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Augsburg: So will der AVV nach der Corona-Krise wieder Fahrgäste zurückgewinnen

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So will der AVV nach der Corona-Krise wieder Fahrgäste zurückgewinnen

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    Im AVV gibt es coronabedingt deutliche Rückgänge bei Fahrgästen und Einnahmen.
    Im AVV gibt es coronabedingt deutliche Rückgänge bei Fahrgästen und Einnahmen. Foto: Michael Hochgemuth (Symbolbild)

    Mit der zunehmenden Dauer der Corona-Pandemie und den aktuell hohen Inzidenzwerten kehren offenbar immer mehr Fahrgäste dem öffentlichen Nahverkehr den Rücken. Der Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) verzeichnete einen Einnahmenrückgang von 17 Prozent von 2019 auf 2020. Auch für die Monate Januar und Februar dieses Jahres ist der Einbruch groß: Es gab sogar 25 beziehungsweise 32 Prozent Einnahmenrückgänge gegenüber den Vergleichsmonaten des Vorjahres. „Es wird langsam kritisch“, sagt AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka, die den Tarifverbund seit Februar leitet. Im vergangenen Jahr seien die Abonnenten dem Nahverkehr noch treu geblieben, aktuell würden aber deutlich weniger neue Abos abgeschlossen.

    Der AVV will die Abwanderung der Fahrgäste aufhalten

    Kisabaka betonte unter Berufung auf wissenschaftliche Studien, dass die Ansteckungsgefahr im Nahverkehr im Vergleich zu anderen Situationen wie Einkauf, Großraumbüro oder Schulen gering sei. Gleichwohl mieden viele Fahrgäste Bus, Tram und Zug. Hinzukomme auch die Homeoffice-Nutzung, die den Fahrgastrückgang beschleunige und auch nach der Pandemie in einem gewissen Maß bestehen bleiben werde. „Es wird darum wichtiger, den Gelegenheitsverkehr zu stärken“, so Kisabaka im Hinblick darauf, dass auch nach dem Ende der Pandemie wohl nicht mehr alle Arbeitnehmer an fünf Tagen die Woche im Büro sitzen werden. „Auf dieses geänderte Nutzungsverhalten werden wir reagieren müssen.“

    Denkbar sei, mit elektronischen Tickets gute Angebote zu machen. Was wie geplant sei, könne man aktuell aber noch nicht sagen, weil man Entwicklungen ein Stück abwarten müsse. „Richtig erholen werden sich die Fahrgastzahlen wohl erst dann, wenn wir wieder alle unbeschwert unterwegs sein können und die Angst vor Ansteckungen sinkt.“ Dann müsse man aber zügig Konzepte zur Fahrgastrückgewinnung aus der Schublade ziehen können. Corona sei bei der Verkehrswende ein Rückschlag gewesen, so Kisabaka. „Nun geht es darum, die Abwanderung der Fahrgäste in Richtung Fahrrad und Auto aufzuhalten.“

    Geld wird im Augsburger Nahverkehr ein größeres Thema werden

    Ein noch größeres Thema als bisher dürfte im Nahverkehr in den kommenden Jahren das Geld werden. Denn einerseits seien Einnahmen durch die Corona-Pandemie weggebrochen. Andererseits koste es Geld, den Nahverkehr durch neue Angebote und Innovationen wieder attraktiv zu machen, so Kisabaka. Zuletzt gab es deswegen auch politische Diskussionen im Zuge der Bewertung der Tarifreform von 2018, bei der fast alle Parteien Änderungen forderten. Dazu zählen die Tarife für Gelegenheitsfahrer in der Stadt oder ein 365-Euro-Ticket ohne Sperrzeit.

    Kisabaka bemerkt zu den politischen Forderungen, dass diese gegenfinanziert werden müssen. „Alle Forderungen, die in Richtung Senkung der Tarife gehen, sind schön für die Fahrgäste, aber in Studien und auch beim Vorbild Wien mit seinem 365-Euro-Ticket hat sich gezeigt, dass der Preis nicht allein entscheidend dafür ist, dass mehr Fahrgäste mitfahren“, so Kisabaka. Es gehe vor allem darum, wie das Gesamtsystem mit dem Angebot, den Tarifen und der Finanzierung funktioniert.

    AVV will stärker auf On-Demand-Angebote setzen

    Im Bereich des Regionalbusverkehrs kündigte Kisabaka an, stärker auf sogenannte On-Demand-Angebote setzen zu wollen, also Verkehrsangebote auf individuelle Anforderung. Die Stadtwerke experimentieren derzeit mit dem Swaxi, also einer Mischung zwischen Taxi und Nahverkehr. Die Fahrzeuge werden via Handy-App geordert und fahren zu 4000 festgelegten Haltepunkten. Preislich werden sie, wenn das Angebot voll umgesetzt wird, wohl zwischen Nahverkehr und Taxi liegen. Auch im Augsburger Umland kann sich Kisabaka derartige Angebote vorstellen, wobei deren Ausgestaltung noch unklar ist.

    Ob schwach genutzte Buslinien durch Kleinbusse, die auf Anforderung kommen, teilweise ersetzt werden, ließ Kisabaka offen. Möglicherweise werde es auch eher um ergänzende Angebote gehen. „Wir sind im Dialog mit den Kommunen“, so Kisabaka. Stark genutzte Buslinien und Schülerverkehre blieben in jedem Fall erhalten. Kleinbusse, die auf Anforderung kommen, seien auch nicht zwingend günstiger, so Kisabaka. „Die Fixkosten sind ja so oder so da.“

    Änderungen seien auf die Schnelle ohnehin nicht zu erwarten, da diese mit der Neuausschreibung von Buslinien, die ab 2024 in die nächste Runde gehen, erfolgen müssen. Dies gelte auch für die zunehmende Elektrifizierung des Busangebots. Im AVV gibt es eine Pilotlinie zwischen Zusmarshausen und der Uniklinik, die elektrisch verkehrt. „Die Busse sind leistungsfähiger als gedacht“, so Kisabaka. Die Erfahrungen, was Reichweite und Wartung betrifft, wolle man berücksichtigen, wenn es um die Entscheidung für weitere E-Bus-Linien geht. Für die Fahrgäste sollen in absehbarer Zeit an etwa 25 Haltestellen in der Region (vorwiegend Bahnhöfe und Knotenpunkte) elektronische Echtzeit-Anzeigen kommen, die Auskunft über die nächsten Anschlüsse geben.

    Linda Kisabaka sitzt seit 1. Februar im AVV-Chefsessel.
    Linda Kisabaka sitzt seit 1. Februar im AVV-Chefsessel. Foto: Annette Zöpf

    Der Tarifverbund vereinigt den Straßenbahn-, Bus- und Zugverkehr in Augsburg und den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Teilen des Landkreises Dillingen. Eine Ausweitung auf die Landkreise Donau-Ries und den gesamten Landkreis Dillingen wird aktuell überprüft. Kisabaka leitet den Tarifverbund seit Februar. Zuvor war die promovierte Betriebswirtin bei mehreren Eisenbahnunternehmen tätig. Kisabaka war vor ihrer Laufbahn Leichtathletik-Profisportlerin und Olympia-Teilnehmerin 1996 in Atlanta.

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