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Augsburg: Seniorenzentrum Lechrain in Augsburg hat die Corona-Krise (fast) überwunden

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Seniorenzentrum Lechrain in Augsburg hat die Corona-Krise (fast) überwunden

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    Seniorin Sieglinde Fendt im Garten des Seniorenzentrums Lechrain mit ihrer Cousine Christine Sander sowie von Pfleger Florian Brachert und Heimleiterin  Petra Fachet (von links).
    Seniorin Sieglinde Fendt im Garten des Seniorenzentrums Lechrain mit ihrer Cousine Christine Sander sowie von Pfleger Florian Brachert und Heimleiterin Petra Fachet (von links). Foto: Silvio Wyszengrad

    Sonnenblumen aus Stoff und Filz verbreiten Frühlingsstimmung im Foyer des Seniorenzentrums Lechrain in Lechhausen. Das Vogelgezwitscher, das vom Freien ins Innere dringt, verstärkt diesen Eindruck noch. Stünde da nicht das graue Zelt im Eingangsbereich, könnte man Corona tatsächlich einmal vergessen. So aber muss sich jeder Besucher in dem abgeschirmten Bereich einen Abstrich in Mund und Nase gefallen lassen, damit er - oder sie - bei einem negativen Ergebnis ins Innere des Pflegeheims vordringen darf.

    Corona: 29 Lechrain-Bewohner sind gestorben

    Seit einem Jahr prägt die Pandemie den Alltag in der Einrichtung der städtischen Altenhilfe, die wie viele andere Seniorenheime vor allem im letzten Quartal 2020 besonders heftig von dem Virus gebeutelt wurde. Mehr als die Hälfte der rund 180 Lechrain-Bewohner hat sich in dieser Zeit mit Corona infiziert, 29 davon sind gestorben. Hausleiterin Petra Fachet tut es heute noch weh, wenn sie an die Menschen und Schicksale hinter diesen Zahlen denkt. "Es war ein großer Kraftakt, eine große Herausforderung", sagt die 56-Jährige. Auch weil sich neben den betagten Senioren zahlreiche Mitarbeiter infiziert haben. Mit Helfern von Zeitarbeitsfirmen und aus anderen Heimen, mit Überstunden und verschobenen Urlauben der nicht infizierten Kräfte habe man den Betrieb aufrechterhalten.

    Wohngruppenleiter Florian Brachert musste nach einem positiven Test selbst in Quarantäne, hatte aber im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen "nur" mit Kopfweh und Müdigkeit zu kämpfen. Doch sobald der 29-Jährige seine Isolierung beenden durfte, war er wieder auf seiner Station anzutreffen, um sich um seine Senioren zu kümmern. "Viele wollten nichts mehr essen und trinken, wir haben ihnen die Nahrung mit halb gefüllten Teelöffeln gegeben", schildert Brachert ein typisches Szenario. Ob die Erkrankten zu schwach zum Essen waren oder durch einen Geruchs- sowie Geschmacksverlust den Appetit eingebüßt hatten, kann der junge Mann nicht sagen. Seine in aller Regel an Demenz erkrankten Senioren seien oft nicht mehr in der Lage, auf entsprechende Fragen zu antworten. "Wir Pflegekräfte arbeiten deshalb viel mit Nähe, Mimik und Gestik. Durch die Masken und die Abstandsregeln ist unsere Arbeit schwer beeinträchtigt." Doch obwohl der Alltag im Lechrain zu den Hochzeiten der Pandemie Körper und Seele stark belastet habe, hat Brachert seine Motivation nicht verloren: "Man will einfach helfen."

    Seniorenzentrum Lechrain in Augsburg: Angehörige waren in Sorge

    Petra Fachet war in diesen Wochen nicht nur wegen der angespannten Personalsituation, sondern auch wegen der Gesundheit ihrer Senioren extremen Belastungen ausgesetzt. Sie berichtet von Bewohnern, von denen man glaubte, sie seien über dem Berg. "Und dann nahmen plötzlich die Symptome zu und die Menschen sind gestorben." Hinzu kam der Besuchsstopp, auf den anfänglich viele Angehörige mit Unverständnis reagiert hätten. Er habe den Kommunikationsaufwand stark erhöht, die Telefone seien nicht mehr still gestanden. "Viele waren in großer Sorge um ihre Mutter oder ihren Vater", sagt Fachet.

    Das Seniorenzentrum Lechrain hatte im Herbst und Winter schwer mit dem Coronavirus zu kämpfen.
    Das Seniorenzentrum Lechrain hatte im Herbst und Winter schwer mit dem Coronavirus zu kämpfen. Foto: Silvio Wyszengrad

    So erging es auch Christine Sander, die ihre Cousine Sieglinde Fendt zwei- bis drei Mal pro Woche im Seniorenzentrum Lechrain besucht. Sie ist die engste Bezugsperson der 90-Jährigen und unternimmt zu normalen Zeiten mit ihr bisweilen kleine Spazierfahrten mit dem Auto. "Sie nicht mehr besuchen zu dürfen, war schwer für mich. Wenigstens konnten wir miteinander telefonieren", sagt die Angehörige. Dass Fendt die harten Monate ohne Infektion überstanden und ihr sonniges Gemüt behalten hat, lässt die 80-jährige Sander heute die Zeit der Entbehrungen fast vergessen. Das Einzige, was ihre Cousine gewaltig störe, sei der "Fetzen im Gesicht".

    Immer mehr Pflegekräfte lassen sich gegen Corona impfen

    Dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gerade altersverwirrten Menschen kaum zu vermitteln ist, erleben die Mitarbeiter im Lechrain Tag für Tag. Aus diesem Grund ist die Erleichterung über das Abflauen der Corona-Welle in ihrem Haus bei Fachet immens. Aktuell sei bei den nach wie vor regelmäßigen Testungen keine einzige Infektion nachgewiesen worden, Neuaufnahmen seien seit längerem wieder möglich. Aufatmen lässt die Leiterin zudem die hohe Impfquote unter den Bewohnern und "nach anfänglicher Zurückhaltung" auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wenn sich demnächst die ehemals Infizierten mit dem Piks immunisieren lassen können, ist die Chefin mit von der Partie.

    Ob Führungskräfte, Pflegepersonal, Senioren oder Angehörige - alle sehnen sich nach der Zeit vor der Pandemie, als im Foyer noch kein graues Zelt stand. Christine Sander nimmt den Abstecher ins Separee inzwischen mit Gelassenheit. "Es hat ja etwas Beruhigendes, wenn ich jedes Mal getestet werde, auch wenn es nicht gerade angenehm ist." Gerne würden die Verantwortlichen den zum Besuchsraum umfunktionierten Veranstaltungssaal wieder seinem eigentlichen Zweck zuführen. Wobei: In dem Lechhauser Seniorenzentrum wird die Geselligkeit zumindest in kleinerem Rahmen, in den Wohngruppen gelebt. Auch musikalische Darbietungen wie der Auftritt einer Blaskapelle im Garten sind trotz aller Corona-Einschränkungen möglich. "Unsere Bewohner befinden sich im letzten Lebensabschnitt. Da sollte man ihnen etwas Gutes tun", sagt Fachet mit einem Lächeln hinter ihrer FFP2-Maske.

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