infiziert (insgesamt 84 von 15.728), 0,17 Prozent aller Schüler die ein Gymnasium besuchen (13) und 0,22 Prozent aller Realschüler (10).

    Die Meldungen der Fallzahlen bestätigten, dass die Schulen relativ sichere Orte seien, so Bildungsbürgermeisterin Martina Wild (Grüne). "Mir war es wichtig, gemeinsam mit den Experten eine differenzierte Entscheidung mit Blick auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Schularten zu treffen. Bildungsgerechtigkeit, Kindeswohl und Infektionsschutz müssen gemeinsam betrachtet werden", sagt sie.

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    Wie trifft die Corona-Krise Jugendliche? Hören Sie sich dazu unseren Podcast von Juni 2020 aus der Reihe "Augsburg, meine Stadt" an:

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