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Augsburg: Sie greifen ein, wenn Mietern in Augsburg der Rauswurf droht

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Sie greifen ein, wenn Mietern in Augsburg der Rauswurf droht

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    Mietschulden bringen jedes Jahr viele Augsburger in Not. Ein Team der Stadt versucht,ihnen zu helfen.
    Mietschulden bringen jedes Jahr viele Augsburger in Not. Ein Team der Stadt versucht,ihnen zu helfen. Foto: Silvio Wyszengrad

    Gründe, warum Menschen alles über den Kopf wachsen kann, gibt es viele. Wenn finanzielle Sorgen dazu kommen, wird es brenzlig: Die Abteilung Armutsprävention des städtischen Amtes für Soziale Leistungen hat Jahr für Jahr mit rund 800 Augsburgern zu tun, die Mietschulden haben. Wenn es Spitz auf Knopf steht, kommen Sonja Trenkner und Lea-Sophia Sloboda zum Einsatz. Die beiden Erziehungswissenschaftlerinnen sind im Projekt der aufsuchenden Mietschuldenberatung tätig. Wenn eine Räumungsklage ansteht, erhalten sie eine Information vom Amtsgericht und statten dem betroffenen Mieter einen Besuch ab.

    Seit Oktober vorigen Jahres sind Trenkner und Sloboda als Miet-Retterinnen unterwegs. „Natürlich haben wir zuvor auch versucht, Kontakt mit den betroffenen Personen aufzunehmen und sie angeschrieben, um Unterstützung anzubieten“, erklärt Diana Erdin, die Leiterin der Abteilung Armutsprävention.

    Mit den Jahren wuchs allerdings der Wunsch nach einer aufsuchenden Mietschuldenberatung, von denen sich die Mitarbeiter mehr Erfolg versprachen. Die Betroffenen könne man so einfach besser erreichen. Eine mögliche Hürde: „Manche öffnen in dieser problematischen Lebenssituation auch keine Post mehr“, weiß Sonja Trenkner. Die Personen hätten oftmals mit verschiedenen Problemen zu kämpfen. Trenkner: „Betroffene können an psychischen oder körperlichen Erkrankungen leiden. Das Alter spielt oft eine Rolle. Es gibt Sprachbarrieren, Suchtprobleme und letztlich auch Unwissenheit darüber, welche Möglichkeiten es zur Unterstützung gibt.“

    Augsburger Miet-Retterinnen: Betroffenen fehlt oft der Antrieb

    Die beiden Erziehungswissenschaftlerinnen berichten, dass ihr Besuch überwiegend positiv von den Betroffenen aufgenommen werde. Dabei handle es sich oft um Augsburger, die nicht nur körperlich oder psychisch angeschlagen seien, sondern denen vielfach auch der Antrieb fehle. „Den Menschen fehlt es an Energie und Eigenmotivation. Sie wissen nicht, wohin sie sich wenden können, und sind frustriert, wenn sie telefonisch nicht sofort jemanden erreichen“, berichtet Trenkner.

    Von Anfang Oktober bis Mitte März haben Trenkner und ihre Kollegin Lea-Sophia Sloboda 200 Personen besucht, denen die Wohnungslosigkeit drohte. In 134 Fällen, also 67 Prozent, wurde von den betroffenen Mietern daraufhin mindestens ein Hilfsangebot in Anspruch genommen. „Das kann die Teilnahme an einer Sozialsprechstunde, der Kontakt mit dem zuständigen Fallmanager oder die Weitervermittlung an eine andere Einrichtung sein“, so Sloboda.

    Die Erfolgsquote sei höher als bei anderen Fällen, wo sie bei ungefähr 50 Prozent liege. „Es ist ganz wichtig, dass die Betroffenen mitwirken. Wenn sie dazu nicht bereit sind, dann können wir ihnen nicht helfen“, betont Diana Erdin. Dabei gebe es viele Möglichkeiten. „Je früher sich die betroffenen Menschen bei uns melden, desto weniger Fristen wurden bereits versäumt und desto besser können wir ihnen helfen“, sagt die Abteilungsleiterin. Je nach Problemlage könnten die Mitarbeiter der Armutsprävention, Fallmanager oder ehrenamtliche Sozialpaten bei Gesprächen mit Jobcenter, Rententräger, Vermieter oder Bank unterstützen. „Viele wissen gar nicht, was es für einen Leistungsanspruch gibt“, so Edin.

    Hilfe bei Mietschulden in Augsburg: Corona hat das Projekt auch vorübergehend gestoppt

    Mitte März mussten Sonja Trenkner und Lea-Sophia Sloboda die aufsuchende Mietschuldenberatung zunächst aufgrund des Coronavirus einstellen – hielten den Kontakt zu den betroffenen Personen aber über Telefon oder E-Mail aufrecht. Genauso wie Diana Erdin rechnen die beiden Miet-Retterinnen in den kommenden Monaten mit einem wachsenden Beratungsbedarf. Sloboda: „Viele Augsburger mussten in Kurzarbeit gehen, einige werden wohl arbeitslos werden.“ Sie haben deshalb ein Sicherheitskonzept entwickelt, wie sie die Corona-Vorgaben einhalten können, um schnellstmöglich wieder vor Ort helfen zu können. Die aufsuchende Mietschuldenberatung sei ein Türöffner. „Im ersten Moment haben die Menschen, denen die Wohnungslosigkeit droht, damit keinen Aufwand. Sie müssen nur gesprächsbereit sein. Dann können wir sie motivieren und ihnen Selbstvertrauen geben“, erzählt Sonja Trenkner.

    Die beiden Kolleginnen stellten ihr Projekt kürzlich den Stadträten im Jugend-, Sozial- und Wohnungsausschuss vor. Das Projekt der aufsuchenden Mietschuldenberatung, das derzeit durch Fördergelder des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) finanziert wird, ist bis Ende des Jahres befristet. Einstimmig stimmten die Stadträte aber dafür, dass das Projekt weitergeführt wird. Neben der Betreuung der betroffenen Personen, argumentiert die Stadt, könnten so auch Netzwerke aufgebaut und die Zusammenarbeit mit anderen sozialen Trägern ausgeweitet werden.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast zur Wohnungsnot in Augsburg an:

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