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Augsburg: So kann Augsburg eine blühende Stadt werden

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So kann Augsburg eine blühende Stadt werden

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    Endlich Frühling: Eine Biene hat sich an einem blühenden Strauch auf der Streuobstwiese in der Firnhaberau an die Arbeit gemacht.
    Endlich Frühling: Eine Biene hat sich an einem blühenden Strauch auf der Streuobstwiese in der Firnhaberau an die Arbeit gemacht. Foto: Michael Eichhammer

    Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ bezeichnet Simon Riedlberger aus Inningen als „Initialzündung“ für eine Geschäftsidee. Der 21-jährige Landwirt, der derzeit auf die Technikerschule für Agrarwirtschaft in Triesdorf geht, fragte sich: Hatte die Aktion nur Symbolcharakter oder wollen die Leute wirklich etwas bewegen? Eine Antwort darauf soll Riedlbergers Projekt einer Blühwiese liefern. Statt Ackerbohnen wird die Familie in Inningen ab Mitte April unter anderem heimische Kräuter und regionale Blumen anpflanzen. Die knapp ein Hektar große Blühwiese soll Insekten als Lebensraum dienen.

    Blüh-Paten zahlen 50 Euro im Jahr

    Die Idee: Wer sich aktiv für Insekten einsetzen will, kann dies als Pate für die Blühwiese tun. Bereits jetzt haben sich 40 Blühpaten gefunden. Die zertifizierte Patenschaft über 100 Quadratmeter neue Heimat für Insekten kostet 50 Euro im Jahr. Noch können mindestens 40 weitere Patenschaften übernommen werden. Auf der Insektenwiese soll nicht nur auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet werden, sondern auch aufs regelmäßige Mähen. „Das Beste ist, der Natur freien Lauf zu lassen“, ist der angehende staatlich geprüfte Agrartechniker Riedlberger überzeugt.

    Auch in Lechhausen entsteht derzeit eine Blühwiese. Junglandwirt Andreas Burkhardt stellt eine Fläche von 2,8 Hektar nahe dem Firmensitz von Kuka zur Verfügung. Burkhardt studiert in Weihenstephan Agrarwissenschaften und führt den landwirtschaftlichen Familienbetrieb mit seinem Vater und Opa. Auch er wurde durch das Volksbegehren inspiriert: „Mit einer Patenschaft geben wir jedem Bürger die Möglichkeit, gemeinschaftlich etwas für die Insekten zu tun“, sagt der 20-Jährige.

    Die Natur ist der Gärtner

    Die Idee fällt sprichwörtlich auf fruchtbaren Boden: Bereits 136 Unterstützer haben sich gefunden und die Patenschaft für insgesamt 1700 Quadratmeter Insektenwohnraum übernommen. Größtenteils Privatpersonen, aber auch Institutionen wie der Tierschutzverein Augsburg. Die geplante Blühfläche soll in etwa zwei Wochen angesät werden. Wenn das Wetter mitspielt, denn die Blühmischung aus 44 Kulturpflanzen und Wildarten verträgt keinen Frost und braucht Regen. „Es geht nicht nur um Lebensraum und eine Nahrungsquelle für Bienen, sondern um alle Insekten und wild lebenden Tiere, beispielsweise Rebhühner und Hasen“, erklärt Burkhardt. Eine solche Wiese würde zudem Stickstoffauswaschungen im Boden verhindern. Keine Düngung, kein Pflanzenschutz, kein Abmähen: Der „Gärtner“ soll die Natur sein.

    Etwa fünf bis zehn ähnliche Blühwiesen-Projekte anderer Landwirte entstehen derzeit in Augsburg und Umgebung, schätzt Andreas Burkhardt. „An der Vielfalt erfreuen sich Mensch und Tier, deshalb hoffen wir, dass diese Idee sich noch viel weiter ausbreiten wird“, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Heinz Paula.

    Samen aus dem Stadtwald kommt auf die Grünflächen

    Für Augsburg ist die Artenvielfalt alles andere als ein neues Thema: Bereits vor zehn Jahren verabschiedete die Stadt als eine der ersten Kommunen in Bayern ihre Biodiversitätsstrategie. Im Rahmen des Projekts „Insekten.Vielfalt.Augsburg“ sollen in Partnerschaft mit dem Landschaftspflegeverband Samenmischungen aus dem Stadtwald auf Grünflächen übertragen werden, um blütenreiche Wiesen zu schaffen. Ab August werden auch Flächen von Kooperationspartnern wie der Uni und dem Zoo auf diese Weise beimpft. „Wir wollen in den nächsten zwei Jahren ein Biotopnetz durch Augsburg spannen, damit Insekten auch wandern können“, erklärt Nicolas Liebig, Geschäftsführer des LPVA.

    Eine Blaupause dieser Maßnahme wurde bereits im Sommer letzten Jahres auf der Weltwiese an der Carl-Schurz-Straße in Kriegshaber verwirklicht. Gemeinsam mit der Wohnbaugruppe Augsburg wurde ein 1500 Quadratmeter großer Bereich in eine Blühfläche umgewandelt. „Derzeit befindet sich die Wiese noch im Wachstum“, erklärt Andrea Wolf von der WBG. „Wir erwarten frühestens im Sommer, also etwa ein Jahr nach der Aussaat, ein sichtbares Ergebnis.“

    Umweltreferent Reiner Erben sieht auch viel Potenzial bei den Bürgern: „Wenn in privaten Gärten Blühwiesen angelegt werden oder statt des Maschendrahtzaunes eine Totholzhecke oder Benjeshecke angelegt wird oder auf große Steinflächen verzichtet wird, ist viel gewonnen.“

    Biotop entstand vor 25 Jahren

    Eine Art Archetyp der Blühwiese ist schon seit Jahrzehnten etabliert: die Streuobstwiese. Ziel ist, alte Obstbaumsorten zu retten, die sonst durch die Bebauung verloren gegangen wären. Eine davon befindet sich, unweit der Autobahn, in der Firnhaberau. Unterhalten wird sie vom dortigen Gartenbau- und Kleintierzuchtverein. Auf dem 7500 Quadratmeter großen Areal darf nicht gedüngt und nur zwei Mal im Jahr gemäht werden. Vor bald 25 Jahren entstand dieses naturbelassene Biotop. „Ein Naherholungsgebiet“, nennt es der Zweite Vorsitzende Bernhard Schratt. Nicht nur für Fußgänger: Vögel und Insekten fühlen sich hier wohl. „Was das Volksbegehren forderte, machen wir hier seit Jahrzehnten“, findet Vereinschef Dieter Wager.

    In einem weiteren Punkt erinnern die Streuobstwiesen an die modernen Blühwiesen: Die Bäume, die heute Mensch und Tier dort erfreuen, wurden seit 1995 durch Patenschaften ermöglicht.

    Wer sich für eine Blühpatenschaft in Inningen interessiert, erfährt unter der Telefonnummer 0176/2222 3765 Näheres. Die E-Mail-Adresse lautet: riedlbergers-hobbygarten@web.de

    Über die Blühpatenschaft in Lechhausen kann man sich unter bienenweide-patenschaft.com informieren.

    Der Gartenbau-und-Kleintierzuchtverein-Firnhaberau gibt auf seiner Webseite www.gkv-firnhaberau.de auch Einblick in sein Projekt Streuobstwiese.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Für Arten- und Strukturvielfalt

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