Auf halber Strecke zwischen Inningen und Bergheim fließt der Diebelbach. Dort hat sich ein Biber sein ganz eigenes Reich geschaffen. Mit Dämmen staute das Tier das Rinnsal zu einem kleinen See auf. Bis zu 20 Reviere gibt es in Augsburg – und Monika Weber von der Unteren Naturschutzbehörde ist dafür zuständig. Sie ist seit einem Jahr die Biberbeauftragte der Stadt.
„Wasser ist ganz wichtig für das Tier“, erklärt sie. Biber bewegen sich meist nicht weit vom Ufer weg. Denn: „An Land sind sie nicht so geschickt, dafür im Wasser Topschwimmer.“ Die plumpen Tiere werden samt Schwanz – in der Fachsprache Kelle – ungefähr einen Meter lang und bis zu 30 Kilogramm schwer. „Sie werden bis zu 15 Jahre alt und leben zusammen mit ihrer Partnerin in einem Revier“, sagt Weber. Einmal im Jahr werfen sie bis zu drei Jungtiere.
Das Problem mit dem Biber
Was den Biber so außergewöhnlich macht, ist seine Art, die Landschaft nach seinem Gutdünken zu gestalten. „Er ist ein Baumeister der Natur“, so nennt ihn Weber und spielt auf seine Fähigkeiten an, große Dämme zu bauen und sogar mit Schlamm abzudichten. Aus fließenden Gewässern macht er stehende. Dabei ist der Biber Vegetarier. „Ab und zu isst er auch mal Äpfel, aber sonst vor allem im Sommer Gräser, Kräuter und leider auch gerne Feldfrüchte und im Winter frische Rinde von Bäumen“, erklärt Weber. Und da liegt auch das Problem.
Immer wieder nagt der Biber Bäume an. In einigen Nächten kann er dabei durchaus auch einen Stamm von 50 Zentimeter Durchmesser schaffen. „Da müssen wir beispielsweise durch Ummanteln der Stämme mit Drahtgeflecht Abhilfe schaffen“, sagt Weber, die zusammen mit vier Naturschutzwächtern Ausschau hält. Sie sei dabei aber auch immer auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. „Pendler, die mit dem Rad fahren, sehen oft, wenn sich etwas am Wegesrand verändert“, erzählt Monika Weber. Vor allem jetzt in der Winterzeit besteht ihre Arbeit aus vielen Ortsterminen, um Anwohner zu informieren und nach potenziellen Gefahren zu sehen. „Wenn ein Baum droht umzufallen, müssen wir schnell reagieren“, sagt sie.
Wo der Biber in Augsburg vorkommt
An der Böschung des Sparrenlechs nahe der City-Galerie wurde beispielsweise über den Sommer hinweg ein stabiler Zaun angebracht, der möglichst auch so im Boden verankert wurde, dass sich der Biber nicht mehr durcharbeiten kann. So wird ihm der direkte Weg aus dem Bach in die Grünanlagen der nahe gelegenen Wohnhäuser versperrt. Die vom Biber im vergangenen Winter abgenagten Gehölze sind während des Frühlings und Sommers wieder gut nachgewachsen. „Natürlich hoffen wir, dass die Maßnahmen so wirkungsvoll sind, dass am Sparrenlech keine größeren Schäden durch den Biber mehr entstehen“, sagt Weber. In Augsburg kommen die Biber vermehrt an der Wertach, Singold, Lech oder im Stadtwald vor.
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Neben ihrer Tätigkeit als Biberbeauftragte ist sie vor allem für den Artenschutz und das Vertragsnaturschutzprogramm Offenland und Wald zuständig. Nach einem zweiwöchigen Basislehrgang trat die gebürtige Augsburgerin vor gut einem Jahr ihre Arbeit bei der Unteren Naturschutzbehörde an.
Bis 140 Biber im Augsburger Stadtgebiet
In Zusammenarbeit mit anderen städtischen Ämtern wird immer wieder danach geschaut, Bäume einzuzäunen, damit der Biber nicht daran nagen kann. Derzeit sind es rund 100 bis 140 Tiere im Stadtgebiet. „Die Population wird sich in den kommenden Jahren nicht mehr stark verändern“, sagt Weber. Bis Mitte der 1960er-Jahre war der Biber in Bayern fast ausgestorben und nur durch Wiedereinbürgerungen wurde er gerettet. Die Tiere sind streng geschützt. Das Entfernen von Biberburgen, Dämmen oder das Umsiedeln sind nicht erlaubt. „Nur kleinere Querbauten dürfen im Notfall leicht geöffnet werden“, erklärt Weber. Es kam schon vor, dass durch das Aufstauen von Gewässern Radwege überschwemmt wurden, wie vor einigen Jahren bei Inningen am Seitelbach nahe der Wertach.
Weber charakterisiert die Biber. „Sie sind intelligent, genügsam, an Land etwas behäbig, aber dem Menschen gegenüber keine aggressiven Tiere“, sagt sie. Neben den Menschen – oder im Speziellen Autos – hat der Biber zwei natürliche Feinde: Wölfe und Füchse. „Die einen kommen bei uns nicht vor und Füchse können in der Regel nur für Jungtiere gefährlich werden“, sagt sie. Vermehrt sich der Biber dann nicht unkontrolliert? „Nein, die Möglichkeiten, einen geeigneten Lebensraum zu finden, sind bei uns nahezu ausgereizt. Tiere auf Reviersuche müssen teilweise weite Strecken zurücklegen und sterben an den Folgen der Revierkämpfe oft auf natürliche Art und Weise“, sagt die Biberbeauftragte.
Zu Gesicht bekommt man die Tiere trotzdem selten. „Sie sind nachtaktiv“, erklärt Weber. So sah sie bei ihrem Besuch am Diebelbach kein Tier.
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