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Augsburg: Sie ist die singende "Büglerin" aus der Hammerschmiede

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Sie ist die singende "Büglerin" aus der Hammerschmiede

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    Singend geht ihr die Arbeit noch leichter von der Hand: Brigitte Wiedenmann von der Waschgalerie im Riegelcenter in der Hammerschmiede, ist auch bei den Kunden für ihre Gesangsübungen im Geschäft bekannt.
    Singend geht ihr die Arbeit noch leichter von der Hand: Brigitte Wiedenmann von der Waschgalerie im Riegelcenter in der Hammerschmiede, ist auch bei den Kunden für ihre Gesangsübungen im Geschäft bekannt. Foto: Michael Hochgemuth

    Die einen gehen zum Yoga oder in die Zumba-Stunde, Brigitte Wiedenmann muss jede Woche ihre „Musikalität ausleben“. Die 46-jährige Chefin der Waschgalerie im Riegel-Center ist ausgebildete Textilreinigungsmeisterin, im „zweiten Beruf“ aber Hochzeits- und Eventsängerin. An diesem Nachmittag herrscht am Rande der Hammerschmiede in der Neuburger Straße 217 die alltägliche Betriebsamkeit des Dienstleistungsbetriebes: Kunden kommen und bringen Kleidungsstücke, holen Wäsche, zahlen und gehen wieder.

    Doch das kann sich schnell ändern – dann nämlich, wenn die Chefin nach hinten an ihren Bügeltisch geht, den MP3-Player zur Hand nimmt und mit ihrer Stimmbildung beginnt. Das Bild erinnert dann irgendwie an den realistisch gefassten Stoff eines Edgar Degas (†1917), wie er heute in Münchens Neuer Pinakothek die „Büglerin“ zeigt.

    Mitten am Tag erklingt plötzlich „A night like this“ vor der geöffneten Tür auf dem Parkplatz, was die regelmäßige Kundschaft nicht wundert. Wie Wiedenmann erzählt, ist das Stammkunden durchaus bekannt. Und Bewerbern sagt sie bei Vorstellungsgesprächen: „Sie müssen wissen, dass ich dauernd singe.“ Dann können die künftigen Mitarbeiter sich selbst beantworten, ob sie das stört oder nicht. Während ihre Mutter sagt, die Tochter habe gesungen, bevor sie laufen konnte, ließ sie der Opa als Feuerwehrkommandant in Burgau bereits im Alter von sieben Jahren auf Weihnachtsfeiern auftreten. Heute tourt sie als Sängerin mit mehreren Bands – etwa den „Mikados“ oder „free and easy“ – zu Hochzeiten und Volksfesten.

    Die Eltern waren resolut - deshalb der Beruf

    Brigitte Wiedenmann weiß um die Diskrepanz ihrer beiden Seiten. In der dritten Generation führt sie heute die erste chemische Schnellreinigung Augsburgs und sagt: „Meine Eltern waren sehr resolut, deshalb gab es gar keine andere Berufswahl für mich.“ In der Karwendelstraße in Hochzoll eröffnete sie ihre erste eigene Reinigung, bevor sie 2003 mit ihrem Mann Günther den elterlichen Betrieb übernahm und den Namen „Textilpflege Binder“ und damit auch ihren Familiennamen beruflich ad acta legte. Obwohl die beiden Textilreinigungsmeister in der Hammerschmiede als eingespieltes Team überzeugen, bezweifelt Brigitte Wiedenmann, dass sie diesen Berufsweg noch einmal einschlagen würde. Denn nach dreijähriger Ausbildung, fünfjähriger Gesellenzeit und weiteren zwei Jahren Meisterschule hat sie den Eindruck gewonnen, dass die Dienstleistung „nicht sehr wertgeschätzt“ wird. Als größte Stütze bezeichnet sie deshalb die Kunden, „von denen es auch mal ein Lob gibt“.

    Zu ihnen gehört Madeleine Still, die einen wertvollen Schal in der Tasche hat. Weil es sich um ein Lieblingsstück und Geschenk ihres Mannes handelt, liegt ihr eine sorgsame Behandlung am Herzen. Brigitte Wiedenmann kann ihr versichern, er werde pfleglich behandelt. Und als die Kundin das Geschäft verlässt, zeigt ihr Gesichtsausdruck, dass sie von nichts anderem ausging. Auch die Inhaberin der Reinigung freut sich über die angenehme Konversation über den Ladentisch. Ihr zweiter Beruf und die zunehmende Lebenserfahrung stärkten Brigitte Wiedenmanns Selbstbewusstsein und -verständnis. Heute kann sie zu gewissen Dingen auch mal „Nein sagen“. Wichtig ist ihr jedoch, dass es nicht schroff, sondern angemessen höflich klingt. Als sie von der Dance-Abteilung des TSV Firnhaberau von ihrer beinahe Namensvetterin Claudia Wiedemann um einen Auftritt bei der Gala in Gersthofen gebeten wurde, musste sie nicht lange überlegen. Eine solche Show, deren Niveau an Professionalität nicht zu überbieten sei, würde sie eigener Auskunft nach jeder Zeit wieder unterstützen.

    Sie singt Schlager und vieles mehr

    Diese Abteilung sei ein Paradebeispiel dafür, was herauskommen kann, „wenn jeder an einem Strang zieht“. Das einzige, was Brigitte Wiedenmann ändern würde: „Ich würde den Eintritt erhöhen.“ Als Künstlerin, die mit ihrem Repertoire vor allem „am Puls der Zeit“ sein will, bevorzugt sie Schlager und alpenländische Musik ebenso wie Popmusik, RnB oder Country. Auch wenn sie sich bezüglich eines Genres nicht festlegen will, so ist ihr doch an Authentizität gelegen. Wenn sie beispielsweise in einer Fremdsprache – sei es auf Italienisch oder Spanisch – interpretiere, ziehe sie einen Muttersprachler zu Rate und erkundige sich, ob alles stimmt.

    Auch im Türkischen hat sie sich schon versucht. Die Kostprobe hört sich für deutsche Ohren so fremd wie gekonnt an. Der Döner-Mann, der vor der Ladentür seine Speisen verkauft, befand sie für gut. Und natürlich ließ sich Wiedenmann auch darüber aufklären, worum es geht: um Liebeskummer.

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