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Augsburg: Sina Trinkwalder legt wegen Coronavirus Nachtschichten ein

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Sina Trinkwalder legt wegen Coronavirus Nachtschichten ein

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    Sina Trinkwalder hat den Urbandoo entwickelt – einen Schal mit Atemschutzfilter.
    Sina Trinkwalder hat den Urbandoo entwickelt – einen Schal mit Atemschutzfilter. Foto: Tom Trilges

    Sina Trinkwalder ist froh, dass sie mit ihrer neuen Erfindung vor dem Bekanntwerden des Coronavirus an den Markt ging. Die Augsburger Textilunternehmerin hatte einen anderen Beweggrund, als sie Urbandoo erfand – Schals mit eingebautem Filter. Seit Dezember verkauft sie die Schals in Loop-Form, die in ihrer Firma Manomama in Augsburg produziert werden. Es sollte ein neues Angebot sein. Vom Coronavirus wurde Trinkwalder dann überrascht. Seit einigen Wochen müssen die Unternehmerin und ihr Team Nachtschichten einlegen.

    Sina Trinkwalder sagt, seit dem Coronavirus kommt sie mit der Produktion kaum noch nach. Mit 5000 verkauften Schals im ersten Jahr habe sie gerechnet. Jetzt verkaufe sie 5000 bis 10.000 Stück im Monat: „Wir werden überrannt.“ Dabei hatte Trinkwalder etwas anderes im Sinn, als sie mit ihrem Lebensgefährten das neue Produkt austüftelte.

    Sina Trinkwalder war von der Idee mit dem intelligenten Schal begeistert

    Eine Studie hatte sie vor Jahren zum Nachdenken gebracht: „Demnach hat heutzutage jedes zweite Kind eine Atemwegserkrankung.“ Die Augsburgerin sagt: „Verschmutzte Luft ist längst nicht mehr nur in Asien ein Problem. Und es bringt nichts, nur auf den Diesel einzuhauen. Es geht auch um Feinstaub aus Heizöfen und um Reifenabrieb.“ Sie selbst hatte sich schon längst einen schützenden Schal für ihre Joggingrunden genäht. Ihr Freund habe sie animiert: „Lass uns einen intelligenten Schal machen.“ Trinkwalder erzählt, dass die Idee sie sofort gepackt hatte.

    Und sie ergänzt: „Wer trägt schon gerne eine Atemschutzmaske. Damit sieht man nur krank aus und wird von anderen vielleicht gemieden.“ Zwei Jahre habe sie für die Entwicklung von Urbandoo gebraucht. Der Begriff ist ein Wortspiel, der sich laut der Manomama-Chefin aus „urban“ (städtisch) und Bandeau zusammensetzt. Sie ließ unter anderem dermatologische und zytotoxische Tests machen. Rund 800 Menschen wurden am Gesicht vermessen. Trinkwalder setzte sich mit einer Firma für Katalysatorentechnik zusammen. Das Endprodukt ist ein Loop-Schal, der aus Bio- und Recyclingwolle besteht.

    Der Urbandoo-Schal aus Augsburg hat einen Filter

    Im Inneren verfügt er über einen Filter der Schutzklasse FFP 3. Die drei Buchstaben stehen für „filtering face piece“. Generell werden Atemschutzmasken in die Schutzklassen 1 bis 3 unterteilt. Der Filter im Urbandoo-Schal, erklärt Trinkwalder, halte Feinstaub, Bakterien, Sporen und Pollen aus der Atemluft fern. Das Robert-Koch-Institut etwa listet bei seinen Empfehlungen für den persönlichen Schutz vor dem Coronavirus dicht anliegende Atemschutzmasken mit den Schutzstufen FFP2 und FFP3 auf.

    Trinkwalder, die mit ihrem Lebensgefährten inzwischen in Hamburg lebt, aber unter der Woche in Augsburg arbeitet, hat für ihr Produkt einen Gebrauchsmusterschutz erhalten. Der nächste Schritt ist das Patent. „Das habe ich bereits angemeldet.“ Etwas Vergleichbares gebe es laut Trinkwalder nirgends. Überrascht ist sie, welche Menschen die Schals nachfragen. „Da sind Zielgruppen dabei, an die keiner von uns vorher gedacht hatte“, sagt sie. Menschen mit einer Tierhaarallergie etwa, Heuschnupfengeplagte, Motorradfahrer oder auch Onkologiepatienten. „Mir schrieb eine transplantierte Frau. Sie bedankte sich, weil ihr der Schal ein Stück Normalität wiedergebe.“ Schließlich falle dieser Loop nicht so auf wie eine Atemschutzmaske. Er hänge um den Hals und könne vom Träger bei Bedarf vor die Nase gezogen werden.

    Sina Trinkwalder zu Coronavirus: "Menschen sind verunsichert"

    Wie Sina Trinkwalder erzählt, ist der Urbandoo waschbar, der Filter kann ausgetauscht und extra gekauft werden. Der Schal kostet für Erwachsene knapp 40 Euro, für Kinder knapp 30 Euro. Er ist im Internet bestellbar oder im Manomama-Geschäft in der Philippine-Welser-Straße erhältlich. Das Produkt gehe nun auch in den Einzelhandel. „Für Basic beliefern wir 23 Filialen.“ Für unerwartet zusätzlichen Absatz sorgt jetzt die Angst vor dem Coronavirus. „Wir liefern auch nach Vietnam, China, USA oder etwa Österreich.“

    Bewusst Werbung macht Trinkwalder nicht. „Wir halten uns bedeckt und sagen nicht, wir haben eine Lösung für das Coronavirus.“ Sie wolle sich nicht an Panikschürerei beteiligen. Vielmehr machen sie und ihr Team derzeit am Telefon Dauerberatungen. „Die Menschen sind verunsichert. Wir erklären, dass eine Grippe viel wahrscheinlicher ist. Die Leute sollen Ruhe bewahren, auf Hygiene achten und Hände waschen.“ Wohin es mit ihrem neuen Produkt noch geht, weiß Sina Trinkwalder nicht. „Eigentlich wollten wir nur Kinder, Läufer und Radfahrer damit bedienen.“

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