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Augsburg: Sebastian Priller senior im Interview: "Die Corona-Debatte spaltet die Gesellschaft"

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Sebastian Priller senior im Interview: "Die Corona-Debatte spaltet die Gesellschaft"

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    Sebastian Priller ist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er leitet die Augsburger Brauerei Riegele. Am Samstag feiert Priller seinen 70. Geburtstag.
    Sebastian Priller ist ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er leitet die Augsburger Brauerei Riegele. Am Samstag feiert Priller seinen 70. Geburtstag. Foto: Silvio Wyszengrad

    Herr Priller, Sie haben einen Brief an die Redaktion geschrieben, in dem Sie das Corona-Management infrage stellen. Dieser Brief beginnt mit den Worten: "Ich habe keinen Aluhut zuhause und bin nicht rechtsradikal". Klingt ein wenig, als müsste man sich für eine Meinung rechtfertigen, die von der aktuell vorherrschenden abweicht...

    Sebastian Priller sen.: Ja, das stimmt. Was ich an der Debatte schlimm finde ist, dass die Gesellschaft so gespalten ist. Wenn man versucht, manche Dinge anders, objektiver darzustellen, wird man automatisch in eine Ecke gestellt. Ich bin weder politisch in der rechtsradikalen Ecke noch bin ich Verschwörungstheoretiker. Ich glaube auch, dass das Virus da ist und dass es gefährlich ist. Aber ich finde es schade, dass zu diesem Thema keine breite Debatte stattfindet.

    Vielerorts gilt eine Maskenpflicht.
    Vielerorts gilt eine Maskenpflicht. Foto: Silvio Wyszengrad (Symbolfoto)

    Was ist Ihre Kritik an der Vorgehensweise der Politik?

    Priller: In der Pandemie steht unser politisches Handeln derzeit unter einer einzigen, als absolut gesetzten Prämisse: Es muss alles getan werden, jedes Leben zu erhalten, denn jedes Leben ist gleich viel wert. Wenn man das zum einzigen Maßstab nimmt, ist ein totaler Shutdown alternativlos. Aber wir müssen dann auch dessen Konsequenzen verantworten. Und das möchte ich nicht.

    Sie sprechen von wirtschaftlichen Konsequenzen?

    Priller:Ich spreche von Toten durch verzögerte Behandlungen anderer Krankheiten, von der Abschottung von Menschen in Alters- und Pflegeheimen, die dort in Einsamkeit sterben. Ich spreche von den massiven Auswirkungen auf die Jugend, wenn wir die eingeschränkten Möglichkeiten sozialer Kontakte über Bildungsdefizite bis hin zu massiver Schuldenlast sehen. Ich spreche allgemein aber auch von einem Verlust an Lebensfreude und einer Zunahme psychischer Störungen und häuslicher Gewalt. Aber ich spreche auch von der Angst der Menschen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Und ich spreche von Menschen außerhalb unserer westlichen Wohlstandsgesellschaft. Sie haben keine soziale Absicherung, wenn sie durch unseren Lockdown ihre Einkommen verlieren und damit in letzter Konsequenz auch ihr Leben, weil sie – egal an was sie erkranken – sich keinen Arzt leisten können.

    Was halten Sie vom vorgezogenen Lockdown in Augsburg?

    Priller:In Augsburg gibt es keine Alternative dazu. Ein Politiker steht ja gewaltig im Feuer. Die Kanzlerin, der Ministerpräsident beschließen Regeln, der Inzidenzwert hier ist hoch. Ich kann verstehen, dass das so gemacht wird.

    Sie sind ein gut vernetzter Mensch. Wie halten Sie es derzeit mit persönlichen Kontakten?

    Priller:Ich habe eine Frau, die sehr stark unter Allergien leidet, sie ist hochgradig gefährdet. Ihr habe ich versprochen, dass ich keine Leute umarme und ständig Hände schüttle. Ich trage natürlich eine Maske. Ich tue alles, um meine Frau zu schützen. Aber trotzdem sind sie und ich der Meinung, dass man diese weit reichenden Maßnahmen so nicht durchziehen, sondern stärker auf die Eigenverantwortung der Menschen setzen sollte.

    OB Eva Weber sagte am Donnerstag, es habe in Augsburg zuletzt Hochzeiten mit bis zu 150 Leuten gegeben. Da scheint es mit der Eigenverantwortung etwas zu hapern...

    Priller:Ja, das ist halt immer so, dass es mal besser, mal schlechter funktioniert. Aber wir müssen damit leben, dass es auch Menschen gibt, die wenig verantwortungsbewusst sind. Würden wir komplett ausschließen wollen, dass sich irgendwo Jugendliche treffen und feiern, bräuchten wir so viel Polizei, das wäre doch gar nicht mehr darstellbar. Unser Leben ist laufend vielfältig in Gefahr. Dieses Virus ist eine zusätzliche Gefahr für jeden von uns, dieser Tatsache sollten wir gefasst ins Auge schauen.

    Die Schweden, deren Weg Sie favorisieren, haben auf Eigenverantwortung gesetzt. Keine Maskenpflicht, kein Shutdown. Doch auch dort steigen die Fallzahlen, man kommt also nicht besser durch die Krise...

    Priller:Ich glaube auch nicht, dass Schweden besser durch die Krise kommt. Aber auch wir kommen durch unser Vorgehen nicht gut durch. Wir opfern zu viel. Ich plädiere für ein selbst bestimmtes Leben in Eigenverantwortung und Freiheit. Dafür akzeptiere ich in letzter Konsequenz, dass im Extremfall eine 35-jährige Mutter in der Intensivstation mir vorgezogen wird.

    Zur Person: Sebastian Priller sen. ist Seniorchef der Augsburger Brauerei Riegele.

    Alle Neuigkeiten zum Coronavirus in Augsburg lesen Sie in unserem News-Blog.

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