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Augsburg: So kämpfen Betriebsräte in Augsburg für ihre Kolleginnen und Kollegen

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So kämpfen Betriebsräte in Augsburg für ihre Kolleginnen und Kollegen

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    Betriebsrat und Gewerkschaft unterstützen die Belegschaft von Premium Aerotec im Kampf gegen Stellenabbau und Zerschlagung.
    Betriebsrat und Gewerkschaft unterstützen die Belegschaft von Premium Aerotec im Kampf gegen Stellenabbau und Zerschlagung. Foto: Bernd Hohlen (Archivbild)

    Der Betriebsratsvorsitzende von Premium Aerotec, Sebastian Kunzendorf, zog in den vergangenen Jahren immer wieder ausgestattet mit Plakat und Trillerpfeife auf Kundgebungen rund um das Werk an der Haunstetter Straße und wehrte sich so gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen gegen den Stellenabbau und zuletzt die vom Mutterkonzern Airbus geplante Zerschlagung des Standorts. Bei seinen Ansprachen redete er sich heiser, gab anschließend noch viele Interviews und saß zuletzt weit weg von Augsburg lange an Verhandlungstischen und in Sitzungen.

    Seit fast 20 Jahren ist Kunzendorf Betriebsrat beim Flugzeugzulieferer Premium Aerotec, mittlerweile als Vorsitzender des Gremiums. "Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Beschäftigten sind wichtig", begründet er sein Engagement. Immer wieder hätten er und seine Mitstreiter sowie Mitstreiterinnen Erfolg. Das berichten auch Kollegen aus anderen Augsburger Betrieben. Am Donnerstagvormittag kamen sie im Augustanasaal zusammen, um über ihre Arbeit zu sprechen.

    Große Kündigungswellen, aber kaum betriebsbedingte Kündigungen

    Mit dabei waren Werner Wiedemann (MAN Energy Solutions), Thomas Fischer (Faurecia), Markus Salzger (Kannegiesser) und Klaus Refle (Renk). Manche von ihnen stecken mit ihren Betrieben derzeit ebenfalls in einer schwierigen Lage. Mit ansehen zu müssen, dass Stellen abgebaut werden und Kollegen ihren Arbeitsplatz verlieren könnten, sei keine leichte Aufgabe, sagen sie. "In manchen Phasen ist diese Tätigkeit extrem belastend", gibt Sebastian Kunzendorf zu, vor allem dann, wenn eine schlechte Nachricht die nächste jagt. Trotzdem sei Aufgeben in all den Jahren für ihn nie eine Option gewesen. Mitbestimmung der Belegschaft lohne sich und schaffe Zukunft, sind sich die Betriebsräte einig. Dafür gebe es Beispiele, die immer wieder aufs Neue motivieren.

    Sebastian Kunzendorf ist Betriebsratsvorsitzender bei Premium Aerotec
    Sebastian Kunzendorf ist Betriebsratsvorsitzender bei Premium Aerotec Foto: Silvio Wyszengrad

    So konnten bei Premium Aerotec zuletzt unter anderem mit einem gut dotierten Freiwilligenprogramm betriebsbedingte Kündigungen verhindert werden, beim Automobilzulieferer Faurecia kam es beim Stellenabbau Anfang des Jahres mit Zutun der Arbeitnehmervertreter nur zu einer einzigen betriebsbedingten Entlassung. Bei MAN Energy Solutions ist es gelungen, die zunächst im Raum stehende Zahl von 1800 zu streichenden Stellen auf 820 zu drücken. "Dank Interessensausgleich und Sozialplan können wir es bis 2023 schaffen, auch hier ohne betriebsbedingte Kündigung durchzukommen", so Gesamtbetriebsratsvorsitzender Werner Wiedemann. Hätte in dieser Situation jeder Beschäftigte für sich selbst kämpfen müssen, wäre er wohl auf verlorenem Posten gewesen, ist sich Wiedemann sicher. Auch in Zeiten, in denen das Geschäft floriert, wie derzeit bei Renk. Hier bereiten sich die Arbeitnehmervertreter bereits auf einen möglichen Verkauf des Getriebeherstellers durch den Mehrheitseigner Triton vor. "Dann wollen wir möglichst gut aufgestellt sein und im Sinne der Belegschaft mitgestalten", so Klaus Refle.

    Werner Wiedemann ist Gesamtbertiebsratsvorsitzender bei MAN Energy Solutions.
    Werner Wiedemann ist Gesamtbertiebsratsvorsitzender bei MAN Energy Solutions. Foto: Silvio Wyszengrad

    Nicht jedes Unternehmen akzeptiert einen Betriebsrat

    Die Herren werben daher an diesem Donnerstagvormittag für die Betriebsratswahlen, die turnusmäßig im Frühjahr kommenden Jahres stattfinden werden. Während sich die Betriebsräte der Runde wenig Sorgen um eine rege Beteiligung in ihren Unternehmen machen, schielt Augsburgs IG Metall-Chef Michael Leppek auf die kleineren und mittleren Betriebe der Stadt. In großen Industriebetrieben gebe es traditionell eine oft erfolgreiche "Kultur der Mitbestimmung", an anderen Stellen sehe das anders aus. Wie viele Betriebsräte es in Augsburg gibt, darüber gebe es keine Zahlen, doch noch immer sei ein Betriebsrat in vielen Unternehmen nicht gewünscht, so Leppek. Etwa 50 Prozent aller Anfragen zu Betriebsratsgründungen liefen daher ins Leere. "Oft signalisiert hier der Arbeitgeber ganz deutlich Konsequenzen wie die Kündigung, wenn die Mitarbeiter an ihrem Plan festhalten." Das mache die Situation vielfach schwierig. Unternehmen, die aus wenigen Mitarbeitern heraus immer größer werden, würden teils den richtigen Moment für die Gründung eines solchen Gremiums verpassen. "Sie kommen dann, wenn es schon zu spät ist", so Leppek.

    bei einer Pressekonferenz haben Betriebsräte von ihrer Arbeit erzählt.
    bei einer Pressekonferenz haben Betriebsräte von ihrer Arbeit erzählt. Foto: Silvio Wyszengrad

    Dabei sollte Mitbestimmung durch die Belegschaft auch in kleineren Betrieben selbstverständlich sein. Das sieht auch Markus Salzger so. Kannegiesser habe nur 43 Mitarbeiter, aber Themen wie Homeoffice und Digitalisierung gingen auch hier nicht einfach spurlos vorbei. "Wir als Betriebsrat wollen, dass die Mitarbeiter auf diesem Weg nicht abgehängt werden, sondern weiter mit vollem Einsatz dabei sein können", erzählt er. Dafür setze man sich ein.

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